Geld verdienen mit Trödel und Ramsch bei Avenzio
Also, jetzt muss ich wirklich mal was schreiben - und zwar zu den im Fernsehen dauernd zu sehenden Ramschverkäufen und, sagen wir mal, Haushaltsauflösungen. Die sind meiner Meinung nach völlig verfehlt.
Als Beispiel hierfür möchte ich einmal die Avenzio Sendung vom 04.04.2007 anführen. Hier wollte (am Anfang der Sendung) Familie Merle durch Räumung ihres Kellers und dem Verkauf einiger anderer Stücke mindestens 1000 € einnehmen. Wer es gesehen hat, kann mir bestimmt gut folgen, für alle anderen mache ich es mal etwas ausführlicher.
Verkauft werden sollten:
- ein knapp 130 Jahre alter Flügel, der verstimmt war und restauriert werden musste
- "Gründerzeitmöbel", die keine waren, bestehend aus einer Anrichte und einem zweiten Stück, sowie einem Tisch der eindeutig aus den 50ern bis 60ern stammte
- Breitreifenfelgensatz für einen 7er BMW, mit leichten Fehlern
- einen alten, funktionstüchtigen Samowar
- und eine komplette Carrera Bahn aus den 70ern
- sowie eine Kiste mit 20 bis 30 Jahre alten Matchboxautos
Fangen wir an mit den Pseudo-Gründerzeitmöbeln. Jeder der einmal etwas mit antiken Möbeln zu tun hatte, und welche Merkmale diese ausmachen, und was man NICHT mit diesen machen sollte, hat hier erst einmal die Hände über den Kopf zusammengeschlagen. Das ist immer der gleiche Fehler, der gemacht wird: man denkt, dass Möbel besonders wertvoll sind, und aufgrund ihrer Größe das meiste bringen müssten - nach dem Motto: Viel ist viel. Reiner Blödsinn.
Es handelte sich bei den Stücken einfach nur um Anrichten aus den 50ern, typische Wirtschaftswundermöbel. Schon ein Blick ins Interieur oder auf die Kanten der Schubladen verriet dies, die Verarbeitung sprach Bände. Irgendwelche schnöden Schnitzereien und Schnörkeleien werden immer gnadenlos überbewertet. Man kann sich in Thailand oder auf Bali auch problemlos einen Schrank oder ein Möbelstück von Hand (!) schnitzen lassen, zu einem Spottpreis, und trotzdem wird es dadurch nicht mehr wert - nur weil es auf alt gemacht ist. Darauf fielen die Menschen im Historismuswahn schon vor über 100 Jahren rein. Um alles noch zu toppen, wurden die Möbel noch mit klarer Schuhcreme eingeschmiert - damit natürlich ein ordentlicher Film zurückbleibt, der das Möbelstück noch mehr abwertet.
Wenn man sparen UND das Möbelstück hätte wirklich aufwerten wollen, hätte man zu Bier gegriffen, und damit die Oberflächen behandelt - oder mal ein paar Euro auf den Tisch gelegt und eine Flasche Renuwell gekauft (Ist auch so toll für Möbel). Das kostet dann so um die 20 €, ist aber ein wahres Wundermittel, was Holzoberflächen, vor allem antike, angeht. Es findet praktisch bei jedem Antiquitätenhändler Verwendung, und sorgt in Kombination mit der Lackierung für die herrausragende Optik. Naja, jetzt kam der einzige, der sich über den Tisch hat ziehen lassen, ein Gebrauchtmöbelhändler, der für alles definitiv zuviel bezahlte bzw. zuviel um Gewinn zu machen.
JETZT kommen die lustigen Dinge: Man entschied sich, einen kompletten und leicht fehlerhaften Felgensatz von 7er BMW Breitreifenfelgen an einen Händler zu verkaufen - der erste Fehler, den Laien IMMER machen. Niemals an einen Händler, vor allem nicht in der direkten Umgebung verkaufen. Man hätte den Felgensatz, vor allem da er schon etwas älter war, locker auf eBay im dreistelligen Bereich mit einem guten Foto und einer guten Präsentation verkaufen können. Warum die Leute auch jede Menge Zeit und Mühe in das Putzen wertloser Möbel investieren, aber alles andere, was man sogar schneller putzen könnte, links liegen lassen, ist mir auch jedesmal ein Rätsel.
Geputzt bringt der meiste Ramsch gleich 10-25% mehr, auch beim Händler. Man denke nur an den Autoverkauf - 200 € in eine Komplettreinigung und Teilreparatur von Oberflächen investiert zahlen sich meist mit 400 € Preisaufschlag (natürlich nicht immer, aber grob gesagt) aus. Jedenfalls sollte man IMMER den Weg über eBay gehen (und wenn man vorher nur kurz guckt, wie denn die Dinge dort im Durchschnitt weggehen, um eine ungefähre Preisvorstellung zu bekommen), vor allem bei solchen Teilen, damit man einfach einen größeren Käuferkreis anspricht, der dann natürlich auch mehr zahlt - man übergeht somit den Zwischenhändler und streicht dessen Profit mit etwas mehr Arbeit einfach mit ein. Egal, bei den Felgensatz für insgesamt 50 € hat der Händler ein sehr gutes Geschäft gemacht.
Ein knapp 130 Jahre alter (Marken-)Flügel, der bedingt durch falsche Lagerung restauriert werden muss sowie neu gestimmt, ging an einen Klavierhändler für 150 € weg *lach*. Das war für mich neben dem was gleich noch kommt, mit das mieseste Geschäft. Jeder, wirklich jeder der einmal einen Blick auf einen restaurierten und gestimmten (Marken-)Flügel beim Antiquitätenhändler geworfen hat, dem liefen jetzt die Tränen über die Wangen. Teilweise übertreffen solch alte Musikinstrumente den Wert aller anderen Gegenstände im Raum. Hätte man den Flügel selber restaurieren und neu stimmen lassen, wäre ein Verkaufspreis von maximal 2.000 bis 2.500 € an Privatkunden durchaus realistisch gewesen, ich hab jedenfalls erst einmal eine Runde lachen müssen, bei uns würde es heißen "Der hat en gudes G´schäft g´macht!". Zudem, auch hier kann man wieder sagen: 7 - 9 aussagekräftige Bilder und eine eher kurzgefasste Beschreibung hätten auf eBay oder im Internet das 4-fache des eigentlichen Verkaufpreises gebracht.
Jetzt ging´s mit zur bei den Menschen beliebtesten und gleichzeitig für den Verkäufer schlechtesten Möglichkeit, etwas zu verkaufen - vor allem, wenn es sich um etwas von Wert handelt, dem Floh- oder Trödelmarkt. Jetzt ging es an die restlichen Sachen, die wieder unter Wert verschleudert wurden - auf dem Trödelmarkt auch kein Wunder. Ich werde das jetzt nicht wieder länger ausführen, da wieder alle Anfängerfehler auf einmal gemacht wurden - Artikel nicht gereinigt, nicht im Internet oder auf Sammlerbörsen angeboten oder zumindest nachgeschlagen, um den Wert zu begreifen, alles einfache Schritte.
Der Samowar hat man für fröhliche 40 € unters Volk gebracht, eBay: in der Regel mindestens 90 €. Die vollständige Carrerabahn aus den 70ern ging für 20 € weg, der Käufer hat sich das Grinsen bestimmt für Wochen nicht aus dem Gesicht schlagen können, es fing ja schon bei Nennung des Mindestpreises seitens der Verkäufer an. Wert im Internet bei eBay und Sammlerbörsen 200 - 350 €! Also gnadenlos abgezogen. Na ja, dann gab es noch eine Kiste mit 20 bis 30 Jahre alten Matchboxautos, die im Durchschnitt laut "Berater" 10 € bringen, natürlich nur in Mint Condition! Für 2 € pro Stück im Durchschnitt verramscht, hätte ich auch nicht gemacht, aber egal, so etwas lässt sich auch nur im Netz mit mehr Aufwand gut verkaufen.
Im Endeffekt hat sich die gute Familie Merle oder so, um 1000 € prellen lassen, bzw. hätte den Schwerpunkt auf andere Stücke legen sollen. Aber da kam echt alles zusammen: schlechte Beratung, Verzicht auf neue Medien (wie dem Internet, um einen großen Käuferkreis abzudecken), fehlerhafte Einschätzung der Werte (leicht im Internet oder in Katalogen nachzuschlagen), falsche Verkaufsstrategien und vor allem das Wichtigste, um neben allen anderen Faktoren den Gewinn zu maximieren: GEDULD, oder warum bekommt man z.B. bei Haushaltsauflösungen, bei denen alles nur schnell weg soll, nur Bruchteile der eigentlichen Werte in die Kasse? Eine Woche Opportunitätskosten mehr bringen Mehreinnahmen jenseits der 400% Grenze!
Der Fall danach, in dem es hauptsächlich um Tauchausrüstung, Babysachen und Warhammer Teile ging, war da entschieden besser gelöst - nicht optimal, aber wesentlich besser und vorbildhafter.
Habe ich auch gesehen, fand auch, dass die sich dort immer leicht alles unter Wert verkaufen, aber um ehrlich zu sein: Ich traue weder den Beratenden (bis auf Ausnahmen) oder denen, die verkaufen wollen zu, dass sie irgendetwas mit html oder anderen gebacken kriegen - also kein Wunder dass sie neue Medien scheuen, für die meisten ist es doch selbst heute noch (also die Älteren) ein Kunststück, wenn sie ihren PC benutzen können, ohne ihn jedesmal total gegen die Wand zu fahren und nicht auf jeden Mist im Internet reinzufallen.
Ich will daher gar nicht wissen, wie die meisten ohne das müllige Frontpage oder den eBay Auktionsbausatz eine vernünftigte Seite generieren wollen. Selbst mit diesen Kit´s brauchen die meisten ja schon eine ganze Weile - hab da schon so viele DAU´s gesehen. Selbst eine Digicam richtig zu bedienen mit allen Funktionen, und nicht nur wie bei der herkömmlichen Spiegelreflex einmal draufzudrücken und "Oh, geht das schnell" zu sagen, ist doch oft zuviel verlangt.
Ich habe auch schon oft solche Sendungen gesehen und finde es wirklich auch unglaublich wie sie den Leuten manchmal "helfen". Das mit dem Klavier finde ich die Oberabzocke. Ein Markenklavier das schon antik war. Das wäre locker für mehr als 1000 Euro weg. Die armen Leute werden so gnadenlos abgezogen. Man sollte wirklich mal einen "netten" Brief an die Sendung schreiben.
Auch wenn das nicht viel bringen wird aber dann sehen sie mal was man von ihrer Sendung hält. Wenn die so weiter machen denke und hoffe ich aber, dass bald schon bei irgendeiner Sendung über das Problem berichtet wird. Und dann wird sich niemand mehr von denen "helfen" lassen.
Solche Trödelsendungen kommen ja mittlerweile einige im Fernsehen und auch wenn ich diese Avenzio Sendungen jetzt nicht explizit kenne, kann ich mir schon ganz gut vorstellen, was da beim Verkauf so abging. Wenn man einiges an Trödel hat, dann sollte man sich schon im Vorfeld ungefähr über dessen Wert machen und wer das nicht tut, der wird eben über den Tisch gezogen. Da könnte ich mich gar nicht so darüber aufregen und vielleicht waren die Verkäufe im Fernsehen auch extra so gestellt worden, um die Diskussionen darüber anzufachen.
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