Welche Gruppen werden am wenigsten diskriminiert?
Bei den vielen Diskriminierungen, die mancherorts hierzulande zunehmen, frage ich mich, ob es überhaupt Menschen gibt, die noch keinerlei Diskriminierung erlebt haben. Gehört ihr dazu? Wenn ja, könnt ihr beurteilen, welche "Gruppenzugehörigkeiten" dazu führen, dass man euch nicht benachteiligt, nicht angreift und ausschließt?
Früher war es vielleicht der "Otto-Normalverbraucher", den man heutzutage nicht mehr kennt. Außerdem war das Risiko hoch, durch (falsche) Entscheidungen, Krankheiten oder Schicksalsschläge aus dieser Gruppe herauszufallen und damit vielleicht umso mehr Opfer von Diskriminierungen zu werden oder?
Spontan würde ich sagen: die sogenannten Alten Weißen Männer. Sprich, männlich, hetero, mitteleuropäische Optik, deutscher Vor- und Nachname, ausreichend Vermögen, im Idealfall körperlich in gutem Zustand und altersmäßig so um die Fünfzig. Hilfreich ist es nämlich auch, wenn "die Kinder schon aus dem Haus" sind, weil es so nicht zu Streitereien und/oder Benachteiligungen in Sachen Sorgerecht kommen kann. Beruf idealerweise im Handwerk oder vergleichbaren Branchen, und keine gesonderte religiöse Affiliation außer maximal vage "christlich".
Mit diesen Voraussetzungen musst du dich nicht mit "Barrierefreiheit" herumschlagen, wirst bei der Wohnungssuche nicht schon im Vorfeld aussortiert, und kannst dein Privat- und Familienleben ohne sozialen Druck so intensiv oder lax angehen, wie dir der Sinn danach steht. Im Fitnessstudio glotzt dir niemand auf den Arsch und in der Öffentlichkeit Händchen halten ist auch einwandfrei okay.
Trisa hat geschrieben:Gehört ihr dazu?
Ich gehöre nicht dazu, aber meiner Einschätzung nach werden Menschen dann am wenigsten diskriminiert, wenn sie in der Gesellschaft möglichst "mittig" einzuordnen sind: mittleres Alter, gut situiert, heterosexuell, Partnerschaft (idealerweise Ehe), nicht kinderlos, nicht chronisch krank, nicht arbeitslos, nicht zu klein und nicht zu groß, optisch unauffällig, als Einheimischer wahrgenommen (also kein Migrationshintergrund).
Was mir im Laufe meines Berufslebens auffiel, dass ein Generationenkonflikt nach wie vor vorhanden ist. Man könnte auch mehrere Konfliktfelder auffächern und grob zusammenfassen. Als da wären, Alt gegen Jung, Arm gegen Reich, Einheimische gegen Ausländer, Festangestellte gegen Arbeitslose, Arbeitende gegen Rentner.
In vielen Firmen wurde die Problemstellung erkannt und ein sogenannter Code of Conduct eingeführt, der unter anderem die Differenzen innerhalb einer Belegschaft, die im Extremfalle zur "Diskriminierung" führen können, durch ein Regelwerk der Verhaltensweisen ausgleichen soll. Größere renommierte Unternehmen besitzen in der Personalabteilung sogar ein "anonymes Telefon", das von Mitarbeitern bei Verstößen angerufen werden kann, ohne dass sie direkte Konsequenzen zu befürchten haben, wenn sie einen Kollegen melden, vermeintlich "anschwärzen" wollen.
Hier gleich von Diskriminierung zu reden, wäre meines Erachtens zu hoch gegriffen. Aber verwenden wir den Begriff einmal trotzdem. Dann würde ich sagen, es gab jüngere Kollegen, die ließen keine Gelegenheit aus, mir am Zeuge zu flicken, da ich schon zu den alteingesessenen Mitarbeitern gehörte, die sogar die 10-Jahres-Zugehörigkeits-Auszeichnung erhalten hatten.
Besonders ein Kollege verbreitete eine derartige Negativstimmung mit seinem ständigen Genörgel über angeblich zu geringes Gehalt, dass dies auch dem Chef aufgefallen ist. Nachdem die große Outsourcing-Welle kam, waren diese Leute die ersten, die die Firma verlassen mussten. Zu recht meine ich. Aber echt diskriminiert gefühlt habe ich mich nicht. Ich dachte immer: Est respice finem. Wer zuletzt lacht, lacht am besten.
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