Begleiterscheinungen und Therapie beim Borderline Syndrom
Bei mir wurde Ende 2005 Borderline diagnostiziert. Ich war damals 32 Jahre alt. Bestehen tut die Störung sicherlich schon seit meinem 18. Lebensjahr. Borderline kann ja erst frühestens mit 18 Jahren diagnostiziert werden, da es sich um eine Persönlichkeitsstörung handelt und die Persönlichkeit frühestens mit 18 Jahren voll entwickelt ist.
Das Krankenhaus welches die Diagnose stellte, war leider Null auf Borderline eingerichtet. War eine Tagesklinik. Die hatten auch Null Erfahrung mit Boderline und als ich entlassen wurde, war das Pflegepersonal und ich genauso frustriert.
Im Sommer 2006 habe ich eine stationäre Reha- Maßnahme gemacht. Die sind normal auf 12 Wochen ausgelegt und ich durfte als BfA- Patientin nach 6 Wochen abreisen. Das ganze hat mir Null gebracht. Von dort aus wurde aber ein Rentenantrag befürwortet. Die EU- Rente wurde ohne Gutachter an sich gleich bewilligt. Die beziehe ich nun seit Ende 2006 auf Zeit.
Meine Mutter ist im Frühjahr 2005 an Krebs erkrankt. Sie lied sehr unter meiner Erkrankung. Ich habe alles vermieden was sie "aufregen" könnte. Somit auch weitere stationäre Aufenthalte in der Psychiatrie. Im März 2007 ist sie dann verstorben. Hat mich schwer getroffen. Vorallem weil es in der letzten Phase noch bitterböse Vorwürfe seitens der restlichen Famile gegen mich gab. Im Mai ging bei mir nichts mehr und ich bat meine Betreuerin mich in irgendein Krankenhaus zu schaffen. Was sie dann auch tat.
Oberflächlich ging es mir besser nach den Aufenthalten. Ende September/ Anfang Oktober brach mein Betreuungsnetz zusammen. Es folgten ein Krankenhausaufenthalt von November bis Anfang Februar. Der tat relativ gut. Auch wenn es mir die letzten Tage wieder eher bescheiden geht.
Klar macht mir meine Krankheit Probleme. Was mich persönlich am meisten trifft, das sich die Leute von mir abwenden. Meine besten Freunde haben quasi den Kontakt abgebrochen und ich weiss nicht warum. Auch der Umgang mit der Familie ist mehr als schwierig. Ich kann meine Krankheit nicht erklären und die wollen das am liebsten in handlichen Häppchen. Die kann ich ihnen nicht bieten.
Das kommt mir sehr bekannt vor, dass die Familie einem Vorwürfe macht bzw. den Kontakt meidet. Das war/ist bei meiner Mutter auch so. Der eigene Bruder hat ihr sogar vorgeworfen, sie wäre am Tod ihrer Mutter vor einigen Jahren Schuld gewesen. Kaum jemand aus der Familie hat je versucht, meine Mutter zu verstehen bzw. ihre Krankheit zu verstehen. Zugegeben, es ist nicht leicht, für einen gesunden Menschen, diese Krankheit nachzuvollziehen aber durch Vorwürfe macht man die Situation auch nicht gerade besser.
Ich finde es traurig, dass sich viele Menschen abwenden, gerade die Familie, da sollte man eigentlich zusammen halten finde ich, doch das ist bei uns leider scheinbar nicht möglich. Seit meine Oma gestorben ist vor über 10 Jahren, ist der Familienhalt sehr zerbröckelt, man sieht sich so gut wie gar nicht mehr und hat auch kaum noch Kontakt.
Ob das bei meiner Mutter an ihrer Krankheit liegt, weiss ich nicht, hin und wieder hat sie Kontakt zu ihren Geschwistern aber die verstehen ihre Krankheit und die Umstände bis heute nicht. Aber meiner Mutter ist das mittlerweile egal und sie macht sich keinen Kopf mehr darum. Sie kümmert sich um sich selbst und versucht ihr Leben zu meistern so gut es irgendwie geht. Und ich bin stolz, was sie schon alles erreicht hat, denn so gut wie heute, ging es ihr lange nicht, auch wenn die Rückschläge immer wieder mal da sind uns sie in ein Loch fällt. Aber ich denke, dass die schlimmsten Zeiten vorbei sind. Zumindest hoffe ich es.
Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen würde, wenn ich jemand psychisch kramen im näheren Bekanntenkreis hätte. Beziehungsweise hätte ich es früher nicht gewusst. Mein Umfeld außerhalb des Internets setzt sich zur Zeit eben aus Menschen aus dem Kreis der Helfenden ( Betreuer, Ärzte, Therapeuten) und psychisch kranken Menschen zusammen.
Mir wurde im Elternhaus immer vermittelt das Psychiatrie was ganz schlimmes ist. Ich habe es anders kennengelernt. Trotzdem schämt sich das Umfeld eben. Warum auch immer. Aber das macht es mir natürlich nicht leichter. Niemand den man anrufen kann, weil es einem schlecht geht.
Ich hinke in vielen Sachen hinterher.Habe Sachen die für gesunde Menschen normal sind, nicht Altersgerecht oder gar nicht erlebt. Heute weiß ich, das das halt auch mit der Erkrankung zusammen hängt. Sind aber halt auch Sachen, die man nun nicht einfach nachholen kann.
Ich finde es toll was Du für Deine Mutter machst Leonie!
Mich würde interessieren, wie ich einer Person, die an Borderline leidet, helfen kann. Eine meiner besten Freundinnen leidet unter dieser Krankheit, und genau, wie es einige schon geschrieben haben, kann sie alles nur schwarz oder weiß sehen. Mal ist sie super drauf, dann wieder total aggressiv und autodestruktiv. Mir fällt es manchmal schwer, adäquat darauf zu reagieren.
Ich möchte gerne helfen, aber oft wird sie, wenn sie eine schlechte Phase hat, total aggressiv mir gegenüber, fängt an, mich abzulehnen und zu beschimpfen, und stößt mich von sich. "Du kannst es eh nicht verstehen". Damit hat sie ja recht, ich kann es wirklich nicht verstehen. Manchmal muss ich mich zurückziehen, wenn es zu viel wird, aber ganz fair ist es nicht. Wer hat von euch auch Erfahrungen und kann mir einen Rat geben? Würde mich freuen!
Auch ich bin Borderlinerin. Schon seit vielen Jahren. Ausgelöst wurde es wohl durch die Trennung meiner Eltern. Ich muss jede menge Medikamente schlucken. Neuroleptika, Antidepressiva, Beruhigungsmittel usw. Ohne würde ich momentan wohl gar nicht funktionieren, wäre extrem aggressiv und würde mich wieder selbst schädigen. Entweder durch SVV oder auch durch Essattacken. Onlinebestellungen bis das Konto überzogen ist oder Medikamentenmissbrauch.
@ Paula4: Ich denke, deiner Freundin kannst du am ehesten helfen, indem du sie ernst nimmst. Ich weiß nicht ob es den anderen genauso geht, aber sobald ich das Gefühl habe, jemand nimmt mich nicht ernst oder wertet mich ab, dann werde ich sofort aggressiv.
Du solltest aber auch konsequent sein. Damit meine ich, dass sie auch mal was ausbaden muss, was sie fabriziert, ohne immer auf Verständnis zu bauen. Beispiel: Ich muss manchmal die Freundschaft austesten zu meiner Freundin und melde mich gar nicht mehr oder rufe dauernd an und bitte um Hilfe. Dann wieder Kontaktabbruch. Wir haben jetzt vereinbart, dass ich denn auch den abgebrochenen Kontakt selber wieder aufbauen muss, also nicht immer erwarten kann, dass sie den ersten Schritt macht, weil ich ja krank bin. Und vor allem finde ich ganz wichtig, dass du dich abgrenzen kannst von ihr und dich nicht vielleicht noch mit reinziehen lässt.
Deine Antwort hat mich sehr berührt! Die Idee mit den Abmachungen, die ihr gefunden habt, finde ich super; dass jeder seine Verantwortung zu tragen hat. Für mich ist nur schwierig, dass meine Freundin ihre Krankheit in "guten" Zeiten total negiert, erst wenn es ihr schlecht geht, kommt die Thematik zur Sprache.
Eine Freundin von mir ist ebenfalls psychisch krank. Man hat bei ihr den Verdacht auf Borderline, allerdings bin ich nicht genau informiert wie der Stand der Diagnose aktuell ist, ob die Ärzte sich schon sicher sind. Wir haben im Freundeskreis untereinander oft darüber gesprochen, wie ratlos wir sind wie wir auf sie reagieren sollen und ähnliches. Vor allem dann, wenn sie wieder einen psychotischen Schub hat, sie also gerade in einer Psychose befindet. In diesem Fall haben wir von den Ärzten den Rat erhalten, sie darin zu unterstützten. Sie verlangt dann beispielsweise nach einer Tageszeitung, Block und Stift, um daraus einen "Code" zu lesen (3. Seite, 2. Artikel, 5. Absatz, 4. Buchstabe usw.). Wir sollen ihr dann also, sofern gerade möglich diese Dinge besorgen.
Verdammt schwierig ist es auch, mit ihr zu reden, wenn sie einen ihrer Anfälle bekommt, in denen sie Stimmen in ihrem Kopf hört und Menschen sieht, die nicht da sind. Man fühlt sich sehr belastet, weil man irgendwie das Gefühl hat, auf sie aufpassen zu müssen, damit sie sich nicht, wie schon einmal passiert, den Kopf an Steinen aufschlägt oder in Glasscherben fällt.
Andererseits versucht man auch, sie das nicht spüren zu lassen, denn sie kann ja nichts dafür und macht das natürlich nicht mit Absicht! Deswegen finde ich es wahnsinnig schwierig mit ihr umzugehen, obwohl sie mir sehr wichtig ist. Sie ist so ein wunderbarer Mensch und sprüht nur so vor Lebensfreude, wenn sie gute Phasen hat. Ich würde dir gerne gute Tipps geben, Paula4, aber wie du siehst fühle ich mich selbst nicht so in der Lage damit richtig umzugehen.
Aber vielleicht hast du ja auch die Möglichkeiten, mit den Ärzten zu sprechen?
Bei mir wurde auch eine Verdachtsdiagnose für Borderline gestellt, die sich aber dann nicht bestätigt hat. Die Diagnose Borderline ist meines Erachtens nach schwer zu Diagnostizieren, da die Symptome aus einen Mix von Krankheiten bestehen können, wie z.B. Panikattacken (Panikstörung), Angsterkrankung, Depression, SVV etc. Die Behandlung eines Borderline-Patienten ist auch nicht die Leichteste (kann ich nur vom Lesen und Sprechen mit Patienten sagen), da man sie nicht wirklich einschätzen kann. Therapieversuche werden auch öfters abgebrochen, meist vom Patienten.
Der Begriff Borderline steht für "Grenzlinie". Es ist meist ein hin und her wanken von Psychose und Neurose (bitte verbessert mich, wenn das nicht zu 100% stimmt).
Das Abwenden, was Leonie schon angesprochen hat, passiert leider immer noch häufig. Nicht nur Familie, sondern auch Freunde, Bekannte halt das ganze Umfeld kann sich in der Zeit, in der man eine sehr schwierige Phase durchmacht, minimieren. Wenn dazu noch eine psychische Erkrankung ins Spiel kommt, die für viele nicht nachvollziehbar ist, wird das Ganze immer schwerer.
Wie es LittleSister schon gesagt hat, kann man in einem jugendlichem Alter noch keine wirkliche Borderlinediagnose stellen, da die Persönlichkeit noch nicht voll entwickelt ist, wobei ich auch denke, dass sie mit 18 bei vielen auch noch nicht komplett entwickelt ist.
Ich hoffe, dass ihr damit einigermaßen klar kommt, mit der Krankheit, denn die Krankheit zu akzeptieren ist nicht leicht, generell bei psychischen Erkrankungen. Außerdem hoffe ich, das ich nichts falsches geschrieben habe, und sich somit einer angegriffen fühlt, denn es ist und bleibt ein "sensibles" Thema, wo man nicht unbedingt posten sollte, wenn man nicht genau überlegt was man schreibt.
Die Krankheit akzeptieren ist denke ich der schwerste Schritt bei den Betroffenen. Bei den Angehörigen sicherlich auch.
Mit stellte sich immer wieder die Frage: Was ist eigentlich Borderline? Erklären konnte ich es nie. Die Woche stellte ich die Frage mal wieder mal an jemand aus dem Kreis der Helfenden. In dem Fall der Oberarzt, der gegen seiner sonstigen Gewohnheiten, eine ambulante Psychotherapie mit mir macht. Ob das nun wirklich so wichtig sei, fragte er mich. Ich empfand und empfinde es als wichtig, weil ich sonst nie begreife warum ich manches nun machen muss.
Kurz gesagt ist Borderline eine Störung der Emotionsregulation. Das zeigt sich zum Beispiel darin, das man Gefühle empfindet, diese aber nicht benennen kann. Oder auch darin, das man seine Gefühle nicht kontrollieren kann.
Borderline heisst aber auch Angst vor dem Alleingelassen zu haben. Auf der anderen Seite hat man aber auch Angst jemand an sich ranzulassen. Borderliner leiden oft auch unter plötzlich auftretender extrem hoher Anspannung, ohne das sie wissen woher die kommt. Manche Borderliner spüren ihren eigenen Körper nicht mehr so ganz. Damit die Anspannung weggeht und / oder man sich wieder selbst fühlt, verletzen sich Borderliner selbst.
Das muss nicht auf alle Borderline zutreffen. Ich habe die Erfahrung gemacht, das jeder Borderliner anders ist. Allerdings erkenne ich mich auch in vielen Sachen die andere Borderline erzählen wieder.
LittleSister hat geschrieben:Manche Borderliner spüren ihren eigenen Körper nicht mehr so ganz. Damit die Anspannung weggeht und / oder man sich wieder selbst fühlt, verletzen sich Borderliner selbst.
Das muss nicht auf alle Borderline zutreffen. Ich habe die Erfahrung gemacht, das jeder Borderliner anders ist. Allerdings erkenne ich mich auch in vielen Sachen die andere Borderline erzählen wieder.
Ich denke, dass du das "Phänomen" ansprichst sich nicht mehr ganz so zu fühlen der "Depersonalisation" bzw "Derealisation". Wenn man das Gefühl selber nicht kennt, ist es schwer zu beschreiben. Aber ich versuche es mal. Jeder von uns kennt das "Phänomen" "Deja vu" (übersetzt "schonmal gesehen"). Das Dejâ vu Erlebnis ist praktisch das Gegenteil einer Depersonalisation bzw Derealisation. Bei einem Deja vu kommt die Situation, die gerade passiert, einem mehr oder weniger bekannt vor, als hätte man sie schonmal gesehen bzw erlebt. Bei der Depersonalisation (so ist es zumindest bei mir) kommt einem die Wahrnehmungsfähigkeit unbekannt vor. Man fühlt sich ganz anders, eigentlich ist das Gefühl, mehr oder weniger, unbeschreibbar.
Zu der Derealisation: Man bekommt nicht sich selber, sondern das drumherum nicht richtig mit. Andere Wörter/Gefühle um dieses "Phänomen" zu beschreiben sind z.B. "in Watte gepackt sein" oder "neben sich stehen" oder "irreal" oder "wie aus sich rausguckend". Ich kann nicht von mir selber sagen, sondern nur aus Gesprächen von Leuten, die ähnliches haben, und praktisch sich aus diesem "Zustand" wieder "heraus" wollen, ist z.B. SSV ein Mittel.
Man spürt seinen Körper wieder, was bei den "Erscheinungen" nicht so ist. Einem kommt z.B. der Körper taub vor, als ob er eine Hülle ist. Und um diesen "Zustand zu "entkommen" bzw sich selber zu fühlen ist der "effektivste" aber auch gleichzeitig der "falscheste" Weg der SSV.
Es kommt mir zumindest so vor, ich bin mal gespannt wie es euch damit geht, bzw ob ihr das bestätigen könnt, was ich eben beschrieben habe oder andere Empfindungen dabei habt.
Um das andere, was LittleSister angesprochen hat, auch nochmal zu erwähnen. Mir ging es genauso, ich wollte wissen, welche meiner Erkrankungen welche Diagnose laut ICD-10 haben. Die Diagnose bringt einen nicht wirklich weiter. Ob man die Krankheit "XY" nennt oder "YZ" spielt eigentlich keine sehr große Rolle, aber trotzdem ist das verlangen danach, die Diagnose zu hören, sehr groß (Ich spreche da wieder aus meiner Sicht).
Die Angst allein gelassen zu werden, aber auch gleichzeitig das Gefühl mit niemand so richtig zurecht zu kommen, ist (meines Erachtens) für Borderliner ein typisches Zeichen. Es gibt auch ein schönes Buch das lautet "Ich hasse dich, verlass mich nicht."
Wie gesagt, ich kann nur aus meiner eigenen Erfahrung sprechen und hoffe, das ich niemanden angegriffen habe, und mich würden eure Erfahrungen bzw Meinungen sehr interessieren!
Link dieser Seite https://www.talkteria.de/forum/topic-13458-10.html
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