Schuld sind nur die Illuminaten

vom 21.08.2008, 18:15 Uhr

Oder Dreimal unterschiedlichste Erleuchtungen bitte. Wer auf Verschwörungen steht, der stolpert irgendwann unweigerlich über sie: Die Illuminaten, die immer an allem Schuld sind. Oft mitverwurstet, auch literarisch, aber es gibt drei Romane, die wie keine anderen die Illuminaten und ihre Verschwörungen in den Mittelpunkt stellten und es schafften das dabei jedesmal etwas völlig anderes rauskam.

Das jüngste und vermutlich bekannteste Beispiel stammt von
Dan Brown - Illuminati

Sein Lieblingsheld Robert Langdon, Symbologe der Universität von Harvard, kultivierter Vorzeigeami (ein bisschen so wie Indys langweiligerer Bruder) stösst zusammen mit der attraktiven und klugen Tochter des Physikers Leonardo Vetra, Vittoria Vetra (welche die ganze Zeit über in Shorts und ärmelosen Top rumhüpft) über eine uralte Verschwörung der Illuminaten, welche nicht nur die potentiellen Killer des armen Vetras sind, sondern auch noch drohen mit entwendter Antimaterie den Vatikan zu sprengen - wasman dann doch gerne vermeiden möchte. Um zu unterstreichen das man es ernst meint wird zu jeder vollen Stunde einer der vier entführten Kardinäle ermeuchelt. Ein Wettrennen beginnt, bei dem viel rumgedeutelt und interpretiert wird und letztlich sich rausstellt, das die Illuminaten es gar nicht waren, sondern ein enttäuschter Kirchendiener. Und der Held bekommt das Mädchen.

Wer beim lesen von Illuminati mit dem ständig aufkeimenden Gefühl zu kämpfen hatte "Irgendwie kenn ich das doch...?" liegt goldrichtig: Nicht nur die Verschwörung der Illuminaten ist aus bekannten versatzstücken rausgeprockelt, auch die ganze Handelung. Ich meine, wer kennt das Schema nicht: Held und Tochter von Wissenschaftler kommen in Schwierigkeiten, retten die Welt und werden ein Paar? Diesmal nicht mit Ufos oder Godzilla, sondern halt mit Illuminanten und einigen der bekannteren Verschwörungstheorien. Und etwas Star Trek (s.nachhaltig verlegte Antimaterie, Scotti wäre das nie passiert!). Doch immerhin mahcte es einige Leute neugierig und die stißen dann auf zwei andere Werke zum Thema welche wesentlich mehr Nährwert haben.

Das anspurchsvollere, wenn auch itzige Werk wäre dann von
Umberto Eco - Das Foucaultsche Pendel

Im Grunde geht es um einige altbekannte Probleme, insbesondere jenes, welches Robert Anton Wilson einmal seufzend erwähnte "Du kannst keine noch so durchgeknallt-paranoide Verschwörungstheorie erfinden ohne das ein Körnchen Wahrheit sich in ihr befindet.". Genau das versuchen drei Freunde (Casaubon, der Ich-Erzähler, Diotallevi, ein Kabbalist und Belbo, den genialen Piemontesen), in dem sie erst einmal aus Spaß den fikltiven "Plan" erfinden, eine Art Megaverschwörungstheorie, die alle anderen Theorien mit einbezieht und kräftig dort klaut. Mit Hilfe des Zuzahlverlages von von Claude Garamond wird daraus gar ein lukratives Geschäft, bei dem ihnen allerlei arg bizarrerGestalten (mit noch bizarreren Theorien) ins Haus geschwirrt kommen und man allerlei nützliches über diese Leute erfährt. Die Theorie, das alle die wilde Theorien über die Templer aus der Tasche ziehen auch irgendwann die Atlantiskarte ausspielen kann ich ausErfahrung nur bestätigen.

Doch je weitersie sich in die Entwicklung/ Entdeckung ihres "Plans" reinstiegern, desto wahrer scheint das verflixte Ding zu werden und sie mekren, das ihnen eine Geheimgesellschaft auf den Fersen ist, welche schließlich Belbo entführt und zwingen will sein Wissen preiszugeben - doch der (ganz Piemontese eben) bleibt stur und wird schließlich umgebracht, "sein" geheimes Wissen um jenen mächtigen und geheimnissvollen Umbilicus Telluris, dem Nabel der Erde, den einzig feststehenden Punkt mit ins Grab nehmend. Der Witz daran ist: Jeder Punkt an dem das Foucaultsche Pendel aufhängt wäre dieser Punkt, genau wie man aus jeder Information eine Verschwörung interpretieren kann.

Abgesehen von spannend, intelligent und überaus informativ ist Ecos Buch ungemein witzig, denn er gehört zu den wenigen Autoren die den Witz begriffen haben und danach erst ihr Buch schrieben. Die grundlegende Humorlosigkeit mit welche die esoterische Szene versucht dem Universum auf die Schliche zu kommen nimmt er gekonnt aufs Korn und zeigt die unterhaltsamen Stellen einer gepflegten Paranoia auf - für andere jedenfalls unterhaltsam. :

Aber so richtig dreht eigentlich erst das letzte Buch in dieser Dreierreihe auf, welches gleichzeitig das Älteste der drei ist:

Robert A. Wilson & Robert Shea - Illuminatus!
Verschiedene Kritiker haben es einen Rock n Roll Roman genannt, was die Sache nicht wirklich trifft. Illuminatus ist zum Beispiel kein richtiger Roman, dazu geht es viel zu frei mit den Lesegewohnheiten um. Nicht umsonst sind die drei Bände ("Das Auge in der Pyramide", "Der Goldene Apfel" und "Leviathan") in Trips unterteilt und diese haben es reichlich in Sich.

Versuchen wirmal eben ein wenig mitzutrippen und etwas der Handlung zu entwirren: Während in New York Saul Goodman und Barney Muldoon versuchen einem merkwürdigen Attentat auf die unabhängige Zeitschrift Confrontation (gaaanz linkes Blättchen) aufzuklären, gerät in dem malerischen texanischen Kaff dessen Reporter Georg Dorn in die Hände des dortigen Scheriffs, der ihn wegen Drogenbesitz verknackt und androht ziemlich viel unerfreuliches mit ihm anzustellen. Goodmann und Muldoon finden die Memos des Herausgeber Joe Malik (derseit dem Anschlag spurlos verschwunden ist), in denen es um eine gigantische Verschwörung der Illuminaten geht(wovon sich aber das meiste recht heftig gegenseitig widerspricht).

Inzwischen wird Georg von einer Horde Anarchisten befreit, die sich als die Leute von Hagbard Celine rausstellen, einem völlig rätselhaften Typen, der aber ein goldenes Unterseeboot besitzt und zu den Diskordiern gehört, für die George einige Statuen altatlanischer erotischer Kunst zur Mafia bringen soll, man braucht da mal eben einen Gefallen, denn während einer Art europäischen Woodstock Musikfestival in Ingolstadt am Totenkopfsee wollen die Illuminanten das Eschaton immanitisieren, was dann leider, leider den Untergang der Welt zur Folge hätte. Die steht eh grad auf der Kippe, erst wegen der Krise in Fernando Poo, dann wegen einer stiften gegangenen Anthraxabart die so richtig widerlich tödlich ist.

Außerdem kommt wahnwitzig viel Sex drinn vor (was daran liegen mag das die ganze Chose in den frühen 70er spielt), unglaublich viele Abschweifungen (gegen die selbst die mythenmetzische Abschweifung kurz gefasst ist) und einige sehr gute Witze auf Kosten der Hardcoreverschwörungstheoretiker und Esoteriker.

Drei Bücher, drei sehr ähnliche Themen (wobei sowohl Dan Browne, als auch Eco teilweise von Wilson/ Shea beeinflusst wurden), drei total andere Ergebnisse. Wer so ein wenig die Nase von dem Hype um Dan Browne voll hat, der sollte mal Eco oder wer Spaß an der Anarchie hat - Wilson/ Shea ausprobieren und wird feststellen, das dieses Thema enormen Unterhaltungswert haben kann. In den richtigen Händen. Wie dem auch sei: Gelesen haben sollte man sie irgendwann einmal!

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» Nephele » Beiträge: 1047 » Talkpoints: 2,22 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Vielen Dank für Deinen interessanten Illuminaten-Beitrag! Dan Brown hat bei mir zwar Hausverbot, daher kommt für mich die Lektüre von "Illuminati" nicht in Frage :-), aber Umberto Ecos "Das Foucaultsche Pendel" ist tatsächlich einer der besten Romane zum Thema Verschwörungen, die ich bisher gelegen habe. Aber Eco ist ja ohnehin immer fantastisch.

"Illuminatus" von Robert A. Wilson & Robert Shea staubt bereits seit Jahren auf meinem Bücherregal zu, aber Du hast mir jetzt doch Lust darauf gemacht, das Buch einmal zu lesen.

» Morphelia » Beiträge: 29 » Talkpoints: 0,15 »


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