Sind viele Taufpaten eigentlich ungeeignet?
Trisa hat geschrieben:Taufpatin sein "weil es sich so gehört"? Ist es nicht eher so, dass es sich so "gehört" abgegebene Versprechen einzuhalten? Es irritiert mich, warum man das macht, wenn sowieso allen Beteiligten klar ist, dass man das nicht möchte. Für mich liest sich das eher wie eine Showeinlange- und dafür gibt es doch heutzutage geeignetere Möglichkeiten als eine Kirchengemeinde dafür zu gebrauchen.
Ich sehe es wie so oft ähnlich wie cooper. Hochzeiten, Taufen, ja sogar Beerdigungen waren schon immer auch "Showeinlagen", und sei es nur, weil der versammelten Kirchengemeinde vorgeführt werden konnte, was für ein teures Brautkleid die Bauersleut ihrer Tochter kaufen konnten, oder wie üppig und gesellig das Taufessen oder der Leichenschmaus ausgefallen ist. Und heutzutage ist das Gleichgewicht eben noch mehr Richtung Show und weg vom spirituellen Hintergrund gerutscht als sagen wir, vor ein paar Hundert Jahren.
Und was das "Versprechen" angeht, kann ich nur von mir ausgehen, und da war von Vornherein klar, dass ich mich nicht in die religiöse Erziehung der Eltern einmische. Und der Allmächtige selber scheint meiner Erfahrung nach auf Versprechen aller Art auch nicht viel zu geben.
cooper75 hat geschrieben:@Trisa Warum sollten Taufpaten irgendein Versprechen einhalten, das heutzutage in der Regel von den Eltern gar nicht so vorgesehen ist?
Das ist sicherlich noch ein anderes Thema. Allerdings verstehe ich eine solche Motivation dann noch weniger, denn unsere Gesellschaft hat sich doch dahin entwickelt, sich von solchen Konventionen zu befreien. Ich schrieb glaube ich schonmal, dass es für mich zu atheistischen Zeiten niemals in Frage gekommen wäre, Teil eines solchen Events zu sein- vor allem nicht mit den Wissen, dass es nicht nur um ein Event geht.
Doch selbst ohne das liturgische Versprechen wäre es für mich nicht in Frage kommen. So wie ich mich auch nicht als Trainerin zur Verfügung stellen würde, wenn ich weiß, dass ich dafür weder geeignet bin, noch interessiert daran und es nur um ein paar Bilder und ein Familienfeier außerhalb des Sportevents geht.
Ja, aber das ist eben deine Sicht. Ich sehe das ganz anders. Ich bin zu einer Zeit ungetauft aufgewachsen, zu der ich damit in absolutes Einzelstück war. Um das zu verdeutlichen: In meiner Schule waren alle Schüler evangelisch oder katholisch. Nur ich war konfessionslos mit katholischer Mutter und evangelischem Vater und ein anderer Schüler war neuapostolisch. Mein Vater war verstorben, meine Mutter arbeitete für einen katholischen Träger.
Andere als du hatte ich keine atheistische Zeit, ich habe niemals geglaubt. Ich hätte natürlich den einfachen Weg gehen können und mich taufen lassen. Die Möglichkeit wird mir seit dem Alter für die Kommunion regelmäßig angeboten. Aber ich tue es nicht, eben weil ich den Glauben respektiere. Mitglied in einer Glaubensgemeinschaft zu werden, das wäre für mich Heuchelei.
Aber warum sollte ich alles strikt ablehnen, was mit Kirche zu tun hat? Ich habe einen katholischen Kindergarten besucht, weil es keine Alternativen gab. Ich musste den Religionsunterricht mitmachen, weil es sonst keine Aufsicht gab und Ethik noch nicht angeboten wurden. Meine gesamte Kindheit und Jugend und darüber hinaus haben mich ein Geistlicher und eine Nonne am Arbeitsplatz meiner Mutter begleitet, weil es eben keine Betreuung gab.
Es war unvermeidbar, regelmäßig an Gottesdiensten teilzunehmen oder Gottesdienste zu gestalten. Da hing auch durchaus der Arbeitsplatz meiner Mutter dran. Das ist aber heute nicht anders. Aktuell habe ich regelmäßig Aufträge eines evangelischen Trägers und Gottesdienst und Segnung ist das Pflicht. Das gilt auch für muslimische Mitarbeiter.
Genauso sind viele meiner Freizeitbeschäftigungen mit der Gemeinde verbunden. Es wäre grob unhöflich, sich zur Hubertusmesse auszuklinken, den Kreuzweg nicht vorzubereiten und zu begleiten je so weiter. Wo liegt das Problem? Christen haben mir nichts getan. Und wenn jemand formal die Voraussetzungen für ein Sakrament oder ein Paten Amt erfüllt, steht es mir nicht zu, seinen Glauben zu bewerten. Und das wäre auch so, wenn ich glauben würde. Ich bin nicht Gott, sollte es das geben, ich kann die tiefsten Beweggründe nicht erfassen.
@cooper75: Für mich war es ab dem Teeniealter und der Religionsmündigkeit sehr ähnlich- mir erschien es heuchlerisch dahin zu gehen Ich habe nicht an Gott geglaubt- das bezeichne ich als Atheismus und wollte auch nichts darüber lernen. Ethik und Philosophie gab es an meiner Schule auch noch nicht im Angebot und so wurde ich immer in die Sporthalle gesetzt- damit ich beaufsichtigt war.
Du sprachst Kreuzwege an- ich fuhr zu Beginn meines Glaubensweges teilweise weite Strecken zu Kreuzweggebeten. Dies hinterfragte ich durchaus, denn es gibt auch begleitete oder geleitete Kreuzweggebete, die wesentlich näher waren. Ich hatte auch jene besucht- und mir gewünscht mich dort wohl zu fühlen, anstatt 60 statt 16 Kilometer zu fahren.
Anfangs konnte ich auch nicht mal sagen, was für mich nicht stimmig war. Manche näheren Orte waren eigentlich schöner, es kamen durchaus auch genauso viele Teilnehmerinnen, die musikalische Untermalung gefiel mir nicht weniger als in weiterer Ferne. Es brauchte länger, bis ich für mich erkannte, dass es an jenen Orten, wo es für mich nicht passte, nicht aus dem Glauben getragen wurde.
Ich mache Menschen wie dir deshalb keinen Vorwurf und verstehe auch, dass atheistische Personen nicht alles Christliche ablehnen. Jeder soll gerne am Gottesdienst teilnehmen, kirchliche Einrichtungen besuchen, Gespräche suche in Seelsorge und Beratungsstellen und es ist mir bei der Schuldnerberatung der kirchlichen Organisationen z.B. vollkommen egal, ob der Berater eine Beziehung zu Christus pflegt. Da brauch ich keinerlei geistliche Beratung, will nicht Beten, beim Ausfüllen vom Insolvenzantrag und brauche kein Gotteshaus statt Insolvenzgericht- sondern jemand der sich mit Geldangelegenheiten auskennt, viel Erfahrung in diesem Bereich hat und dabei gerne weiterhilft.
Bei den Sakramenten und auch bei geistlichen Themen, Gruppen und Angeboten hingegen, erwarte ich, dass die Menschen wirklich hinter dem stehen, was sie tun. Meine Taufpaten sind tolle Menschen, ich war als Kind gerne und oft bei ihnen, machte Ausflüge, übernachtete dort, bekam Geschenke und wir haben bis heute Kontakt. Allerdings sehe ich sie rückblickend als völlig ungeeignet im Paten Amt, obwohl sie sicherlich ordnungsgemäß Kirchensteuer zahlten und an den passenden Stellen "Ja und Amen" gesagt haben. Aber eben nur gesagt.
Den Glauben an Jesus Christus konnten sie mir nicht vorleben, weil sie keine praktizierende Christen sind und es auch nie sein wollten. Meine spätere Glaubenssuche sehen sie bisher eher kritisch. Und ich verstehe nicht, warum man sich dann auf sowas einlässt. Wäre ich atheistisch geblieben und suchte Taufpaten für meine Kinder, würden sie vermutlich auch heute dieses Amt übernehmen- und das ist etwas, dass ich nicht verstehe.
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