Dein Hunger - mein Biosprit
Am Wochenende muss ich nach Nürnberg, Hin- und Rückfahrt sind rund 600 Kilometer. Bei einem Verbrauch 6 Liter sind das rund 36 Liter Superbenzin, davon sind 5 Prozent "Biosprit", ca. 1,8 Liter. Bis zu 3.000 Liter sind Wasser sind nötig um einen einzigen Liter "Biokraftstoff" aus Zuckerrohr zu gewinnen. Da werde ich nächstes Wochenende mal rund 5.000 kostbaren Wassers in Brasilien durch den Motor jagen. Bei rund 8.000 Liter Biosprit pro Hektar (10.000 Quadratmeter) sind das nochmal zwei Quadratmeter Regenwald, die deswegen abgeholzt werden.
Der brasilianische Arbeiter der zu einem Hungerlohn meinen Zuckerrohr erntet bekommt dafür rund 4 Euro pro Tag, umgerechnet von mir also 2 Cent für die zwei Liter. Leider hat er auch sein Zuhause verloren, weil sein Ackerland für den Anbau von Zuckerrohr in Großplantagen gebraucht wird, das wurde von Großfirmen mit Staatshilfe enteignet, meist ohne Entschädigung, denn dafür hat der Landwirt ja nun einen Job. Das Land ist in einigen Jahren unfruchtbar, die Plantage wird weiterziehen, mein Landarbeiter bleibt zurück und lebt dann von Entwicklungshilfe. Bei der Entwicklungshilfe sieht es aber leider auchs chlecht aus, die Spekulanten haben die Preise für Mais und Reis in unerschwingliche Höhen getrieben, mein brasilianischer Arbeiter verläßt seine Familie, die in die Slums der Großstädte zieht und er wird Wanderarbeiter auf den Zuckerrohrfeldern, denen immer mehr Urwaldflächen zum Opfer fallen.
Die EU beschließt den Anteil von Biosprit doch auf 10 Prozent zu erhöhen. Inzwischen sind auch die indischen Bauern von Enteignungen betroffen. Sie arbeiten zu noch niedrigeren Löhnen, um wenigstens ein paar Lebensmittel kaufen zu können. Stand 2008 haben bereits 100.000 (Einhunderttausend!)indische Bauern Selbstmord begangen, weil sie die Ausbeutung nicht mehr ausgehalten haben. Dafür haben wir Baumwolle zum Spottpreis und Biosprit...
Fazit: bei einer jährlichen Laufleistung von 30.000 Kilometer vernichte ich fast 1.000 Quadratmeter Urwald, mache ich alle zehn Jahre eine Familie in Brasilien obdachlos. Kaufe ich dann noch 10 Billigtshirts pro Jahr, dann bringt sich alle fünf Jahre ein indischer Landwirt um und in China haben die Arbeitslager immer genug zu tun.
Ich fahre am Wochenende mit der Bahn. Noch besser, ich bleib daheim. Und neue Klamotten werden erstmal nicht angeschafft.
Hi,
also ich finde das ganze mit dem Biosprit mal wieder absolut unsinnig. Es schadet der Umwelt doch wieder mal nur mehr als es nützt. Ich bin eher dafür dass das Geld in die Forschung gesteckt wird, dass man dann vielleicht einmal die Technologie für ein Wasserstoff Auto voran bringt.
Ich habe ja nichts dagegen wenn man zum Beispiel bei uns in Deutschland auf Brach liegendem Land Raps anbaut oder so, aber im Urwald wo man dazu erst den Wald roden oder den Bauern das Land weg nehmen muss finde ich das echt nicht okay. Deine Rechnung finde ich schon sehr eindrucksvoll, woher hast du denn die Daten und sind die auch wirklich zuverlässig?
lG bully
... und der Besuch bei McDonalds und co bleibt auch aus, da pro Hamburger erneut 1m² Regenwald niedergeholzt wird.
Es ist eigentlich sehr grausam in was für einer Welt wir leben, wie viel Ausbeutung betrieben wird und wie wenig wir davon mitbekommen.
Je mehr man erfährt, desto stärker verändert man (/ich) sein(/mein) Leben, jedoch wird einem immer weiter klar, das es nicht ausreicht, da man um wirklich fair den Entwicklungsländern gegenüber zu leben sein Leben soweit umstellen müsste, dass es einfach gar keinen Spaß mehr macht (im herkömmlichen Sinne).
Den meisten ist es daher egal und sie tun nichts, was ich ihnen auch nicht verübeln kann.
Ich hab letztes Jahr eine Doku über Coca Cola bei Youtube hochgeladen. Die Bild- und Soundqualität ist nicht die beste, aber sie ist dennoch sehr empfehlenswert.
http://de.youtube.com/watch?v=YQJE_r1wmuA
@bully90
Die Zahlen sind eine Mischung aus stern.de, greenpeace.de, monitor.de und einem alten Heft vom VCD (fairkehr). Beim Anbau von Zuckerrohr in Brasilien werden gerade z.B. immense Stauseen angelgt, damit genügend Wasser für die Plantagen da ist. In dürren Gebieten liegt der Wasserverbrauch sogar noch höher als 3.000 Liter je Liter Biosprit. Die Sklavenhaltung der Landlosen in Brasilien findest inzwischen auf allen NAchrichtenseiten (monitor.de, wdr.de, spiegel.de, greenpeace.de), das ist inzwischen schon so schlimm, dass selbst Minsterien (Entwicklungs- und Umweltminsterium) darüber berichten.
Die indische Regierung zählt inzwischen tatsächlich die Selbstmorde der Landwirte. Nachdem es zu massiven Häufungen kam wurde diese Statistik eingeführt. Das Problem ist hier aber eher die Gentechnik, denn das Saatgut muss immer wieder nachgekauft werden (woran auch die deutschen Konzerne gut verdienen) und ist bisher eher im Bereich Baumwolle angesiedelt, weniger beim "Biosprit", wobei das stark zunimmt.
Ich wollte kein generell pessimistisches Bild zeichnen, sondern nur einmal ein paar Zusammenhänge aufzeigen, an die man im Normalfall gar nicht denkt. Weil man es ja auch gar nicht will. Ich muss ja zugeben, dass ich es selbst extrem erschreckend finde, wenn ich genauer darüber nachdenke. Andererseits muss es jedem klar sein, wenn man bei KIK und Co ein T-Shirt aus Baumwolle kauft, dass da ein ganzer Rattenschwanz dran hängt, den man in dem Fall besser verdrängt.
Das fängt an bei den indischen Kleinbauern und der genmanipulierten Baumwolle, die sie in den Ruin treibt, geht weiter über gesundheitliche Schäden der dortigen Bevölkerung durch Düngung, Grundwasserverseuchung und die Planzenschutzmittel, es geht weiter über die zum Teil menschenverachtenden Produktionsbedingungen in China, die Ausbeutung auf den Schiffen, die die Waren hin und her transportieren. Letztlich will der Händler auch noch was verdienen... Man kann nun sagen, was mich das an, ich lebe hier, habe das Glück in Deutschland geboren zu sein. Oder man macht sich halt Gedanken und engagiert sich bei Organisationen, klärt auf und handelt als verbraucher so bewusst, wie es eben möglich ist.
Das Problem an sich ist hier aber nicht der Biosprit sondern die Erzeugung und die Situation in den betreffenden Entwicklungsländern.
Hier mangelt es im Vergleich zu den Industriestaaten an Effizienz bei der Erzeugung und die Probleme treten in anderer Konstellation (andere Rohstoffe die landwirtschaftlich gewonnen werden) genauso auf. Ich finde es kommt leicht negativ rüber dass die Bauern jetzt nur wegen der Erzeugung von Biosprit mehr leiden müssten - ist aber in anderer Konstellation genauso. Im Grunde ist egal was produziert wird - das ändert nichts an den bestehenden Problemen, diese müsste man zuerst lösen. Nur dazu müsste man viele Staaten von innen nach außen krempeln und das soziale System komplett erneuern.
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