Warum liturgische Feiern als reines Event nutzen?
Im anderen Thread nach der Frage, um die Eignung von Taufpaten wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass es bei Taufen, wie auch bei anderen christlichen Sakramenten (bzw. den entsprechenden Feiern in der evangelischen Kirche) vielen gar nicht mehr um den Glauben geht, sondern nur um das Event und schöne Fotos.
Ich verstehe die Motivation dahinter nicht, denn Feierlichkeiten können heutzutage doch frei ausgerichtet werden, Locations jeglicher Art stehen zur Verfügung und Fotografen haben oft entsprechende Kontakte. Zudem findet man Angebote und Möglichkeiten schnell online. Vor Jahrzehnten ohne Internet mag es anders gewesen sein und es war schwierig z.B. die Gelben Seiten für andere Regionen zu finden und zudem erhielt man dort allermeist nur die reinen Firmendaten.
Durch das Internet können wir Beispielfotos und -videos sehen, die Locations vorab online ansehen, inkl. Möglichkeiten und Preisen. Und so ist man nicht an die örtliche Kirche gebunden, die oftmals gar nicht mehr so ansprechend für Bilder sind, sondern kann zwischen diversen Veranstaltungsräumen jeglicher Art wählen und dort selbst gestalten, z.B. Schlösser, Festsäle, Natur, Trauerräumen etc.
Warum wählt man als Ungläubiger dennoch weiterhin die christlichen Kirchen und gibt vor allem bei den Sakramenten wie Taufe, Erstkommunion, Firmung, Hochzeit Versprechen ab, die man sowieso nicht einhalten kann, und vor allem auch nicht möchte? Vor allem, wenn man die als wichtiger angesehene Familienfeier im Anschluss an einem anderen Veranstaltungsort abhält?
Ich verstehe durchaus, dass man quasi ein Programm haben möchte. Auch dafür haben wir viel mehr Auswahl, als es sich vergangene Generationen überhaupt vorstellen konnten. Man kann eine Party ganz in weiß, regenbogenbunt, schwarz oder schwarz-gelb veranstalten, Deko und Kleidung ausleihen und das Programm dazu selbst gestalten oder Profis beauftragen. So kann man ein Theaterstück anschauen oder selbst als Darsteller mitmachen, kann Kinder mit Wasser beträufeln, Kutsche fahren, singen, Orgelmusik anhören, sich hinlegen, hinknieen, oder ekstatisch im Kreis tanzen- je nachdem, was man bevorzugt.
Zudem könnten gerade im Hinblick auf Taufen stattdessen eigene Versprechen abgegeben werden, sehr viel ehrlicher als es in der Kirche vorgesehen ist. So könnte jeder sich so einbringen, wie es die Beteiligten möchte und wahlweise an diesem Tag oder regelmäßig Babysitter sein, versprechen monatlich einen festgelegten Euro-Betrag zu spenden oder vereinbaren sich nach dem Event nie wieder zu sehen.
Das mag für manche vielleicht provokant klingen, aber ich möchte wirklich eure Motivation verstehen, sowohl als "Entscheider" für solche Feiern, als auch die Motivation der Mitwirkenden.
Bist du wirklich so fantasielos? Fangen wir mal mit der Taufe an. Erdtens: Das macht man so! Dann nörgelt Tante Luise nicht rum und in Schule und Kindergarten gibt es keine hochgezogenen Augenbrauen. Und vielleicht möchte das Kind ja später mal für einen christlichen Träger arbeiten ... Das geht heute zwar auch konfessionslos oder mit anderen Glauben, Karriere macht man dann nur sehr begrenzt. Und diese (!) Fotos bekommst du mit irgendwelchen freien Versprechen eben nicht, zumal es hier um alles mögliche geht, aber bestimmt nicht um Versprechen.
Kommunion: Nun, da wäre wieder die nörgelnde Tante. Außerdem findet der Unterricht hier in der Grundschule statt und alle wüssten es, wenn das Kind nicht mitmacht. Und, ach die Fotos und Videos natürlich! Ist bei der Firmung dann nicht anders. Außerdem ist es ein Grund zum Feiern, den man kennt. Warum feiern Familien in den neuen Bundesländern immer noch die Jugendweihe?
Und bei der Hochzeit ist es nicht anders. Man will diese Feier und diese Bilder, die man kennt. Das ging selbst unserem Finanzminister mit seiner Angetrauten so. Es musste das volle Programm auf Sylt sein, obwohl beide aus der Kirche ausgetreten sind.
Außerdem finde ich es ziemlich anmaßend von dir, ständig zu behaupten, dass diese Menschen ihre Versprechen von vornherein nicht halten wollen. Das Baby, das getauft wird, verspricht mal rein gar nichts. Und die Eltern entscheiden nun einmal selbst, wie die christliche Erziehung der Brut verlaufen soll. Christliche Eltern wollen glückliche Kinder, die Potenziale entfalten, ihre Persönlichkeit entwickeln und an Gott glauben. Wie die das bewerkstelligen, ist definitiv ihre Sache. Wenn die Paten sich beteiligen sollen, werden die entsprechend wählen, oder?
Ebenso gruselig finde ich übrigens deine Unterstellungen zur Hochzeit? Glaubst du wirklich, die Menschen heiraten in Massen, obwohl sie jetzt schon wissen, dass die Ehe scheitern wird? Was ist das bitte für ein Menschenbild? Das ist mit dem christlichen Glauben nun wirklich nicht zu vereinbaren. Zumal heute die Hochzeiten aus rein wirtschaftlichen Gründen und wegen Schwangerschaft weit weniger verbreitet sind und Paare aus freien Willen Ja zueinander sagen.
Und warum ich an solchen Feiern teilnehme? Ich bin eingeladen. Da ist es höflich zu erscheinen. Außerdem bin ich nun wirklich nicht die Moralpolizei. Es steht mir nun wirklich nicht zu, über die Motivation der Gastgeber zu spekulieren und diese zu bewerten. Selbst wenn es nur um Show und Glanz geht, ist das eine Sache zwischen den Gastgebern und dem Bodenpersonal.
cooper75 hat geschrieben:Außerdem finde ich es ziemlich anmaßend von dir, ständig zu behaupten, dass diese Menschen ihre Versprechen von vornherein nicht halten wollen.
Mir ist nicht ganz klar, wo ich ständig irgendwas behaupte. Ich möchte verstehen. Und kann dabei durchaus sehr gut nachvollziehen, warum Menschen keinen Glauben haben, nichts mit der Kirche zu tun haben wollen, kritisch sind oder Vorurteile haben. Was ich allerdings noch nicht verstehe, ist, warum man sich dennoch für kirchliche Zeremonien entscheidet.
Das liegt vielleicht daran, dass meine Taufe über 40 Jahre her ist, meine Patentanten Angehörige waren, die allerdings selbst mit dem Glauben nichts zu tun haben, sondern mich vielmehr kritisierten, als ich als Erwachsene begann Jesus Christus in mein Leben zu lassen. Es gab auch damals keine nörgelnden Tanten, eher im Gegenteil Angehörige, die nicht zur kirchlichen Zeremonie kamen, sondern erst danach. Auf den wenigen Bildern steht man vor der Kirche mit mir im Taufkleid und dort wurde och offensichtlich einmal "rumgereicht".
Es war im letzten Jahrtausend, als ich mich problemlos vom Religionsunterricht abmeldete, und da zog niemand die Augenbrauen hoch. Heutzutage noch viel weniger. Die katholischen Grundschulen hier haben weitestgehend nicht mal mehr eine katholische Schulleitung, viele Lehrer sind weder auf der Lohnsteuerkarte noch praktizierende Christen und Schülerinnen stammen aus verschiedenen Kulturkreisen. Insofern kenne ich diese "hochgezogenen Brauen" nicht und frage mich ernsthaft und aus Interesse, wo du wann sowas erlebt hast?
Ich verstehe durchaus Jugendweihe, weil man auch ein Fest haben möchte, schöne Fotos machen kann, mit Gleichaltrigen etwas unternimmt, die Feier mitgestalten kann, usw. Diese atheistischen Jugendlichen, die ich kenne, die dies feiern, feiern es nicht, weil man es schon lange kennt, denn sie feiern ebenso Halloween, Vatertag, Internationalen Frauentag, Weltkindertag, St. Patrick's Day, Dia de los Muertos, Pride Month und Valentinstag. Also Feste, die früher nicht so zelebriert wurden.
Und keineswegs unterstelle ich jemanden, dass er von vorneherein plant seine Ehe scheitern zu lassen. Sondern mein Beitrag bezieht sich auf jene Paare, die eine christliche Hochzeit wollen, obwohl sie nicht an Jesus glauben. Zumindest in der katholischen Ehe wird ein Bund mit Gott geschlossen und die Eheleute bejahen ausdrücklich ihre Offenheit für Nachwuchs- obwohl sie diesen eindeutig verhindern und sehr viel dafür tun. Das passt für mich nicht zusammen und so beginnt das Ehesakrament mit Lügen. Natürlich ist das letztendlich das Problem der Beteiligten- ich möchte lediglich verstehen, warum sich immer noch Menschen dafür entscheiden, obwohl es wie du selbst schreibst, heutzutage nicht mehr notwendig ist und sich im säkularen Alltag niemand dafür interessiert, ob Paare verhüten und sich niemand explizit nach der kirchlichen Trauung erkundigt.
Und die Kommunion als Sakrament ist kein Foto-Event und es ist auch allermeist untersagt, zumindest nicht gerne gesehen, dass dabei fotografiert oder gar gefilmt wird. Selbst in Live-Streams zur Pandemiezeiten wurden die Kommunikanten meistens nicht gezeigt.
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