Warum Bußandacht statt Beichte?
Bußandachten sind für mich eine wertvolle Gelegenheit zur geführten Gewissenserforschung. Sie helfen, innezuhalten, das eigene Leben zu reflektieren und sich Gedanken über die Beziehung zu Gott zu machen. Ich schätze diese Andachten sehr, aber ich kann nicht nachvollziehen, warum viele Menschen sie als Ersatz für die Beichte sehen. Gerade bei Personen, die ihren Glauben sonst kaum praktizieren, fällt mir das besonders negativ auf.
Immer wieder erlebe ich, dass Menschen, die das ganze Jahr über kaum in die Kirche gehen, plötzlich bei einer Bußandacht auftauchen und großen Wert darauf legen, dabei zu sein. An sich finde ich es schön, dass diese Andachten so viele anziehen. Aber ich frage mich: Warum kommen sie ausgerechnet dann? Und warum scheint es für sie so wichtig zu sein, dass der allgemeine Segen am Ende der Andacht wie eine Lossprechung wirkt, obwohl er das eigentlich nicht ist?
Erst gestern habe ich wieder so eine Unterhaltung geführt. Jemand erzählte mir, wie erleichtert er als Kind war, als die Beichtstühle langsam abgeschafft wurden. Seitdem sei er froh, dass es Bußandachten gibt, weil er die Beichte für sich ablehnt. Für ihn ist der allgemeine Segen am Ende einer solchen Andacht völlig ausreichend. Er sagte sogar, dass er der festen Überzeugung ist, dass der Segen die Lossprechung ersetzt. Mich hat das ziemlich schockiert. Für mich steht außer Frage, dass nur das Sakrament der Beichte zur Vergebung der Sünden führt. Aber wie erklärt man das jemandem, der so überzeugt ist?
Was ich ebenfalls nicht verstehe, ist, warum solche Menschen ausgerechnet einmal im Jahr zur Bußandacht gehen. Wenn sie ihren Glauben ansonsten kaum leben, was bringt ihnen dann diese eine Stunde? Es wirkt fast so, als sei das eine Art Pflichttermin, der dann für das ganze Jahr „ausreicht“. Vielleicht spielt das Bedürfnis, zumindest einmal im Jahr etwas Religiöses zu tun, eine Rolle. Aber warum dann ausgerechnet eine Bußandacht? Es scheint ein Widerspruch: Einerseits lehnen sie die Beichte ab, andererseits suchen sie aber diese Form von Gottesdienst, die so eng mit Reue und Umkehr verbunden ist.
Ich frage mich, warum so viele Menschen nicht wissen, dass eine Bußandacht keine Lossprechung beinhaltet. Liegt es daran, dass in den letzten Jahrzehnten die Beichte in vielen Gemeinden in den Hintergrund gerückt ist? Vielleicht fehlt es einfach an einer klaren Kommunikation. Oft wird in den Andachten nicht darauf hingewiesen, dass sie nur eine Vorbereitung auf die Beichte sein sollen. Stattdessen könnte der allgemeine Segen am Ende leicht den Eindruck vermitteln, dass hier alles „erledigt“ ist.
Die große Frage für mich ist: Sollte man solche Missverständnisse direkt ansprechen? Einerseits finde ich es wichtig, solche falschen Vorstellungen zu klären. Andererseits frage ich mich, ob das nicht genau die Menschen abschreckt, die ohnehin selten den Weg in die Kirche finden. Gerade bei jemandem, der sich in einer Bußandacht vielleicht zum ersten Mal im Jahr mit seinem Glauben auseinandersetzt, will ich nicht den Eindruck erwecken, dass ich belehrend bin.
Vielleicht wäre es eine Möglichkeit, während der Bußandachten selbst mehr darüber zu sprechen, was sie bedeuten und was nicht. Ein kurzes Statement des Priesters könnte Missverständnisse ausräumen, ohne dass Einzelne sich angesprochen fühlen müssten.
Für mich bleibt es ein Rätsel, warum manche Menschen, die sonst keinen Bezug zu ihrem Glauben zeigen, ausgerechnet in Bußandachten einen Ersatz für die Beichte suchen. Ich empfinde das nicht nur als Missverständnis, sondern auch als Verdrängung der eigentlichen Bedeutung des Sakraments. Trotzdem frage ich mich, ob es richtig ist, darüber zu urteilen. Vielleicht ist diese eine Stunde für sie tatsächlich ein Schritt in die richtige Richtung – auch wenn es für mich schwer nachzuvollziehen ist.
Wie seht ihr das? Sollte man solche Missverständnisse ansprechen? Oder sollte man die Menschen einfach ihren eigenen Weg gehen lassen? Und warum haben Bußandachten für manche einen solchen Stellenwert, obwohl sie sonst keinen Bezug zum Glauben zeigen?
Handelt es sich denn wirklich um ein Missverständnis? Denn der Codex iuris canonici von 1983 empfiehlt zwar, dass Katholiken auch lässliche Sünden beichten, unerlässlich ist die Beichte, wirklich erforderlich ist die Beichte aber nur bei Todsünden.
Gleichzeitig gewährt der Bußgottesdienst den Teilnehmern die Befreiung von leichten Sünden. Es ist also tatsächlich nicht erforderlich zu beichten, wenn keine schweren Sünden begangen worden sind. Und ob die Menschen, die auf die Beichte verzichten, Todsünden beichten und bereuen können, das kannst du doch gar nicht beurteilen, oder?
Außerdem finde ich es total verständlich, wenn in vielen Gemeinden die Beichte extrem unbeliebt ist. Wenn verschiedene Geistliche zu den unterschiedlichsten Zeiten anwesend sind und man keinen vertrauten Ansprechpartner hat, dann ist die Hemmschwelle eben groß. Und viele fühlen sich dann nicht angenommen und willkommen.
Schon bei den ersten drei Geboten begehe ich als praktizierende Katholikin regelmäßig Todsünden. Die Pflicht zur sonntäglichen und hochfestlichen Teilnahme an der Heiligen Messe ist ebenso im Codex iuris canonici von 1983 geregelt. Der Katechismus KKK 2181 sagt eindeutig:
Die Sonntagsmesse und die Messe an gebotenen Feiertagen mitzufeiern ist ein Gebot der Kirche. Wer dieses Gebot ohne wichtigen Grund nicht erfüllt, begeht eine schwere Sünde.
Ich wage zu behaupten, dass all die weihnachtlichen Kommunikanten, die man ansonsten nur zu familiären Feierlichkeiten wie Erstkommunion, Firmung, Hochzeiten oder Taufen in der Kirche sieht, nicht allsonntäglich einen wichtigen Grund haben, der Heiligen Messe fernzubleiben. Ohne vorherige Beichte vor dem Empfang der Heiligen Kommunion, kommt schon dadurch die nächste schwere Sünde dazu.
Mag sein, dass das Missverständnis schon darin liegt, dass das manchen Statistik-Katholiken nicht mehr bewusst ist. Allerdings habe ich dabei noch mehr Schwierigkeiten dies anzusprechen.
So manchen würden es eher helfen, wenn zu unterschiedlichen Zeiten verschiedene Geistliche für seelsorgliche Anliegen zur Verfügung stehen und Beichtmöglichkeiten angeboten werden. Es gibt jedoch Orte, in denen es ein paar feste Termine jährlich gibt, meistens in den Fastenzeiten und dies nur bei einem Priester.
Ansonsten soll man Termine vereinbaren, was für viele eine höhere Hemmschwelle darstellt. Ich fuhr deshalb nach meiner Konversion oft längere Strecken zu Kirchen/Dome, weil dort noch Beichtstühle genutzt werden, ich kein sonderbares Novum bin, sondern mehrere Menschen beichten gehen und ich mich vorab informieren konnte, wer dort Beichte hört.
Der Zweck einer Beichte soll ja sein, von seinen Sünden losgesprochen zu werden. Am Ende steht doch immer die Absolution mit einer Buße, die auferlegt wird. Meistens in Form von 10 Vaterunsern und 20 Gegrüßet seist Du Maria.
Und wenn die Gewissensbisse nach begangenem Mord dann einen doch zu sehr plagen, meint man, man könne sich in der Beichte einem Geistlichen anvertrauen. Dieser unterliegt ja dem Beichtgeheimnis.
Diese Institution "Beichte" finde ich genauso obskur und fadenscheinig wie die Fahrt nach Mekka für Moslems. Möglichst im Leben sich wie ein Schuft verhalten, dann, wenn sie Zeit kommt, wo man sich über sein Seelenheil mehr Gedanken macht, dann alles an Missetaten vergeben zu bekommen, um beruhigt in den Himmel auffahren zu können, wenn sein Stündlein vorhanden ist. Schöner Kuhhandel.
Schon Luther prangerte den Ablass an. Am Ende seiner 99 Thesen an der Wittenberger Schlosskirche stand da auch folglich "Tuet Buße". Man kann sich keinen gnädigen Gott erkaufen und erheischen, meinte Luther. Es ist eben Gnade, darauf hat man keinen Einfluss.
Trisa, du solltest schon lesen, was ich schreibe. Denn solche schweren Sünden zu begehen, ist an sich kein Grund zur Beichte. Ich schrieb, ob du weißt, dass diese Menschen Todsünden beichten und bereuen können. Denn gerade die von dir kritisierten "Statistik-Katholiken haben doch gar nichts zu beichten.
Schließlich setzt die Beichte nicht nur eine mehr oder weniger Schwere Sünde voraus. Dazu muss in der Gewissenserforschung eben auch Einsicht, Reue und der Wille zur Besserung zu Tage treten. Erst dann ist der Weg in den Beichtstuhl angemessen, denn ohne diese Voraussetzungen ist die Absolution nicht vorgesehen.
Beichten und Beten als Buße reicht ohne Reue und Besserungsabsicht nicht aus. Und wenn ich gar nicht vorhabe, das Gotteshaus öfter als Weihnachten und Ostern zu betreten, dann brauche ich nicht zu beichten. Denn erlassen wird dann da gar nichts und der Weg zur Kommunion ist auch nicht freier als vorher.
@cooper75: Störte dich der Begriff "Statistik-Katholiken"? Was passt besser? Nicht praktizierend? Inaktiv? Das soll keine Kritik sein, sondern lediglich der Versuch zu verstehen. Es fällt mir schwer. Mir ist bewusst, dass es Weihnachten und Ostern noch mehr Menschen in die Kirchen zieht als an Hochfesten oder gar im Alltag. Doch warum gehen einige von ihnen zur Bußandacht, wenn sie sich, sofern ich dich richtig verstanden habe, gar nicht mit ihren Sünden befassen wollen?
@Georgen_: Ich bin neugierig, woher dein Eindruck stammt und/oder deine Erfahrung stammt, dass es nur um Lossprechung geht und auch dass die Buße oft zehn Vaterunser und zwanzig Ave Maria beinhaltet? Ich frage mich, sowohl aus welcher Region als auch aus welcher Zeit dies stammte.
So wie du es beschreibst, bin ich vollkommen bei dir, dass es fadenscheinig und obskur ist. Mir ging es in der Beichte nie vordergründig um die Lossprechung, sondern um die Versöhnung mit Gott, um Weg Begleitung, um Klärung von Gewissenskonflikten und gewissermaßen auch um das Aussprechen der Verfehlungen, was vorher in meinem atheistischen Alltag nicht vorkam.
Seitdem ich gläubig bin, habe ich mich allerdings nie absichtlich wie ein Schuft verhalten. Und zur Lossprechung braucht es nicht nur den Willen zur Besserung, sondern man muss auch die Konsequenzen seiner Taten tragen und sich im Falle eines Mordes der staatlichen Strafverfolgung aussetzen.
Gnade und Erbarmen kann man sich nicht erkaufen, da stimme ich dir zu. Aber sowohl im Strafrecht als auch vor Gott und in allen anderen Lebensreichen kann man um Gnade und Barmherzigkeit bitten. Das setzt Einsicht und Reue voraus und insofern finde ich, dass Täter durchaus einen Einfluss darauf haben. Sowohl innerhalb des eigenen kleinen Kreises als auch mit Blick auf die aktuellen Begnadigungen durch Joe Biden, wird die Barmherzigkeit Menschen zu teil, die sie sich nicht erkaufen können, aber durch Sozialisierung und Integration zurück in die Gesellschaft durchaus etwas dafür getan haben.
Den Begriff "Statistik-Katholiken" könnte man auf meinen Vater mit Fug und Recht anwenden. Und so ging es damals wohl unzähligen jungen Paaren, die einen Trauschein vorweisen mussten, um überhaupt eine Wohnung mieten zu können, da ja noch der Kuppeleiparagrap existierte.
Zu seiner Zeit waren sogenannte "Mischehen" verboten. Gerade in einem Bundesland mit vorwiegend katholischer Bevölkerung reichte zur Reputation eine standesamtliche Trauung, damals noch mit "Ariernachweis" keineswegs aus. Also musste jemand, der einen "konfessionsverschiedenen" Partner heiraten wollte, zum jeweils anderen Glauben konvertieren. Und damals gab es einen regelrechten Krieg zwischen den Konfessionen. Das ging mit Hetztiraden in der Schule los und reichte bis zu territorialen Ansprüchen. So hätten, einer Geschichte zufolge die "Evangelischen" in einer Nacht-und-Nebelaktion das Bahnhofsstationsschild einfach über pinselt, und damit den Ort zu ihrem Wohnort mit vorwiegend evangelischer Diaspora zugeschlagen.
Mein Vater trat dann auch über und wurde Katholik im Schnellverfahren. Ein paar Bibelstunden bei Hochwürden reichten offenbar damals. Und jetzt kommt eine überraschende Wendung: Nach Ableben seiner Ehefrau konvertierte er wieder zurück zum evangelisch-lutherischen Glauben. Ziemlich opportunistisch möchte man meinen. Man wechselt doch seinen Glauben nicht wie ein T-Shirt?
"Christ, you know it ain't easy", sangen schon die Beatles. Vor allem, wenn die Oberministranten mobben, ihren Frust über das nicht bestandene Abitur an den jüngeren Ministranten auslassen. Man hat es eben mit Menschen zu tun. Auch bei Katholiken. Und da nützt auch keine Beichte, wenn die anderen das Problem sind, und dann auch noch verfilzt in einer klerikalen Hierarchie.
Es wurde einmal der Begriff ekklesiogene Neurose geprägt. Durch das Vorschreiben von im vierwöchigen Turnus zu erfolgen habender Beichte und der Bestimmung der Sündhaftigkeit des Menschen wird dieser Geisteshaltung auch noch Vorschub geleistet. Und nach der Erstkommunion ging es erst recht los.
@Georgen_: Du verwirrst mich. Der Kuppeleiparagraf war doch eine strafrechtliche Angelegenheit- und kein Kirchengesetz. Und auch die Ariernachweise waren Verpflichtung des Staates, bzw. des NS-Regimes, unter dem auch Gläubige stark gelitten haben.
Ansonsten zeigt dein Beitrag die Sündigkeit der Menschen. Gerade dort, wo (junge) Menschen unter den Regeln gelitten haben, hätten sie doch besser zusammen halten sollen, anstatt gegeneinander zu hetzen. Und irgendwie ist es eigenartig sich dann gerade eine Partnerin aus der "verhassten" Konfession zu suchen. Das muss doch dann wesentlich mehr Schwierigkeiten in der Familie und der Nachbarschaft, der Kirchengemeinde und dem mobbenden Freundeskreis gegeben haben, oder?
Interessant finde ich, dass sich dein Vater dann der Religion deiner Mutter unterworfen hat- soweit ich weiß war der Feminismus damals doch noch kein Thema. Vor allem wenn er offenbar innerlich Luther nie abgeschworen hat, stelle ich es mir schwierig vor Jahrzehntelang seinen Glauben nicht zu leben und nicht mit der Partnerin teilen zu können.
Es geht noch schlimmer. Habe ein Dokument im Nachlass meines Vaters gefunden, aus dem hervorgeht, dass "der Ehe der Eheleute x y widersprochen wird". Ein offizielles Dokument des "Rasse und Siedlungsamtes in Berlin". Da mein Vater zu dem Zeitpunkt so oder so bereits zur Ostfront als einfacher Soldat abkommandiert worden war, ignorierte er diese Anordnung und traf alle Vorbereitungen zur Hochzeit.
Meine Schwester ist im letzten Kriegsjahr im Lazarett neben verwundeten Soldaten geboren worden. Es schaudert mich, wenn die Erinnerungen hochkommen. Mein Vater hätte nie geglaubt, dass so etwas wie Krieg in der Ukraine in der Welt wieder vorkommen könnte. Gott sei Dank ist er gestorben, bevor es das wieder miterleben musste. Ob sich Herr Putin überhaupt ansatzweise vorstellen kann, was er da anstellt. So gewissenlos kann doch eigentlich kein Mensch sein.
Nach dem Kriege war es einfach ein Muss, den richtigen Glauben zu haben. Daher konvertierte mein Vater dann zum Katholizismus. Im Dorf, wo wir früher lebten, war es sehr wichtig, die geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze zu beachten, um nicht wie die "Aushäusler" als Aussätzige ausgestoßen zu werden, was sich zum Beispiel äußerte in Nichtbedientwerden im Konsum und so weiter.
Damals war das neu geschaffene Grundgesetz offenbar noch nicht in allen Köpfen angekommen. Nicht nur der abgeschaffte Adel bestand noch auf Sonderrechte, nein, es gab Nachfahren von bestimmten Fürstenhäusern, die nicht dieselben Rechte wie die übrige Bevölkerung hatten. Die "Aushäusler" durften nicht im inneren Bereiche des Dorfes wohnen, wurden gemieden und jeder Kontakt mit der übrigen Bevölkerung war strikt verpönt. Nein, es waren nicht die Juden, sondern eine andere verfemte Gruppe.
Ein aus einem anderen Bereich Deutschlands Zugezogener wollte sich nicht der Gefahr aussetzen, wie ein "Aushäusler" behandelt zu werden. Auch, und vor allem aus diesem Grunde konvertierte wohl mein Vater. Tatsächlich war er dann auch in der Gemeinde aktiv.
Und wir Kinder wurden auch nach den Normen der katholischen Lehre erzogen. Tatsächlich gab es noch die Trennung nach katholischer Grundschule und Gemeinschaftsschule. Von Koedukation erst gar nicht zu reden. Dieses Abschweifen vom eigentlichen Thema halte ich für nötig, weil sich Dinge eben im Laufe der Zeit mehr oder weniger schleichend geändert haben, und eine Beurteilung nach heutigen Kriterien vielleicht zu falschen Schlussfolgerungen führen könnte.
Heute gehört Kirchenbashing fast schon zum guten Ton. Hatte zum Beispiel Arbeitskollegen, denen fielen zum Thema Kirche nur die Missbrauchsfälle ein. Natürlich ist nach wie vor die Christenschar groß. Die Orientierung, die Ausrichtung der Weltanschauung kann durch Diffamierung von Seiten bestimmter Kreise nicht ernsthaft erschüttert werden. Zumindest individuell nicht. Was jemand glaubt, wie er sich im praktischen Leben danach hält, ist seine Sache. Wenn jemand nicht glaubt, sich von der Kirche abkehrt, kann er das auch machen. Nur, was füllt dann das entstandene Vakuum aus?
Im Kern ist unsere Gesetzgebung nach christlichen Gesichtspunkten ausgerichtet. So überwiegt im Strafrecht zum Beispiel die Rehabilitation des Täters und nicht, wie im amerikanischen Recht praktiziert, die Genugtuung und die Befriedigung der Gefühle der "Plaintiffs". Und ich bin mir ziemlich sicher, dass die Mehrheit der Bevölkerung mehr oder weniger christlich orientiert ist, nur nicht alle Kirchengebote strikt verfolgt.
Unterschiedlich sieht das zum Beispiel schon bei Andersgläubigen aus, die aus ihrem heimatländischen Kontext mehr oder weniger freiwillig herausgerissen sind. Stillschweigend wird unterstellt, dass sie die Normen der christlichen Lehre nicht oder noch nicht in dem Maße wie wir selbst verinnerlicht haben dürften. Vielleicht ist das einer der Gründe für sogenannte "Ausländerfeindlichkeit", könnte man meinen. Aber das ist wieder ein anderes Thema.
Insgesamt, und damit sind wir wieder beim Thema, halte ich Bußandachten doch für eine praktikable Idee, denn "echte" Beichten sind auch für den Geistlichen mit nicht unerheblicher mentaler Anstrengung verbunden, die nicht ständig angeboten werden kann. In einer Beichte, die nicht nur, wie oben von mir erwähnt, zur Routine geworden ist, um die lieben Schulkinderchen ein wenig besser disziplinieren zu können, kann zu Lebens-Problemen eine Lösung erzielt werden. Früher gab es mal einen Spruch: "Heute geht jeder lieber zum Psychologen und nimmt damit dem Pastor die Arbeit weg".
Verständlich, dass dich das schockte. Dieses amtliche Dokument, das du gefunden hast, hat allerdings doch nichts mit der Kirche zu tun gehabt? Und als Grund der Konversion vermute ich, dass dein Vater mit der Ehe den Wohnort wechseln wollte in den katholischen Ort deiner Frau? Denn wenn er evangelisch/lutherisch getauft wurde und im lutherischen Haushalt aufwuchs, vermute ich, dass die Umgebung entsprechend geprägt war?
Was die christliche Prägung unserer aktuellen Bevölkerung angeht, so fällt es mir schwer deinen Eindruck zu teilen. Weltweit haben sich Gesellschaften so entwickelt, dass es Konsens ist, dass wir niemanden schaden sollen, nicht belogen, betrogen und bestohlen werden wollen und die Mehrheit sieht es so, dass man andere so behandeln soll, wie man selbst behandelt werden will. Durchaus viele christliche Werte, jedoch sehe ich da keineswegs eine Exklusivität. Und den Umgang mit Verfehlungen anderer sehe ich nicht christlich.
Auch sehe ich Ausländerfeindlichkeit und jegliche andere Feindlichkeiten, sei es bezogen auf Behinderte, Kranke, Senioren, Kinder, Lebensweisen, Berufe oder Einkommen, nicht als christlich. Die Gründe sehe ich oftmals eher in vorverurteilender Ablehnung, anstatt auf Gemeinsamkeiten zu blicken. Zumal sich die Grundbedürfnisse der Menschen nicht voneinander unterscheiden. Was die Glaubensausübung betrifft, so fühle ich mich oftmals praktizierenden Gläubigen anderer Religion näher, der Austausch ist wohlwollender und das Interesse wie auch das Verständnis größer.
Deinen zum Abschluss genannten Spruch gibt es auch heute noch in ähnlichen Formen. Die Arbeit wird den Priestern nicht weggenommen, sondern idealerweise kann beides zusammenwirken. Mit der Abkehr von der Beichte und den zunehmenden Therapien wurde unsere Gesellschaft bisher jedoch keineswegs gesünder.
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