Erfahrungen mit Alzheimer

vom 18.05.2008, 18:24 Uhr

Bei meiner Oma wurde im Jahr 2001 Alzheimer festgestellt (obwohl es natürlich schon viel früher mit der Krankheit losging) und wenn man sie so beobachtet, hat sie die letzen Jahre wirklich sehr stark abgebaut. Damals hatten wir noch Schweine und da wurde regelmäßig geschlachtet. Da mein Opa auch nicht mehr der Jüngste war und bei meiner Oma Alzheimer diagnostiert, wurden die Schweine abgeschafft. Ab da kann man wirklich sagen, dass sie nichts mehr wusste.

Sonst hatte bei ihr alles seinen Platz und durfte nicht anders sein. Wenn man jetzt so zurückblickt, waren die Anzeichen für Alzheimer eigentlich sehr deutlich. Angefangen Weihnachten 2000. Da machte sie eine Gans und das Essen schmeckte einfach nach gar nichts. Okay, es kann Zufall gewesen sein. Schließlich versalzt jeder Koch mal die Suppe. Aber ein Jahr später an Weihnachten schmeckte das Essen wieder nach nichts. Das Essen unter der Woche waren meist einfache Mahlzeiten, an denen man nicht viel falsch machen kann. Oder sonst hatte sie für jede Angelegenheit einen Lappen. Um den Tisch abzuwischen, für den Abwasch, für alles einfach einen anderen Lappen. Am Ende hatte sie einen Lappen, den sie für alles verwendete.

Mein Vater arbeitet in einer großen Fabrik und da bringt er halt Freitags immer seine schmutzigen Klamotten zum Waschen mit. Er gab sie meiner Oma, welche die Wäsche waschen sollte. Die letzten Jahre hat das immer problemlos geklappt. Aber plötzlich lag Sonntag Abends die Wäsche so da, wie sie mein Vater Freitagnachmittag hingelegt hat - schmutzig. Teilweiße steckte sie die Wäsche in die Waschmaschine und schaltete sie nicht an. Wenige Stunden später hing sie die Wäsche auf die Leine zum "trocknen". Es ist einfach unglaublich, wie ein Mensch, welcher 70 Jahre lang topfit war, nie geraucht und Alkohol getrunken hat, von einen auf den anderen Tag so, ja wie soll ich es sagen, "blöd" werden kann. Auch hat sie 5 Kinder großgezogen, welche sie seit dem Jahr 2003 einfach nicht mehr kennt.

Seitdem mein Opa an Weihnachten 2005 einen Darmdurchbruch hatte, konnte er sich nicht mehr um sie kümmern und sie musste in ein Altersheim gehen. Seitdem ging es mit meinem Opa auch immer mehr bergab, bis er am Martinstag 2006 starb. Meine Oma registrierte schon gar nicht mehr, dass ihr Mann da gestorben war. Mittlerweile ist dies auch schon rund 2 Jahre her und es hat sich immer mehr mit ihr verschlimmert. Inzwischen kann sie nicht mehr sprechen und ist nur noch bettlägerisch. (Sie hatte vor einem Jahr einen Oberschenkelhalsbruch).

Nach der langen Geschichte wollte ich euch jetzt fragen, ob ihr auch einen Alzheimer-Fall (Demenz) in der Familie/ Verwandtschaft/ im Freundeskreis habt? Falls ja, wie weit ist bei euren Verwandten die Krankheit fortgeschritten? Und welche Erfahrungen habt ihr mit der Krankheit? Denkt ihr, dass es irgendwann Medikamente geben wird, welche Alzheimer vorbeugen/ heilen können? Hier im Forum hab ich einen Thread gefunden, dass man Medikamente mit dem Tollwutvirus ins Gehirn bringen könne. Oder auch, dass regelmäßige Denkaufgaben vorbeugend wirken können.

Meint ihr, ob Alzheimer genetisch bedingt ist, oder ob es eher Zufall ist, wer erkrankt und wer nicht? Meine Oma war ja bis ins Jahr 2000 wirklich fit und war sonst nie krank oder so. Schreibt einfach mal, was euch so zu der Krankheit einfällt.

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» redrob » Beiträge: 495 » Talkpoints: -1,97 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich denke, dass der Verlauf einer Demenz immer recht typisch ist und Alzheimer ist nun mal die häufigste Form der Demenzen. In der Familie habe ich zwei Fälle von Alzheimer, es ist aber eher schon sehr entfernte Verwandschaft. Einmal ist es die Schwägerin meiner Oma und dann die Tante meiner anderen Oma.

Die Schwägerin der einen Oma ist noch gar nicht so alt, erst Mitte 60. Mir ist das bei ihr relativ schnell aufgefallen, denn sie war immer ein sehr fröhlicher Mensch, der sich immer aktiv an den Gesprächen beteiligt hat und viel gelacht hat. Und dann irgendwann hat sie sich gar nicht mehr beteiligt und auch nicht mehr mitgelacht und immer so geguckt, als wenn sie das alles gar nicht mehr interessiert. Dann fing es relativ typisch an, dass sie Telefonnummern nicht mehr wusste und auch Haushaltsgegenstände nicht mehr benennen konnte und auch nicht mehr wusste, wo sie liegen.

Dann konnte sie nicht mehr telefonieren und hat auch Verwandte nicht mehr erkannt. Bei ihr ist die Demenz noch nicht so weit fortgeschritten, sie muss noch nicht in ein Heim und ist noch relativ "selbstständig", sprich nicht bettlägerisch und kann auch noch einige Dinge selbst machen und sich auch noch artikulieren. Vielleicht liegt das auch daran, dass sie noch nicht so alt ist. Jedenfalls ist es für ihren Mann sehr schwer und für die restliche Familie auch, da es erstens traurig ist, wenn man sieht, wie der Verfall voranschreitet und auch wenn man plötzlich nicht mehr erkannt wird.

Bei der Tante meiner Oma ist das Ganze schon wesentlich weiter fortgeschritten. Sie ist bereits weit über 80 und lebt seit einigen Jahren im Heim, da sie mittlerweile niemanden mehr erkennt, nicht mal ihren Mann (der ja auch schon sehr alt und nicht mehr der fitteste ist) und sie zur Alzheimer-Demenz auch noch einen Diabetes Mellitus hat, der allein zu Hause nicht mehr in den Griff zu kriegen war, da sie auch ständig irgendwas gegessen hat.

Ihr Mann konnte sich gar nicht mehr um sie kümmern, da er sie rund um die Uhr bewachen musste und sie teilweise schon ausgeflippt ist, wenn er nur mal auf der Toilette war oder am Briefkasten. Deshalb haben ihm nachher auch alle zugeredet, dass er sie ins Heim geben soll auch wenn er sich lange dagegen gewehrt hat, da es ja sehr schwer ist, einen geliebten Menschen einfach so abzugeben. Nun besucht er sie jeden Tag im Heim auch wenn sie ihn meistens nicht erkennt und oft nur noch Geräusche mit dem Mund macht und nicht mal mehr spricht.

Auch mit Patienten, die an Alzheimer erkrankt waren hatte ich schon zu tun. Einige leben einfach 60 Jahre in der Vergangenheit und meinen, sie würden noch bei ihren Eltern wohnen und seien Kinder. Das ist schon teilweise ziemlich hart. Andere sind noch ganz am Anfang der Krankheit aber ich muss trotzdem immer wieder schlucken, wenn mir die Patienten nicht sagen können, welches Jahr, welche Jahreszeit wir haben oder in welchem Bundesland wir uns befinden. Auch wenn sonst noch nichts groß zu bemerken ist, sind das oft die ersten Anzeichen.

Und ich bin mir eigentlich recht sicher, dass Alzheimer eine genetische Komponente hat. Also wenn die eigene Mutter/der eigene Vater erkrankt, dann würden bei mir die Alarmglocken schrillen. Klar ist es wichtig, sich geistig und körperlich bis ins hohe Alter fit zu halten, denn damit kann man den Krankheitsverlauf auf jeden Fall aufhalten.
Und Medikamente gibt es ja bereits auf dem Markt, die eigentlich immer angewandt werden sollten auch wenn sie natürlich eine Demenz nicht heilen können wie eine Lungenentzündung aber eine Verbesserung bringen sie eigentlich immer mit sich.

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» Grooovegirl » Beiträge: 3409 » Talkpoints: 11,54 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich habe dieses Jahr ein Sozialpraktikum in einem Seniorenheim gemacht. Dort hatte ich auch mit Personen zu tun gehabt die an Alzheimer erkrankt waren. Am Anfang habe ich es mit Humor genommen. Doch ich denke, es ist doch ein wenig Schade und es macht mich ein wenig traurig. Besonders für die Angehörigen muss es wohl schlimm sein. Wenn eine an Alzheimer erkrankte Person ihre Enkel oder eigenen Kinder nicht mehr erkennt. Dass muss wohl schon ein wenig bedrückend sein und würde mich traurig machen. Eine Person hat es aber dennoch mit Humor genommen. Sie wusste, dass sie alles vergisst und lachte darüber. Das waren meine Erfahrungen mit Alzheimer.
Liebe Grüße Chris

» Luxus-Chris » Beiträge: 68 » Talkpoints: 0,20 »



Ich stelle es mir auch sehr hart vor, wenn einen die eigene Mutter oder der eigene Vater nicht mehr erkennt. Das muss mit das schlimmste sein, was einem im Leben passieren kann. Und leider werden viele Alzheimer-Kranke auch schnell böse und aggressiv und wenn man dann nicht nur nicht erkannt, sondern auch beschimpft wird, dann muss das schon sehr sehr schlimm für die Angehörigen sein.

Ich war auch mal zusammen mit einem Allgemeinmediziner im Altersheim auf der Demenzstation und der Arzt hatte das Ganze auch sehr locker genommen, muss man denke ich auch, sonst geht man an seinem Job irgendwann kaputt. Er hat auf spaßige Art und Weise mit den Patienten geredet und der eine hat wirklich jedes Mal wenn wir an ihm vorbei gegangen sind "guten Tag" gesagt und gefragt, wer wir sind. Das klingt zwar im ersten Moment witzig aber wie gesagt, für die Angehörigen ist es sehr schlimm.

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» Grooovegirl » Beiträge: 3409 » Talkpoints: 11,54 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Der Opa meiner Freundin hatte auch Alzheimer. Es fing richtig schlimm an, als seine Frau starb. Ob so etwas auch eine Krankheit hervorrufen kann, weiß ich nicht.

Aber es war richtig schlimm. Als außenstehender kann man über manche Dinge vielleicht schmunzeln, aber es ging so weit, das er seinen eigenen Sohn verdächtigte, sein Mittagessen geklaut zu haben, oder er mitten in der Nacht sein Portmonee im Garten vergraben hat, aus Angst, das man ihn beklauen würde. Er ist nachher in ein Pflegeheim gekommen, das man ihn nicht mehr alleine lassen konnte.

Es ist schon ziemlich schlimm, wenn sie nachher nicht mehr klar im Kopf sind. Das ist schlimmer als alle körperlichen Beschwerden.

» herrmausi » Beiträge: 916 » Talkpoints: -0,19 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Von meinem Ex-Freund der Opa hatte Alzheimer gehabt. Das Anfangsstadium habe ich nicht mitbekommen. Ich habe ihn erst kennen gelernt, als er schon völlig der Alzheimer erlegen war.

Ich fande es damals sehr traurig, denn er war trotz allem ein total lieber Mensch. Die Oma hat ihn auch bis zum Schluß zu Hause gehabt. Auch wenn er zum Schluß bettlägerig war und Windeln bekommen hat. Es kam mehrmals am Tag ein Pflegedienst und hat sich um ihn gekümmert.

Als er noch auf dem "Damm" war, mußte die Oma immer die Wohnungstür abschließen, weil er sonst weggelaufen ist und nicht heim gefunden hatte. Sie hat trotzdem jeden früh in seine Hosentasche einen Zettel mit seiner Adresse gesteckt. Falls er doch mal flüchten konnte, weil die Oma vergessen hatte zu zuschließen, wußte man wenigstens wo er wieder hin gebracht werden sollte. Im Viertel und bei der Polizei war er schon bekannt und sie haben ihn alle ohne Probleme wieder nach Hause gebracht.

Ansonsten hat er sich an nichts mehr erinnert. Er hatte sich zwar immer sehr gefreut, wenn wir ihn besuchen kamen, aber er wußte nicht wer wir waren.

» sibs » Beiträge: 711 » Talkpoints: 3,91 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Was ich total vergessen hatte: mein ehemaliger Nachbar erkrankte auch an Alzheimer. Das war anfangs immer ein sehr adretter alter Mann mit kleinem Schnauzbart, der sehr gepflegt aussah und nett war. Er hat immer nett gegrüßt und auch öfter für mich Pakete angenommen.

Dann fing es sehr langsam und schleichend an, dass er seine Haare und seinen Bart nicht mehr gestutzt hat und jeden Tag die gleichen Sachen anhatte. Er sah von Woche zu Woche schmeddeliger und dreckiger aus, später dann wie ein Waldschrat mit langem Bart und langen weißen Haaren. Er war dann auch jeden Tag den ganzen Tag draußen unterwegs und ich hatte den Eindruck, dass er ohne Ziel einfach draußen rumgelaufen ist.

Er hat auch irgendwann angefangen im Müll zu wühlen und sich Sachen aus dem Müll mit in seine Wohnung zu nehmen. Als er dann irgendwann noch mal ein Paket von mir angenommen hatte und es dann vergessen hatte, als ich bei ihm geklingelt habe, wurde mir alles klar. Wir haben zusammen nach dem Paket gesucht und in der Wohnung musste man wirklich von suchen reden, denn die komplette Wohnung war von oben bis unten vollgestopft mit Müll. Wie eine echte Messi-Wohnung und das war eben vorher nie so gewesen.

Als ich mein Paket dann hatte, habe ich das Sozialamt informiert und die haben sich dann um den Mann gekümmert, da er scheinbar auch gar keine Familienangehörigen mehr hatte, denen das Schicksal hätte auffallen können.

Ich fand das nur alles so traurig, weil dieser Mann komplett sich selbst überlassen war und wenn ich nicht gehandelt hätte, dann wäre er vielleicht man in seinem ganzen Müll erstickt oder hätte sich nicht wieder nach Hause gefunden und wäre im Winter draußen erfroren. Da kann man wirklich nur hoffen, dass man selbst und seine Familie von sowas verschont bleiben.

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» Grooovegirl » Beiträge: 3409 » Talkpoints: 11,54 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



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