Sich wie ein emotionaler Mülleimer fühlen?
Es gibt ja Menschen, die interessieren sich nicht wirklich für das, was andere sagen, denken oder fühlen. Die werden quasi nur als "Kummerkasten" benutzt und man heult sich bei ihnen regelmäßig aus - zumindest einige Individuen tun das, wenn auch nicht alle. Ich war auch schon mal so ein "emotionaler Mülleimer". Eine Bekannte von mir hat früher nur dann mit mir reden wollen, wenn sie Kummer hatte.
Ich hatte irgendwann das Gefühl als wäre ich eine Therapeutin, ein emotionaler Mülleimer oder so etwas. Aus ihrer Sicht waren wir aber gute Freunde, was ich nie so gesehen habe. Ich habe den Kontakt dann irgendwann reduziert, weil mir das zu viel Asymmetrie war. Wie ist das bei euch? Habt ihr euch schon wie ein emotionaler Mülleimer gefühlt? Oder ist das noch nie vorgekommen? Wie geht ihr mit euren Mitmenschen in so einer Situation um?
Wahrscheinlich haben viele Menschen schon einmal so eine Erfahrung gesammelt. Grundsätzlich möchte man einem traurigen Menschen auch nicht vor den Kopf stoßen und hört dann zu oder lässt sich dann auch eben regelmäßig vollheulen. Früher hatte ich da teilweise ein schlechtes Gewissen gehabt, aber mittlerweile sage ich dann einfach, wenn es nicht geht oder ich selbst nicht so den Kopf frei habe.
Ich finde es aber auch okay, wenn man eben gelegentlich auch mal der emotionale Mülleimer für einen Mensch ist, aber man soll sich nicht ausnutzen lassen und es muss auch in der Freundschaft stimmen. Eine einseitige Freundschaft wäre mir ebenfalls zu unbefriedigend und da würde ich auch den Kontakt reduzieren.
Ich lade von Natur aus nicht gerade dazu ein, dass man sich bei mir das Herz ausschüttet, und habe auch kein Problem damit, Leute abzublocken, wenn es mir zu "gefühlig" wird. Ich bin ein ungehobelter Klotz in dieser Hinsicht und halte es auch für einen Irrglauben, dass gerade Frauen besonders gut dafür geeignet sind, zu trösten und einfühlsam zu sein und die Schulter zum Ausweinen zu geben. Männer kommen nur zu selten in die Verlegenheit und haben deswegen oft weniger Übung.
Ich versuche dabei natürlich zu differenzieren. Enge Freunde und Verwandte dürfen mir auch gerne ihr Herz ausschütten, und wenn wirklich etwas Schlimmes passiert ist, bin ich auch nicht derart kaltschnäuzig, dass ich die Leute im Regen stehen lasse. Aber manche Menschen brauchen einfach ihr Pensum an Drama, fallen wegen jeder Kleinigkeit auseinander, sind Ratschlägen nicht zugänglich und möchten einfach nur Aufmerksamkeit. Und die müssen sie sich bitte woanders beschaffen.
Sozialkontakte finde ich sehr energieraubend und muss sie mir daher gut einteilen. Sonst habe ich am Ende keine Körner mehr für die wichtigen Probleme des Lebens übrig. Und ich glaube, diese Haltung strahle ich auch aus, weswegen sich bei mir kaum jemand seelische Streicheleinheiten abholen möchte.
Ich denke auch, dass diese Erfahrung sicher viele Menschen schon gemacht haben und so ging es mir auch schon. Bei mir ist es dann aber auch so, dass ich das nicht mag, wenn ich nur dann kontaktiert werde, wenn jemand Kummer hat und sonst höre ich nie etwas von dieser Person. Das ist nichts, was ich mir lange antun möchte und darum würde ich dann auch schnell den Kontakt reduzieren, wenn ich so ein Verhalten bei jemandem bemerke.
Ich hatte mich früher teilweise auch so gefühlt. Meine Mutter hat sich extrem oft bei mir ausgeheult, als ich noch bei ihr gewohnt habe. Sie hat sich einfach extrem häufig mit meinem Vater gestritten und wollte mit mir dann immer darüber reden und über meinen Vater lästern und über ihn schimpfen. Jeden Tag ist sie zu mir gerannt und teilweise ging es dann wirklich stundenlang so. Richtige Freunde und andere Verwandte hat meine Mutter nicht gehabt, bei denen sie sich hätte ausheulen können, so dass sie immer zu mir gekommen ist
Ich war gerade zu Anfang ja aber noch ein Kind. Ich finde, dass so etwas schon deshalb nicht angebracht ist. Zudem hat sie sich ja auch ständig wieder mit meinem Vater versöhnt, wobei dann aber alles wieder von vorne losging. Es war sinnlos, zumal sich beide dann immer gegen mich verbündeten, nachdem sie sich vertragen hatten.
So etwas ist natürlich immer blöd, wenn es einseitig ist oder wenn jemand quasi ständig kommt und nicht einmal etwas mit sich selbst ausmachen kann oder sich zumindest therapeutische Hilfe holt, wenn er das nicht schafft. Sicher ist es mal so, dass jemand eine schwere Zeit durchmacht und dann etwas mehr Hilfe braucht, aber auf lange Sicht sollte es einfach ausgewogen sein.
Ich sehe das eigentlich nicht so streng. Meine Mutter hat mich früher immer als emotionalen Mülleimer genutzt, aber das habe ich mir ja nun auch nicht ewig gefallen lassen und wenn Freunde blöde Phasen haben, dann können sie zu mir kommen und mit mir reden, auch gerne mehrmals, immer wieder.
Das mache ich auch gerne, weil es mich wirklich interessiert und da ich es kenne, wenn man sich mal aussprechen möchte. Daher finde ich den Austausch okay und in solchen Phasen fühle ich mich auch nicht ausgenutzt. Mir kann es ja auch mal passieren, dass ich mich mal aussprechen will und dann habe ich Freunde, die mir zuhören.
Ich bin aber auch sonst jemand, mit dem man einfach reden kann, nur dass ich bei anderen Leuten dann schon mal sage, wenn es mir reicht und ich nicht mehr mag. In der Regel kann man aber gut mit mir reden und ich freue mich auch, wenn ich um einen Rat gebeten werde.
Das Phänomen kenne ich von diversen Leuten und ist nichts Neues. Ich finde es traurig, wie einerseits die Gutmütigkeit von Menschen ausgenutzt wird welche immer zuhören, hilfsbereit sind und sich für kein Problem der Anderen zu schade sind, andererseits macht es manche auch ein Stück weit sauer und wütend wenn Menschen ausschließlich ihre Sorgen und Probleme bei der erst genannten Personengruppe raus lassen ohne Rücksicht auf Verluste und am Ende nicht mal den Satz über die Lippen bringen: Wie geht es dir, hast du Dinge, über die du mit mir reden willst? Das geht in manchen Fällen leider schon in Richtung Borderline Syndrom in Verbindung mit Narzissmus.
Bei dem Thema geht mir innerlich die Hutschnur hoch, weil ich das in meinem Leben einfach schon zu oft erlebt habe. Oder besser hatte. Ich mache da einfach nicht mehr mit und beneide mittlerweile durchaus Menschen, die eine kalte bzw. unterkühlte Ausstrahlung haben und nicht von anderen behelligt werden. Früher fand ich es gut und richtig, als eine Person angesehen zu werden, mit der man gerne und viel redet und freute mich, wenn wieder jemand meinte, man könne unfassbar gut mit mir reden.
Heute denke ich mir: Nein, warum denn? Wo ist der Gewinn für mich dabei, außer maximal ein falsches Selbstbild, vielleicht auch der Gedanke, man bzw. frau müsste so sein oder eine Form der Kontaktaufnahme und des Bondings zu pflegen, die ich heute nicht mehr nachvollziehen kann. Ja, bitte, man ist doch keine kostenlose Beratungs- oder Therapiestelle. Also nein, man darf mich nicht mehr als emotionalen Mülleimer benutzen, aber ich muss sagen, dass es verdammt schwierig ist, alte Kontakte so umzudrehen, dass man auch nicht mehr zu einem gemacht wird.
Ich musste und muss immer noch an mir arbeiten, eine gewisse Egalität und Dickfelligkeit auszustrahlen, die mir nicht immer zu Eigen ist, aber es wird stetig besser, was ich sehr gut finde. Es ist auch gar nicht mal so, dass die anderen Personen bzw. Freunde sich nicht auch von mir schon - gerade in Krisenzeiten - ewiges Lamentieren angehört hätten, aber gerade zwei Kontakte sind so derart gekippt, dass ich ein unwohles Gefühl bekomme, Nachrichten zu öffnen, weil da wieder so ein Sermon kommt. Interessanterweise sind diese beiden Personen oft gar nicht gewillt, auf die banalen Alltagsdinge meines Lebens einzugehen. Es muss immer Drama sein. Entweder das eigene oder man selbst soll bitte eines liefern. Normale, nette Dinge? Langweilig.
Das ist nicht mehr meine Welt und meine Art, Beziehungen zu knüpfen oder Freundschaften zu pflegen und so freue ich mich besonders über jene, mit denen man einfach Spaß haben und dumm Tüch erzählen kann.
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