Klausurersatzleistung zum Thema: Vertrag von Lissabon

vom 27.06.2008, 11:35 Uhr

Hallo, da wir in GMK nur eine Arbeit geschrieben haben war es Aufgabe, eine Klausurersatzleistung anzufertigen. Thema war ein freiwählbares, welches die Europäische Union derzeit beschäftigt. Ich habe mich für den Lissabonner Vertrag entschieden. In ein paar Tagen kann ich auch verkünden, welche Note es geworden ist. :D

Klausurersatzleistung zum Scheitern des Vertrags von Lissabon

1) Wahl eines aktuellen und problemorientierten Themas:

Aufgrund der Aktualität und der großen Auswirkung auf die Europäische Union habe ich mich dafür entschieden, das Thema des neuen EU-Reformvertrags, des Vertrags von Lissabon, genauer zu beleuchten. Dieser Vertrag sollte eine einheitliche Rechtssprechung und Struktur für alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union festsetzen. Dadurch wäre der abgelehnte „Vertrag über eine Verfassung für Europa (VVE)“ abgelöst worden.

Am zwölften Juni 2008 wurde der Vertrag allerdings durch Irland, das einzige Land, in dem die Bürger ein Stimmrecht hatten, abgelehnt. Daher rührt die aktuelle Problematik. Der Vertrag hatte die Auflage, dass er von jedem Mitgliedsstaat ratifiziert werden musste. Dies ist nach dem Scheitern des Abkommens in Irland nun nicht mehr möglich. Ohne dieses Veto wäre das neue Abkommen der Europäischen Union am 1. Januar 2009 in Kraft getreten.

Wie mit dieser Entscheidung umgegangen wird ist noch offen. Derzeit steht zur Debatte, ob weiterhin versucht wird, den neuen Vertrag von Lissabon durchzusetzen oder an einer Alternative zu arbeiten. Eine weitere, stark zu diskutierende Möglichkeit, wäre ein „vorübergehender Ausstieg“ Irlands aus der EU, wie der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier ihn forderte.

Im Laufe meiner Klausurersatzleistung wird der Politikzyklus eine bedeutende Rolle spielen. Anhand diesem werde ich die Problematik dieses Konflikts innerhalb der Europäischen Union verdeutlichen. Diese Grafik zeigt den allgemeinen Politikzyklus.

Dieser Kreislauf versucht die politische Wirklichkeit zu zeigen. Es soll also genauer geklärt werden, wie politische Entscheidungen ablaufen.

2) Darstellung der Problemlage:

Wie oben bereits angedeutet bringt das Scheitern des EU-Reformvertrags in Irland einige ernstzunehmende Folgen mit sich.

Der Kreis der Beteiligten und Betroffenen ist nicht leicht zu benennen. Direkt an dieser Entscheidung beteiligt war in erster Linie das irische Volk. Als aktiv beteiligte dürften allerdings auch die Politiker des Landes gelten. Obwohl sich alle großen Parteien für den Vertrag von Lissabon ausgesprochen hatten, konnte sich dieser nicht durchsetzen.

Als Hauptgrund werden die Kampagnen der Reformvertragsgegner angesehen. Daher gehören diese ebenfalls zum engen Kreis der Beteiligten. Wenn man das ganze allerdings etwas weiter fasst wird dieser Kreis um einiges größer. Indirekt wirkt sich diese Entscheidung auf die gesamte Europäische Union aus. Somit beeinflusst das Scheitern des Referendums in Irland jeden Regierung bis hin zum Leben von jedem Menschen in der EU. Aus diesen Gründen handelt es sich bei dem Vertrag von Lissabon um eine Sache enormer Wichtigkeit.

Der Regelungsbedarf bei diesem Problem innerhalb der EU verteilt sich auf viele Unterthemen. Zum einen gilt es zu Ergründen, warum der Vertrag in Irland abgelehnt wurde. Das der Vertrag von Lissabon in dem einzigen Land in dem das Volk selber abstimmen durfte abgelehnt wurde, dramatisiert das ganze. Des Weiteren gilt es zu entscheiden wie nun fortgefahren wird. Einerseits sollte die Idee eines allgemein gültigen Vertrags für alle EU-Mitgliedstaaten nicht sofort in den Wind gestrichen werden, allerdings hat das Projekt durch die Ablehnung in Irland einen herben Dämpfer erlitten.

In die Entstehung des EU-Reformvertrags sind mehrere EU-Institutionen verwickelt. Die Kommission der Europäischen Union schlägt generell Gesetze vor. Darunter fällt auch der Vertrag von Lissabon. Des Weiteren hütet die Kommission bestehende Verträge. Dadurch setzt sie sich für das Gesellschaftsrecht ein. In diesem Fall wäre der Vertrag von Lissabon geschützt worden, wenn er denn Bestand gehabt hätte. Die Gesetzesvorschläge, die von der Kommission gemacht wurden werden im Ministerrat diskutiert und entschieden. Daher ist auch diese Institution in diesem Konflikt sehr wichtig. Da bei dieser Entscheidung eine Einstimmige Entscheidung von Nöten war konnte das ganze Vorhaben durch das Veto der Iren behindert werden.

Durch dieses Veto kommen erneut Institutionen ins Spiel. Die Kommission muss den Vertrag überdenken, der Ministerrat vielleicht wieder eine Entscheidung treffen. Da es sich um eine Sache enormer Wichtigkeit handelt kommt auch der Eu-Rat ins Spiel. Da die Europäische Union als eine große Gemeinschaft fungiert spielen natürlich auch die anderen Institutionen eine Rolle bei einer so wichtigen Entscheidung. Die beiden genannten haben in diesem Fall aber die Hauptverantwortung übernommen.

3) Darstellung der bisherigen Entwicklung:

Die Entwicklung zum neuen Reformvertrag der EU hat seinen Anfang bereits mit der Entwicklung des Vertrags über eine Verfassung für Europa genommen. Dieser wurde später unter Anderem durch Frankreich abgelehnt. Damit der Grundgedanke, der mit dem Vertrag entstand nicht aufgegeben werden musste, wurde durch den Vertrag von Lissabon Ersatz geschafft. Nachdem der Vertrag in der Eu-Kommission entworfen wurde, einigten sich die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel am 18. und 19. Oktober 2007 auf den entgültigen Vertragstext. Dieser entgültige Text wurde dann am 13. Dezember 2007 in Lissabon unterzeichnet. Daher kommt auch die Namensgebung für diesen Vertrag.

Damals wurde die Auflage gefasst, dass der Vertrag bis Ende 2008 von sämtlichen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden sollte, damit er ab Anfang 2009 in Kraft treten könne. Obwohl die Abstimmung in allen Mitgliedsländern durch bestimmte Parlamente erfolgt, lässt Irland das Volk abstimmen. Diese Art von Abstimmung nennt man Referendum. Am 17. Dezember wurden die Ratifizierungen begonnen. Als erstes Land hatte Ungarn dem Vertrag zugestimmt. Bis zur Entscheidung in Irland folgten die Länder Malta, Slowenien, Rumänien, Frankreich (beachtlich, da die Franzosen den alten Vertrag noch ablehnten), Bulgarien, Polen, Slowakei, Portugal, Dänemark, Österreich, das Vereinigte Königreich, Belgien, Deutschland und Tschechien. Durch die Ablehnung Irlands am 12. Juni 2008 wurden alle Zusagen allerdings hinfällig. Durch diese Entscheidung ist die gesamte Entwicklung ins Stocken geraten und steht vor erheblichen Problemen.

4) Darstellung der Lösungsvorschläge:

Da der Entscheidungstag in Irland noch nicht lange verstrichen ist, gibt es bisher nur wenig Lösungsvorschläge. Die meisten Vorschläge sind noch im Ideenstadium und noch recht vage. Trotzdem werde ich versuchen so genau wie möglich auf diese Ansätze einzugehen. Schon direkt nachdem bekannt wurde, dass der Gesetzesentwurf in Irland scheitern würde kam die Idee auf, dieses Land aus der Europäischen Union zu verbannen. Dieser Lösungsvorschlag entstammte Frank-Walter Steinmeier.

Im Einklang mit dieser Idee kam auch die Diskussion um ein Kerneuropa wieder auf den Tisch. Beim Kerneuropa handelt es sich um Staaten, die bei der europäischen Integration schneller vorangehen. Es ist allerdings anzumerken, dass diese Vorschläge seitens der irländischen Regierung stark kritisiert wurden. Andere Lösungsvorschläge bauen auf das Entgegenkommen der Europäischen Union und Irlands. Man möchte es den Iren schmackhaft machen, ein weiteres Mal abzustimmen. Dies soll durch konkrete Zusicherungen an Irland funktionieren. Hintergrund dieser Idee ist es, die Blockaden in Irland zu überwinden, die Entscheidung der Iren aber trotzdem zu respektieren.

Andere Überlegungen erfordern den Entwurf eines neuen Vertrages für die EU. Dieser Gedanke wird z.B. von Gregor Gysi unterstützt. Des Weiteren wird überlegt, eine Ausnahme zu machen und die Entscheidung der Iren einfach zu übergehen. Für diese Alternative sprechen sich viele Politiker aus. Für manche besteht eine Lösung des Problems allerdings auch in der teilweisen Auflösung der EU. Für diese bedeutet das „Nein“ der Iren zum Reformvertrag dass die Europäische Union ein Stück weit gescheitert ist. Gunther Krichbaum ist ein Vertreter dieser Meinung.

5) Diskussion: Darstellung und Erläuterung der vorgebrachten Argumente unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessengruppen:

Der erste Lösungsvorschlag erscheint vielen Menschen sofort logisch. Da die Entscheidung durch ein einziges Land gescheitert ist läge es nahe, dieses aus der Eu „auszubürgern“. Somit könnte man sich das Problem vom Hals schaffen und den Lissabonner Vertrag trotzdem durchsetzen. Trotzdem ist dieser Vorschlag moralisch und auch von der Rechtssprechung her nicht vertretbar. Wie die Regierung in Dublin schon verkündet hat ist das „Nein“ zur EU-Reform „nicht gleichbedeutend mit einem Nein zu Europa". Somit gäbe es keinen vertretbaren Grund, Irland aus der Europäischen Union zu verbannen. Des Weiteren würde den Iren geschadet, da sie sich nur gegen eine Reform, nicht aber gegen die Europäische Union an sich ausgesprochen haben. Es wurde eine Entscheidung gefordert, die nicht wie erwartet ausfiel. In modernen Zeiten von freier Meinungsäußerung kann dies nicht der Grund für den Ausschluss aus der EU sein.

In diesem Zusammenhang ist auch die Forderung nach einem „Kerneuropa“ nicht vertretbar. Würde man die EU aufgeben und nur mit ein paar wenigen fortschrittlichen Ländern eine neue Gemeinschaft eröffnen blieben zu viele andere Länder auf der Strecke. Somit würde der Interessengruppe der Länder, die von der Europäischen Union getragen werden geschadet. Auch hier trifft wieder das Argument zu, dass den Iren geschadet würde. Diese Meinung vertritt auch die dortige Regierung. Eine solche Lösung würde nur der Interessengruppe der „starken“ Länder helfen. Um sich selbst von den anderen abzusetzen wurde die Europäische Union allerdings nicht geschaffen.

Der nächste Lösungsvorschlag sucht das Gespräch zwischen der EU und Irland. Durch Gespräche und Verhandlungen soll der entstandene Konflikt beigelegt werden. Diese Lösung wäre für fast alle Interessengruppen zufriedenstellend. Formuliert wurde sie unter Anderem von der deutschen Bundeskanzlerin Merkel. Die Iren bekämen die Chance in der EU zu bleiben und auch die meisten anderen Mitgliedsländer würden davon profitieren, wenn die Europäische Union nicht auseinanderfallen würde. Durch die zahlreichen Bewerbungen jedes Jahr sind die positiven Aspekte der EU schon hinreichend ausgedrückt.

Die Idee, die Entscheidung der Iren zu übergehen würde in deren Interessengruppe einen großen Unmut hervorrufen. Die EU müsste sich die Frage gefallen lassen, warum man die Iren überhaupt hat abstimmen lassen. Des Weiteren wäre es nicht Verfassungskonform, eine Entscheidung (die Entscheidung, dass jeder Mitgliedsstaat mit dem Vorschlag einverstanden sein muss) zurückzunehmen. Auch würde die Interessengruppe der EU an sich leiden. Viele andere Mitgliedsstaaten würden anfangen die Europäische Union anzuzweifeln. Mit diesem Zustand wäre niemandem geholfen.

Wie oben bereits erwähnt erachten manche den Gedanken als sinnvoll, das Bündnis EU komplett fallen zu lassen. In Anbetracht der verschiedenen Interessengruppen ist auch diese Lösung problematisch. Viele Länder haben lange Zeit Überzeugungsarbeit geliefert und sich anpassen müssen, um in die EU aufgenommen zu werden. Durch den Zerfall der EU würden diese Länder einen herben Rückschlag erfahren. Zusammenfassend können nur wenige Lösungsvorschläge die verschiedenen Interessengruppen zufrieden stellen. Deutlich geworden ist allerdings, dass ein Zerfall der EU keine wirkliche Option darstellt.

Um die derzeitige Entwicklung etwas genauer zu schildert möchte ich erneut auf den Politikzyklus eingehen. Durch diesen ist es leichter einen Überblick über die Situation zu erlangen. Der allgemeine Zyklus von oben wurde nun mit Leben gefüllt und erklärt die Problematik.

Das Problem ist der angesprochene EU-Reformvertrag, der von den Iren nicht bewilligt wurde. Die Auseinandersetzung mit diesem Problem beschäftigt sich zu einem großen Teil mit dem Finden eines Lösungswegs. Eine genaue Entscheidung ist noch nicht gefallen. Mögliche Entscheidungen wären aber, Irland auszuschließen oder neu abstimmen zu lassen. Eine Bewertung des Problems durch die Politiker gibt es bereits. Oft werden die Iren kritisiert, da sie vermeintlich am Scheitern des EU-Reformvertrags schuld sind.

6) Eigene Stellungnahme zu dem Thema:

Auch ich bin der Ansicht, dass das „Nein“ der irischen Bevölkerung zur Eu-Reform einen harten Rückschlag darstellt. Allerdings denke ich, dass das Problem anders angepackt werden sollte. Viele Politiker schieben die Schuld auf die Iren und halten den Lissabonner Vertrag nicht für veränderungswürdig. Ich würde aber ein genaueres Auge darauf werfen, warum der Vertrag in Irland gescheitert ist. Ein wichtiges Argument ist auch, dass in anderen Ländern über die Köpfe der Bevölkerung hinwegentschieden wurde. Daher ist es schwer sich ein Urteil zu bilden, wie die Bevölkerung der anderen Länder entschieden hätte.

Zusammenfassend würde ich an der Denkweise der Politiker arbeiten und genauer nachforschen, woran es dem Vertrag mangelt. Auch würde ich die Situation eher als Chance ansehen, mit Irland ins Gespräch zu kommen um den Vertrag weiter zu verbessern. Das würde sich im Endeffekt auch auf die restliche Bevölkerung der Europäischen Union positiv auswirken. Somit bevorzuge ich auch den Lösungsvorschlag von Frau Merkel. Man sollte mit den Iren arbeiten und dem Problem genauer auf den Grund gehen.

Letztendlich kann dieser Konflikt in meinen Augen auch kein Grund sein, aus welchem die EU sich aufspalten könnte. Dazu hat das Bündnis über Jahre hinweg zu gut funktioniert und tut es eigentlich auch heute noch. Wenn nicht alles Gold ist was glänzt kann auch nicht alles Pech sein, was einmal matt erscheint. An dieser Auseinandersetzung würde ich auf keinen Fall die gesamte derzeitige Situation der Europäischen Union festmachen. Schließlich werden auch die Iren nicht müde zu betonen, dass sie sich nur nicht mit dem Reformvorschlag anfreunden können, der EU aber stets offen gegenüber stehen.

7) Reflexion des Arbeitsprozesses:

Informationsbeschaffung und genauere Betrachtung der Aufgabenstellung: Am vergangenen Wochenende (20.-22. Juni) habe ich mich für ein Thema entschieden und dieses in den Nachrichten verfolgt. Dies geschah, nachdem ich mir die Aufgabenstellung genauer zur Gemüte geführt hatte, um bei meinen Recherchen einen Schwerpunkt setzen zu können.

Eigentliche Fertigstellung des Portofolios: Das Portofolio habe ich Etappenweise im Verlauf der Woche erstellt. Durch tägliches Bearbeiten, angefangen am Sonntag dem 22. Juni, bin ich am Donnerstag, den 26. Juni, rechtzeitig fertig geworden.


Quellen:

Allgemeine Informationen: http://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_von_Lissabon

Zeitungsartikel (gelesen im Hamburger Abendblatt und online wiedergefunden) für die Aufgaben 3-5:
http://www.abendblatt.de/daten/2008/06/27/899358.html
http://www.abendblatt.de/daten/2008/06/20/896281.html
http://www.abendblatt.de/daten/2008/06/19/896110.html
http://www.abendblatt.de/daten/2008/06/17/894629.html
http://www.abendblatt.de/daten/2008/06/16/894301.html

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