Essen wegwerfen und im Anschluss etwas anderes essen?

vom 20.02.2022, 20:15 Uhr

In letzter Zeit war ich wieder öfters bei einem Freund zu Besuch und dort ist mir eine Eigenart von ihm aufgefallen, die mich sehr stark verwundert und die ich selber als sehr unpassend empfinde. So ist es beispielsweise so, dass er oftmals mehrere Gerichte nacheinander zubereitet.

Letztens haben wir beispielsweise gemeinsam Lasagne zubereitet, die haben wir dann gegessen. Nach ungefähr einem Drittel seiner (zuvor von ihm ausgewählten) Portion, hatte er dann keinen Hunger mehr. Dabei habe ich mir noch nichts weiter gedacht, denn es kann immer mal passieren, dass das Auge größer ist, als der Magen. Kurze Zeit später ist er dann zum Kühlschrank und hat sich eine Portion Nudelsalat genommen und nach ein paar Bissen auch diese wieder weggeworfen, um sich im Anschluss dann eine Pizza aufzubacken, die er natürlich auch nicht aufgegessen hat. Es folgten noch ein paar Snacks und die Reste wurden nicht aufgehoben, sie landeten immer im Müll.

Ich habe ihn natürlich auch darauf angesprochen und sein einziger Kommentar war, dass er es immer so macht. Ich muss zugeben, dass mich die Situation irgendwann nur noch schockiert hat, da so viele gute Lebensmittel im Müll gelandet sind. Da ich die Lebensmittel auch eingekauft habe, hat es mich auch etwas geärgert, dass ich das Geld "für die Tonne" investiert habe, denn ursprünglich wollten wir zwei Wochen Urlaub bei ihm machen. Natürlich kann man mehrere kleinere Portionen essen, aber ich verstehe nicht ganz, wieso man sich dann nicht von Anfang an lieber weniger nimmt. Auch weitere Gesprächsversuche (denn das ging mehrere Tage so), haben leider keine Lösung gebracht, sodass mein Verständnis dafür nach wie vor eher gering ist.

Habt ihr das auch schon einmal erlebt oder macht ihr es vielleicht sogar selber? Falls ihr schon einmal in einer solchen Situation wart, wie seid ihr damit umgegangen? Wenn ihr selbst so seid, welchen Hintergrund hat das Ganze? Wurdet ihr schon einmal mit dieser Angewohnheit konfrontiert oder war das bisher immer für alle anderen Menschen in Ordnung?

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich würde durchdrehen. Mal ganz ehrlich, wer hat diesen Menschen denn erzogen? Das ist so dermaßen schlimmes Verhalten, dass ich mit so einer Person wirklich nicht befreundet sein könnte. Bei uns wird aufgegessen und natürlich kann es mal sein, dass die Augen größer waren als der tatsächliche Hunger, aber dann isst man das eben trotzdem auf und gut ist. Gerade wenn jemand noch Essen mitbringt oder Zutaten mitbringt finde ich es extrem respektlos dieses dann wegzuwerfen.

Ich denke mit Essen muss man achtsam umgehen. Es gibt leider auch arme Menschen, Menschen die kaum Essen haben und deswegen finde ich es respektlos das einfach wegzuwerfen. Da würde ich auch nicht ewig diskutieren, wer das nicht versteht, der wird das auch nie verstehen und da ist ein Gespräch absolute Zeitverschwendung.

Benutzeravatar

» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Um wohl kaum ein Alltagsbedürfnis ranken sich so viele Marotten und "Moden", wie es meine Oma nannte, wie ums Essen. Wenn es nur darum ginge, den Hunger zu stillen, wäre es wohl zu einfach.

Ich selber bin auch mit mahnenden Worten von den "hungernden Kindern in Afrika" großgeworden und habe jahrelang eher zu viel gegessen als etwas übrig zu lassen. Futter war bei mir daheim gleichbedeutend mit Liebe und Fürsorge, was natürlich auch nicht ganz optimal war und dicke Kinder erzeugt. Aus dieser Erfahrung heraus bemühe ich mich heute auch, möglichst wenig Lebensmittel wegzuschmeißen, meistens indem ich nur so viel koche, dass keine Reste bleiben, die dann keiner mehr mag.

Aber ich sehe es auch nicht als Katastrophe an, wenn ich mich mal verschätze und einen Rest entsorgen muss. Die "Kinder in Afrika" werden meinen überlagerten Nudelsalat auch nicht wollen, und mir selber ist auch nicht gedient, wenn ich trotz moderatem Übergewicht Essen in mich hineinstopfe, nur damit es nicht umkommt. Das ist genauso Verschwendung.

Nicht jeder Mensch hat jedoch die "Kinder in Afrika"- und "Nach dem Krieg wären wir froh darum gewesen"-Erziehung mitbekommen und so andere Essgewohnheiten entwickelt. Von daher finde ich es auch nicht angemessen, Leuten gleich bösen Willen oder irgendeine Störung zu unterstellen, wenn sie Essen eben als etwas ansehen, von dem immer genügend da ist und das man sich nach Belieben in den Mund stopfen kann.

Objektiv gesehen nützt der Rest Lasagne auf dem Teller auch niemandem etwas und es ist eine reine Einstellungssache, wie man damit umgeht. Ich selber wäre wohl auch irritiert, weil ich, wie gesagt, mit festen Essenzeiten, Portionsgrößen und ohne "Rumgefresse" (Danke, Oma) zwischen den Mahlzeiten großgeworden bin, aber andere Leute kennen es eben anders. Ich würde wohl einfach nicht mehr so oft zum Essen vorbeikommen.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



So ein Essverhalten ist schon extrem und in meinen Augen etwas unglaubwürdig, dass dein Freund das oft so macht. Natürlich sollte man irgendwann einmal ein Gefühl dafür entwickeln, was und wie viel man sich auf den Teller lädt. Besonders am Buffet sieht man sehr oft, dass manche Leute das überhaupt nicht abschätzen können. Mir ist aber auch schon passiert, dass ich sehr großen Appetit zum Beispiel auf Rote Bete hatte und mir am Buffet so viel holte, dass ich das nach der Hälfte über habe. Das zwinge ich mir dann nicht in den Körper und hole mir durchaus danach etwas anderes.

Ich halte überhaupt nichts von dem Spruch: "Was auf dem Teller ist, wird auch gegessen." Davon wird kein Kind in Afrika vor dem Hungertod gerettet. Wenn ich beim Griechen mal wieder vor einem überladenen Grillteller sitze, dann frage ich mir, wenn ich übersättigt bin, ob es besser ist, mir das Essen in den Magen zu stopfen oder in den Müll werfen zu lassen, und entscheide mich für den Müll. Manchmal lohnt es sich vielleicht, sich das einpacken zu lassen und mit nach Hause zu nehmen. Aber dann muss man sich ökologisches und soziales Vorbild auch fragen, was wohl von der Gesamtbilanz wegen Umwelt, Hungernöten in der Welt und was man sonst noch in der heutigen Zeit bedenken muss, besser ist, wegwerfen oder das Essen in Alu oder Plastik zu verpacken.

Gerade Kinder verlieren das natürliche Gefühl für Sättigung, wenn sie immer alles aufessen müssen. Ich saß als Kind oft gefühlt stundenlang heulend vor Kartoffeln, Wirsing und Bratwurst und konnte es einfach nicht über mich bringen, das hinunterzuschlucken. Das gleiche Theater mit Milch, irgendetwas mit Fleisch und eigentlich fast allem Essbaren, bis meine Mutter dann ein Erbarmen hatte und mich gehen ließ. Natürlich sollte man Kindern beibringen, sich nur so viel auf den Teller zu laden, wie sie voraussichtlich essen können, aber ich würde sie nie zwingen, den Teller leer zu essen. Es gibt für mich keine nachvollziehbaren Gründe dafür.

Auch mit dem Spruch: "Mit Essen spielt man nicht." kann ich gar nichts anfangen. Es gibt so viele schöne Geburtstagsspiele für Kinder, wie etwa Wurstschnappen, Schokoladeschneiden mit Handschuhen, Mützen und Schal oder Schaumkussfüttern. Auch Erwachsene spielen mit Essen, indem sie es zum Beispiel mit Petersilie oder Blüten verzieren, die die meisten Leute nicht mitessen. Und warum sollte man auf einer Obstbaumwiese keinen Apfelweitwurf machen?

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich bin absolut gegen Lebensmittelverschwendung und würde so ein Verhalten, wie es hier beschrieben wird, nie an den Tag legen. Mir tut es ja schon in der Seele weh, wenn ich beim Essen im Restaurant etwas zurücklassen muss, weil es mir vielleicht wirklich nicht schmeckt oder ich es beim besten Willen nicht mehr schaffe.

Da käme ich doch nie auf die Idee, einfach gute und noch essbare Speisen wegzuwerfen, weil mir spontan doch eher nach etwas anderem ist. Lieber würde ich mir kleinere Portionen nehmen und dann eben nochmal eine andere Leckerei hinterher genießen. So mache ich es beispielsweise auch bei All-You-Can-Eat-Buffets und tue mir viel lieber mikroskopische Mengen von allem durcheinander auf, als einen gehäuften Teller mit nur einem Gericht vollzuladen.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge


Schade, dass wir den Betroffenen nicht fragen können bzw. dass die Threaderstellerin nicht gefragt hatte, warum er das macht. Ich habe von einem ähnlichen Verhalten schon einmal gehört, wo jemand immer alles mögliche angegessen und weggeworfen hat, um gleich wieder etwas Frisches aufzumachen. In diesem Fall steckte eine Zwangsstörung dahinter und ich könnte mir denken, dass sich hier zumindest etwas ähnliches dahinter verbergen könnte.

Möglicherweise bekommt er nach wenigen Bissen das Gefühl, dass das Essen irgendwie schlecht oder verdorben sei bzw. einen eigenartigen Nebengeschmack aufweist. Dann mag man das natürlich nicht mehr weiteressen und sieht auch keinen Sinn darin, so etwas aufzubewahren. Aber weil man noch Hunger hat und mehr braucht, muss man die nächste Packung aufreißen usw.

Betroffene geben ihre Gedanken nur vor den wenigsten Leuten zu. Ich hörte mal von einem Menschen in meinem Umfeld mit einer ähnlichen Veranlagung, dass er alle möglichen Flaschen und Dosen aufriss und sie sofort verwarf, wenn das Geräusch nicht richtig war, weil das aus seiner Sicht auf eine unzureichende Versiegelung hindeutete.

Sollte das hier der Fall sein, dann nützt es doch gar nichts, sich darüber aufzuregen. Irgendwie glaube ich nicht, dass jemand aus freien Stücken so spleenig und verwöhnt ist, dass er gefühlt 70 Prozent seiner Lebensmittel umgehend in den Müll gibt.

» Verbena » Beiträge: 4955 » Talkpoints: 0,23 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Ich oute mich mal, dass in meiner Familie auch viel weggeworfen wurde. Allerdings weniger vom Teller, als durch zu lange Lagerung, zu viel Eingekauftes, überschrittenes MHD, falsche Zubereitung, zu viel Gekochtes, etc. Zugleich wurde ab meiner Teenagerzeit manchmal erwartet, dass ich das, was ich haben wollte, esse, auch wenn es mir nicht schmeckte oder viel zu viel war. Vor allem bei vegetarischen Convenience war das ein großes Thema, da man auch nicht akzeptieren wollte, dass ich kein Fleisch mehr aß. Und es gibt gewisse Kinderkur-Traumata, was das Essen betrifft.

So etwas führt zu ungesunden Einstellungen zum Essen. Gepaart mit fehlenden Kochkenntnissen war das kein guter Start ins Erwachsenen Leben. Bei mir ist es heute noch manchmal ambivalent. Es fällt vor allem auswärts schwer, etwas übrig zu lassen, vor allem wenn bei Gruppen alle anderen aufessen. An manche Lebensmittel habe ich mich lange nicht herangetraut. Dann war für mich klar, dass ich mich da nicht unter Druck setze, sondern probiere und als alleinstehende mich auch nicht von Packungsgrößen quälen lassen will, sondern die Sachen weggebe soweit möglich oder auch entsorge.

Im Eingangs Posting verstehe ich die Situation jedoch nicht so recht. Wunschkonzert wollte offensichtlich mit anderen (es wurde geschrieben "wir wollten") zwei Wochen bei ihm Urlaub machen, ist dann aber früher abgereist aufgrund der Situation? Ich kenne durchaus Pensionen, AirBnBs, Hostels, Gästewohnungen etc. wo man sich auch selbst etwas zubereiten kann oder gemeinsam mit anderen Urlaubern, Herbergseltern, etc.

Ähnlich ist es auch in Wohngemeinschaft. Jedoch sehe ich bei allem keinen Zwang meinen Aufenthalt vom Essverhalten anderer abhängig zu machen. Ich würde entweder alleine essen, oder bei gemeinsamer Zubereitung sowohl Kosten als auch Portionen teilen. Und wenn von anderen etwas übrig ist, würde ich auch fragen, ob ich es haben kann, wenn klar ist, dass es sonst weggeworfen wird. Bei Sachen, die ich selbst nicht mag, nicht vertragen oder fleischhaltiges kann ich allerdings gut darüber hinwegsehen, wenn andere Essen entsorgen.

Ich fand diese Sprüche "in Afrika verhungern Kinder" schon immer schlimm und verstand schon als Kind nicht, wie weniger Kinder verhungern, wenn ich mich zum Essen zwinge.

Benutzeravatar

» Trisa » Beiträge: 3292 » Talkpoints: 29,30 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^