1 Kind Politik in China

vom 15.08.2008, 14:40 Uhr

Ich habe neulich eine Reportage über die 1-Kind-Politik in China gesehen und ich war echt schockiert. Ich möchte hier gerne mal zwei der gezeigten Fälle schildern.

Erst einmal vorneweg ein kleiner Text über die Gesetzeslage: Eine Familie darf nur 1 Kind bekommen. Ein zweites Mal schwanger zu sein udn das Kind auszutragen wird mit Geldstrafen von 700€ geahndet. dieser Betrag entspricht dem Monatsgehalt eines Arbeiters in China. Kinder darf man nur mit Genehmigung des Staates zeugen, dafür muss ein Formular ausgefüllt werden und ein Antrag gestellt werden. Anträge dürfen nur Verheiratete stellen, um heiraten zu können muss man in China mindestens 21 Jahre sein, denn erst dann ist man Volljährig. Ausnahmen wie in Deutschland mit Erlaubnis der Eltern gibt es dort nicht.

Fall 1: Eine Familie hat einen Sohn und die Frau ist erneut schwanger. Diesmal wieder mit einem Jungen. Der Vater arbeitet als Menschenhändler und kümmert sich um den An- Und Verkauf von Kleinkindern. Seine Frau bekommt nun den zweiten Sohn. Da der Familie eine Geldstrafe droht verkauft der Vater sein eigenes Kind im Alter von 2 Jahren. der erste Sohn der Familie ist wütend und sagt, er hasst seinen Vater dafür, dass dieser seinen Bruder verkauft hat, aber es ist sein Vater, darum liebt er ihn anderseits auch sehr.

Fall 2:
Eine 19 Jährige ist schwanger. Sie lebt mit ihrem Freund zusammen, darf ihn aber nicht heiraten, da sie noch nicht volljährig ist. So kommen sie nicht an die Erlaubnis Kinder zu zeugen. Die Mutter möchte gerne in einem Krankenhaus entbinden, aber die Krankenhäuser nehmen schwangere Frauen nur dann zur Entbindung an, wenn sie die Erlaubnis haben. Manche Krankenhäuser machen auch ausnahmen, aber dann ist die Gefahr hoch, das die Krankenhäuser Meldung beim Staat machen. So vereinbart sie einen Termin mit einem Kinderhändler. Der Zeitpunkt für den Verkauf wird schon vertraglich festgehalten. Wenn das Kind etwa ein halbes Jahr alt ist, wird es von ihm abgeholt und zur neuen Familie gebracht. Das Kind soll ein halbes Jahr alt sein, damit es vorher noch gestillt und abgestillt werden kann.

Wenn Kind in eine reiche Familie kommt, bekommt die junge Frau und ihr Partner weniger Geld wie wenn es in eine arme Familie kommt. Jeder möchte, dass es seinem Kind gut geht, also will er eine reiche Familie für sein Kind haben, somit können Kinder an arme Familien schlechter vermittelt werden, also müssen diese mehr zahlen und die Eltern bekommen mehr Geld, da sie den Kindern dann kein gute Leben bieten. Für Jungen gibt es mehr Geld wie für Mädchen, da Männer die Eltern des Mannes von Schwiegertochter betreut und gepflegt werden. das ist in China so Sitte. Wenn man also nur eine Tochter hat, haben die Eltern später niemanden, der sich um sie kümmert. So passiert es auch oft, dass die chinesischen Frauen öfter aus Wunsch schwanger werden, die Kinder aber regelmäßig abtreiben, bis es endlich klappt und der Säugling ein Junge wird.

Was haltet ihr davon? Ich kann diese Politik nicht verstehen. Entweder zahlt man 700€ Strafe oder man muss sein Kind verkaufen. Oft werden auch Kinder gestohlen und verkauft, weil dies Geld bringt. Die Polizei nimmt sich wohl den Problemen nicht an, da sie an dem Gesetz der 1-Kind-Politik festhalten. Ich habe selber eine 1-Jährige Tochter und niemals hätte ich sie verkaufen können, nicht einmal zur Adoption freigeben käme für mich in Frage. Das ist mein eigen Fleisch und Blut dafür will ich doch ein Geld haben.

» taja » Beiträge: 119 » Talkpoints: 0,02 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich weiß nicht, aus welchem Jahr die Reportage stammt, die Du gesehen hast, aber meines Wissens dürfen junge Frauen in China schon ab 20 Jahren heiraten, junge Männer auf dem Land erst ab 21 Jahren, in der Stadt erst ab 22 Jahren. Wenn sie dann heiraten möchten, benötigen junge Chinesen eine entsprechende Erlaubnis, zusätzlich muss die Frau nachweisen, dass sie über Empfängnisverhütung Bescheid weiß. Da stellt sich mir schon die erste Frage: wieso nur die Frau?

Es ist wohl tatsächlich so, dass die Familien, die sich nicht an die Ein-Kind-Politik halten eine Strafe zahlen müssen. Eine solche einmalige Strafe wäre zwar unangenehm würde aber nicht wirklich greifen, weil Eltern nun mal viel auf sich nehmen, damit es den Kindern gut geht. Zusätzlich zu der finanziellen Strafe müssen Familien, die gegen die Ein-Kind-Politik verstoßen mit weiteren Sanktionen rechnen, die sie wohl viel härter treffen: beispielsweise Wegfall des Kindergeldes und der kostenlosen ärztlichen Betreuung, auch der Zugang zur Ausbildung wird den Kindern erschwert. Derartige Sanktionen sind wohl eher Gründe für verkaufte Kinder. Trotzdem hat die Ein-Kind-Politik gerade bei den Bauern kaum Wirkung gezeigt. Eine andere Folge dieser Politik: viele falsche Zwillinge, denn dafür gab und gibt es keine Regel.

Auch sehr fragwürdig ist das System der Geburtenquoten, so dass in bestimmten Gebieten oder auch Betrieben nur eine bestimmte Anzahl Kinder geboren werden darf, wofür dann auch die gesamte Gemeinschaft haftet.
Übrigens werden Kinder nicht nur verkauft - viele (besonders wohl Mädchen) werden gar nicht erst geboren sondern abgetrieben, wobei es wohl in der Tat eine geschlechtliche Selektion gibt.

So richtig viele Informationen zur chinesischen ein-Kind-Politik gibt es aber nicht, dass wird von Seiten der VR China auch gar nicht gern gesehen. Daher kann man die wirkliche Lage in Sachen Ein-Kind-Politik wohl gar nicht objektiv beurteilen. Dass die chinesische Ein-Kind-Politik viele seltsame Blüten treibt, das hat auch die Regierung der VR China erkannt und deshalb ist in deren Politik doch viel in Bewegung geraten. Erst recht nach dem Erdbeben vom Mai diesen Jahres. Außerdem müsste auch der chinesischen Regierung klar werden, dass diese Politik zwar das Bevölkerungsproblem lösen könnte, dafür aber andere soziale Probleme nach sich ziehen wird.

Ich für meinen Teil könnte mir auch nicht vorstellen mein Kind wegzugeben, dass können wohl die wenigsten Eltern. Deshalb kann man wohl auch nur erahnen, wie enorm der Druck ist, dass Eltern zu diesem Mittel des Verkaufs ihres eigen Fleisch und Blut greifen.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Die chinesische 1-Kind-Politik hatten wir in der 7. Klasse in der Schule.

Chinas 1,3 Milliarden Einwohner resultieren zum einen aus ihrer Tradition und den religiösen Vorstellungen ( viele Kinder = großes Glück) zum zweiten, dass die Kinder auf dem Land als Arbeitskräfte dienen , zum dritten, dass die Kinder die Altersvorsorge der Eltern sind und zum vierten durch die gute medizinische Versorgung (viele Geburten und hohe Lebenserwartungen) . Die Bevölkerung wuchs schnell sehr stark und laut Prognosen sollte die Bevölkerung auch weiter wachsen.

Daraus entstanden Probleme:
- Versorgungsprobleme (Nahrung, Wohnung...)
- Arbeitsplatzmangel
- Platzmangel in Bildungseinrichtungen (Kitas, Schulen, Hochschulen)

Zur Lösung der Probleme verordnete der Staat 1979 die "1-Kind-Familie", um das Bevölkerungswachstum zu stoppen.

Ein Mindestheiratsalter wurde festgelegt (Frauen müssen 20 und Männer 22 Jahre alt sein). Zum Teil bestimmen die Behörden, welche Frau ein Kind bekommen darf.

Doch worin bestehen nun die Unterschiede zwischen Familien mit 1 Kind und Familien mit mehreren Kindern?

Familien mit 1 Kind werden bei der Wohnungszuteilung und Lohnbezahlung begünstigt. Sie erhalten kostenloses Saatgut und mehr Ackerland. Die Familien brauchen keine Kindergartengebühren zu zahlen. Und die Gemeinde zahlt ihnen die Hälfte der Altersversorgung.

Familien mit mehreren Kindern haben kein offizielles Wohnrecht in einer Stadt. Die Kinder haben keinen Platz im Kindergarten und in der Schule, sowie keine Kranken-und Sozialversicherung. Pro Kind müssen 2 Monatsgehälter einer gutverdienenden Arbeiters Strafe gezahlt werden

Auf dem Land kümmert man sich wenig um das Gesetz, da die Kinder als Hilfe bei der Bearbeitung der Felder gebraucht werden. Und es ist auch so, dass viele Eltern lieber einen Sohn haben als eine Tochter, weil ein Sohn die Eltern im Alter versorgt und er keine Mitgift bei der Heirat bezahlen muss und die Familie nicht verlässt.

Alles in allem ist es doch eine sehr schwierige Lage. Würde man nichts dagegen tun, würde der größte Teil der Bevölkerung bestimmt in 30 Jahren in Armut leben. Die "1-Kind-Familie" ist zwar sehr drastisch, doch wie will man das Problem sonst lösen :?: Ich könnte mein Kind niemals abtreiben oder weggeben, da überlege ich lieber vorher, ob ich meinem Kind genug bieten kann.

» KogilParam » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

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MissLogik hat geschrieben:Die "1-Kind-Familie" ist zwar sehr drastisch, doch wie will man das Problem sonst lösen

Vielleicht kann man damit das Problem der Überbevölkerung lösen. Nur um welchen Preis? Geschlechtsselektive Abtreibungen und Kinderhandel sind meines Wissens nur zwei der aus der Ein-Kind-Politik resultierenden Probleme. Sicher ist es richtig sich um die Überbevölkerung Gedanken zu machen. Aber die Ein-Kind-Politik scheint ja nun eine zweifelhafte Wirkung auf die chinesische Bevölkerung zu haben.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Inzwischen darf man wieder 2 Kinder bekommen. Es sind sogar 3 im Gespräch. Gleichzeitig hat China im Einkommen stark aufgeholt. Allerdings ist China auch Nummer 1, was die Umweltverschmutzung angeht. Wenn die so anfangen wie wir oder die Amis, ist die Erde bald hinüber.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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