Wann wurde der 24.12. zu Weihnachten?
Wer sich ein bisschen mit dem Christentum auskennt, weiß sicherlich, dass der Heilige Abend der Vorabend des Weihnachtsfestes ist. Um zu merken, dass der 24.12. kein Feiertag ist, reicht es aus, an diesem Tag vormittags in der Stadt unterwegs zu sein: Es haben alle Geschäfte geöffnet. Vielleicht liegt es daran, dass nachmittags quasi Feiertag ist und aufgrund anstehender Weihnachtsbesuche ging man in unserer säkularisierten Welt dazu über Heiligabend im engsten Kreis im eigenen Haushalt zu feiern. Der Beginn der Weihnachtszeit wird dann oftmals an den beiden Weihnachtsfeiertagen mit den eigenen Eltern (und Verwandten) und der Schwiegerfamilie verbracht.
Ich könnte mir vorstellen, dass solche praktischen Gründe, gepaart mit dem Glaubensverlust unserer Gesellschaft dazu führten, dass in der öffentlichen atheistischen Wahrnehmung Heiligabend bereits Weihnachten ist. Mir scheint, dass es vielen Menschen auch völlig egal ist. In meiner Kindheit war es schon so, dass es quasi ausreichte zu wissen, dass Weihnachten Jesus geboren wurde. Ich kannte als Kind ein paar Lieder, in dem Jesus Christus vorgekommen ist, aber mindestens ebenso viele moderne Songs, in denen es nicht um den Geburtstag von Jesus geht, sondern um Glöckchen, Tannenbäume, Backen, Schnee oder Rentiere.
Heutzutage sehe ich fast überall, dass es ein Familienfest ist. Sowohl in meiner Gegend, also auch in der Region, wo ich aufgewachsen bin, hat sich die Zahl der Kirchenbesucher während der Pandemie mehr als halbiert und das betrifft auch Weihnachten. Doch für die meisten Menschen begann die Entfernung von der Bedeutung des Weihnachtsfestes sicherlich schon viel früher. War für euch immer schon Heiligabend bereits Weihnachten? Oder hat sich dies in eurer Wahrnehmung und ihrem Erleben irgendwann verändert? Wenn ja, wo seht ihr die Gründe dafür?
Da musst du dich bei Martin Luther bedanken. Früher gab es die Geschenke zum Nikolaustag. Das ist beispielsweise in den Niederlanden noch heute so, obwohl dort protestantisch oder calvinistisch sind. Da gibt es Geschenke zu Sinter Klaas und der heilige Abend gehört der Familie ohne Geschenke.
Weil halt in deutschen protestantischen Regionen die Heiligenverehrung und damit der Nikolaustag durch die Reformation entfallen sind, wurden die Geschenke für die Kinder auf Heiligabend verschoben. Das hat sich dann auch in katholischen Regionen durchgesetzt und jetzt gibt es überall zu Nikolaus nur eine Kleinigkeit.
Wie lange das schon ist, zeigt auch das englische Königshaus. Seit siebzehnhundert irgendwas ist das englische Königshaus eigentlich deutsch, die Herrscher gehörten zum Königshaus Hannover. Und bis heute gibt es bei Königs auf der Insel am 24.12.Geschenke. Das englische Volk beschenkt sich dagegen erst am Morgen des 25.
@cooper75: Ich verstehe, dass durch Luthers Einfluss die Geschenke an Weihnachten stärker in den Vordergrund rückten. Allerdings war es doch auch früher sicherlich üblich, dass die Gläubigen erst zur Christmette gingen und es danach Weihnachtsessen und Geschenke gab.
Liturgisch gesehen gehört die Christmette doch bereits zum 25.12. und beginnt auch heutzutage normalerweise erst am später Abend oder gar zu Mitternacht gefeiert. Ich weiß, dass Fasten in lutherischen Kreisen nicht so ernst genommen wird, aber kann mir dennoch nicht vorstellen, dass man quasi vollgefressen zur Kirche geht/ging.
Und sofern die Lutheraner auch erst zur Kirche gehen, so wäre die Familienfeier doch ebenso bereits in den frühen Morgenstunden des 25.12. Ich meine mich auch daran zu erinnern, dass es bei dem evangelischen Pfarrer-Sohn, der in meiner Kindheit meine Klasse besuchte, so gehandhabt wurde. Und auch in meiner Familie war es so, dass wir ohne Christmette (evangelisch war man nur zur Taufe und Konfirmation) auch die Geschenke erst am ersten Weihnachtstag bekamen, da in der Nacht das Christkind kam.
Nö, vor Luther waren keine Weihnachtsgeschenke üblich. Die gab es wie bis heute in den Niederlanden nur am Nikolaustag. Denn schließlich war damals danach Fastenzeit. Und nach der damaligen Tradition begann die Christmette erst um Mitternacht. Da gab es hinterher kein großes Festessen, es kam was nahrhaftes und einfaches auf den Tisch. Schließlich ging die Arbeit am Morgen wieder los. Du siehst das etwas zu verklärt. Das Familienfest gab es damals ebenso wenig wie die bürgerliche Kleinfamilie.
Das Thema ist wirklich spannend, und ich kann die Frage sehr gut nachvollziehen, besonders in einer Zeit, in der der 24. Dezember für viele Menschen fast schon als der „echte“ Weihnachtstag gilt. Es ist interessant zu sehen, wie sich die Wahrnehmung von Heiligabend im Laufe der Zeit verändert hat und wie unterschiedliche Traditionen dabei eine Rolle spielen.
In meiner Zeit, als ich Führungen in einem Benediktinerstift während meiner Studienzeit gemacht habe, lernte ich einiges über die Ursprünge vieler weihnachtlicher Bräuche, die ursprünglich aus alten heidnischen Traditionen stammen. Zum Beispiel wird der Christbaum, wie wir ihn heute kennen, von den Kelten übernommen und im Christentum durch den heiligen Bonifatius etabliert. Er fällte die heiligen Bäume der Kelten und ersetzte diese durch den Tannenbaum, als Symbol für das Leben und das Licht, das durch Christus kam. Das zeigt, wie sich heidnische und christliche Symbole im Laufe der Zeit miteinander verbanden.
Interessant ist auch, dass der 21. Dezember als Yulfest der Kelten ein wichtiger Zeitpunkt im Jahreskreis war, der als der Wendepunkt des Winters gefeiert wurde, an dem das Licht wiederkehrt. Es war ein Fest, das die Rückkehr des Lichts und den Übergang zur helleren Jahreszeit feierte. Genau zu dieser Zeit, rund um die Wintersonnenwende, wurde auch das christliche Fest der Geburt von Christus oder des Christkindes festgelegt, um den Aspekt des „Lichtbringers“ zu betonen. Christus, als das Licht der Welt, wurde symbolisch genau zu dieser Zeit geboren, als die Tage wieder länger wurden.
Es scheint, dass man hier eine geschickte Anpassung vorgenommen hat, um die christliche Bedeutung von Weihnachten leichter in die bestehenden Bräuche zu integrieren. Die Feier des Lichtes, das in der Dunkelheit wiederkehrt, ist tief in vielen Traditionen verankert und wurde nun im christlichen Kontext als die Geburt von Jesus, dem Lichtbringer, gedeutet. So war der 25. Dezember nicht zufällig gewählt, sondern passte perfekt zu der Zeit, an der die Tage wieder länger wurden. Vielleicht war es auch eine bewusste Entscheidung, um die Menschen leichter zu erreichen, die schon die heidnischen Lichtfeste feierten.
Zurück zur Frage, wann der 24. Dezember zu Weihnachten wurde: Ursprünglich war der 25. Dezember der eigentliche Feiertag, an dem die Geburt Jesu gefeiert wurde. Der 24. Dezember, der „Heilige Abend“, war der Vorabend des Festes. Doch über die Zeit (insbesondere ab dem 19. Jahrhundert) nahm die Bedeutung des 24. Dezembers zu, vor allem in einer zunehmend säkularen Gesellschaft. An diesem Tag fanden immer mehr Feierlichkeiten statt, und er wurde zu einem Familienfest, das nicht mehr nur auf religiösem Ursprung beruhte, sondern auch stark durch die festliche Atmosphäre, Geschenke und den gemeinsamen Abend geprägt war. Heute ist der Heilige Abend in vielen Haushalten der zentrale Moment, an dem Weihnachten gefeiert wird.
Die Gründe dafür, dass der 24. Dezember in der Wahrnehmung vieler Menschen zu „Weihnachten“ wurde, sind sicherlich vielfältig. Die zunehmende Kommerzialisierung und auch der Wunsch, das Fest mit der Familie zu feiern, spielen dabei eine Rolle. Heutzutage ist es weniger wichtig, wann genau die Geburt Jesu gefeiert wird, wichtiger ist das es ein Fest der Familie, der Liebe und des Lichts geworden ist, das für viele am 24. Dezember seinen Höhepunkt findet.
Was mich betrifft, hat sich meine Wahrnehmung von Weihnachten auch über die Jahre gewandelt. In meiner Kindheit war der 25. Dezember der eigentliche Weihnachtstag (wir hatten an diesem Tag immer mit den gesamten Verwandten gefeiert), aber mittlerweile feiere ich, wie viele andere, bereits am 24. Dezember im Kreise der Familie, mit einem gemütlichen Abend und festlichen Vorbereitungen für den Tag danach. Ich empfinde den 25.12 mittlerweile als eher stressig und weniger besinnlich als den Heiligen Abend. Somit kann ich den 24.12 einfach mehr genießen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der 24. Dezember im Laufe der Zeit immer mehr als „Weihnachtstag“ wahrgenommen wurde, besonders durch die zunehmende Feier des Heiligen Abends und die Anpassung an bereits bestehende heidnische Lichtfeste. Der 25. Dezember bleibt zwar der traditionelle Weihnachtstag, doch der 24. Dezember ist für viele Menschen heute der zentrale Tag des Festes.
Es ist wirklich spannend zu sehen, wie sich Weihnachten im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat und wie viele alte Traditionen, ob heidnisch oder christlich, in das Fest integriert wurden.
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