Allergien wegen Ernährungstrends nicht ernst nehmen können?
Im Fernsehen habe ich kürzlich einen Beitrag über Lebensmittelallergien gesehen. Es ging auch darum, dass viele Allergien eher Trends sind und daher auch nicht ernst genommen werden. Es gibt beispielsweise immer wieder mal Trends bei denen auf Gluten und Lactose verzichtet wird. Manche Menschen verzichten auch auf Erdnüsse, weil diese bei anderen Menschen Allergien auslösen und daher als nicht gut befunden werden.
Leider führen diese Trends mitunter dazu, dass echte Allergien nicht mehr ernst genommen werden. Für echte Allergiker ist es also gefährlich, wenn es plötzlich zig Allergiker im Freundeskreis gibt, die aber nur eine Trenddiät machen. Wie seht ihr das? Habt ihr schon mal behauptet auf ein Nahrungsmittel allergisch zu sein oder habt bewusst den Konsum gemieden, weil es gerade Trend war? Habt ihr euch überlegt, dass ihr damit echten Allergikern schaden könntet?
Ich stelle tatsächlich immer häufiger fest, dass in der Gesellschaft allmählich die Ansicht die Runde macht, dass echte Lebensmittelallergien gar nicht existieren würden und lediglich Aufmerksamkeitshescherei und Überdramatisierung seien. Dass Modediäten einen wesentlichen Anteil daran haben, bezweifle ich nicht, denn irgendwie hat sich dieser Trend nunmal erst richtig entwickelt, seitdem in den Medien alles, was nicht vegan, low carb, fettreduziert oder "Super Food" heißt, als ungesund, dickmachend und gesundheitsgefährdend dämonisiert wird.
So kann ich mir auch gut vorstellen, dass Allergiker teilweise darunter leiden. Ein Mensch mit Zöliakie beispielsweise muss wirklich auf Gluten verzichten, während ein Großteil der glutenfreien Esser das einfach nur aus Gruppenzwang und Interesse tut. Muss man nun als Betreiber einer gastronomischen Einrichtung 10 Pseudo-Glutenallergikern am Tag eine Extrawurst braten, dann bekommt der elfte, der tatsächlich krank ist, den dadurch aufgebauten Frust unverdient mit ab. Auch kann ich mir vorstellen, dass in einigen Lokalen und Privathaushalten nicht allzu penibel auf separate Arbeitsflächen und spezielle Austauschprodukte geachtet wird und es dadurch doch mal zur versehentlichen Reaktion kommen kann, wenn es tatsächlich einmal ernst wird.
Ich kann es mir gut vorstellen, dass solche Trend-Allergien immer mehr im Kommen sind, weil ich ähnliche Beobachtungen zum Teil tatsächlich auch schon gemacht habe. Ich kann es aber absolut nicht verstehen, dass man dann behauptet, eine Allergie zu haben, wenn das doch gar nicht den Tatsachen entspricht.
Wenn man einem Ernährungstrend folgt, dann sollte man das auch zugeben und sich nicht wegen einer Allergie bemitleiden lassen, die man gar nicht hat. Zumindest denke ich, dass es den Menschen dann auch darum geht, das Mitleid und die Aufmerksamkeit anderer Menschen auf sich zu ziehen.
Ich würde schon vermuten, dass es durch solche Menschen für die echten Allergiker zu einem Problem wird, ernstgenommen zu werden. Das finde ich sehr schade, weil es für diese Menschen eben schon wichtig ist, dass die Allergie auch ernst genommen und beachtet wird.
Das Problem ist glaube ich weniger die angebliche Allergie als vielmehr die Inkonsequenz der frisch konvertierten "Allergiker". Ich habe es zum Beispiel schon erlebt, dass eine Frau unbedingt glutenfreies Sushi wollte und einen riesen Wirbel gemacht hat, weil der Kellner nicht wusste, was der Koch genau ins Sushi packt und erst mal nachfragen musste. Und was macht sie als ihr Sushi ankommt? Tunkt es in Sojasauce. Natürlich nimmt man dann das nächste glutenfreie Drama nicht mehr wirklich ernst.
Meine Lebensmittelallergien sind nicht trendy und werden das wohl auch nie werden, da muss ich mir keine Sorgen machen. Ich habe meinen Zuckerkonsum schon länger reduziert, was aktuell tatsächlich ein Trend zu sein scheint, aber ich habe nie behauptet, dass ich eine Zuckerallergie oder irgendwas in der Art habe.
Ich habe einige Fälle von Diabetes in der Verwandtschaft und der Insulinresistenz kann man ja ganz gut vorbeugen indem man unter anderem weniger Zucker zu sich nimmt. So habe ich das einigen Leuten auch erklärt, aber inzwischen ist das zur Geschmackssache geworden, weil weniger Zucker in der Ernährung dazu führt, dass man Süßes viel extremer schmeckt und einiges dann eben einfach als zu süß empfindet.
Cloudy24 hat geschrieben:Das Problem ist glaube ich weniger die angebliche Allergie als vielmehr die Inkonsequenz der frisch konvertierten "Allergiker".
Das sehe ich genauso. Ich kenne eine Frau, die behauptet, sich (zunehmend) vegan zu ernähren und dann auch noch laktoseintolerant zu sein. Gleichzeitig hat sie aber kein Problem damit, Produkte mit Kuhmilch zu konsumieren und Eier konsumiert sie auch. Das passt überhaupt nicht zusammen aber gut. Gerade wegen der Laktoseintoleranz hätte ich angenommen, dass man derartige Produkte grundsätzlich meidet, aber gut. Das zeigt mir aber mal wieder, dass es eher ein "Trend" ist, vegan zu sein und nicht jeder nachdenkt. Dasselbe gilt auch für Vegetarier, die dann Gummibärchen mit tierischer Gelatine verputzen, gleichzeitig aber meinen, so viel gutes für die Tiere zu tun.
Meine Freundin ist hochgradige Allergikerin. Sie weiß es auch erst seit circa einem halben Jahr, da wurde die Allergie erst festgestellt. Es war nicht sonderlich spaßig, sie nach einem Restaurantbesuch mit Rettungswagen und Notarzt in die Klinik bringen zu lassen.
Es gibt Ernährungstrends und ich denke, dass auch viele Influencer hier eine große Rolle spielen. Denn gerade Personen, die viel derartige Aufmerksamkeit brauchen, sind anfällig für solche Trends. Aber genau diese trendigen Unverträglichkeiten sind der Grund, warum meine Partnerin mittlerweile echt Probleme mit Restaurantbesuchen hat und es teilweise zu Heulattacken gekommen ist.
Denn welcher Gastronom nimmt Personen ernst, die kein Brot, keine Panade oder Ähnliches essen dürfen? Besonders wenn dann auch noch viele Leute das Restaurant aufsuchen, die zwar vorgeben Unverträglichkeiten zu haben, diese aber mit der Auswahl der Speisen mal eben aushebeln.
Ich greife dann oft ein und sage der Bedienung, dass diese Allergie leider wirklich existiert und leider auch gefährlich sein kann. Wird es weiterhin nicht ernstgenommen, dann verlasse ich das Restaurant. Was auch spannend ist, wenn der Gastronom meiner Partnerin versucht etwas unterzujubeln, weil er die Allergie nicht ernstnimmt. Sie hat jedoch eine Sofortreaktion und das kleinste Allergen führt bei ihr bereits zu einem unangenehmen Kribbeln. Sobald das eintritt, stelle ich den Gastronomen auch gerne zur Rede oder gebe die Sache auch direkt an unseren Anwalt weiter. Ist nur einmal vorgekommen, aber es hat gewirkt.
Vielleicht sollte man erst einmal nicht alles lustig mischen. Sonst fällt es nämlich schwer zu glauben, dass allein der Threadersteller sich auch nur mal kurz mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Gegen Laktose oder Gluten gibt es keine Allergien, die Betroffenen leiden unter einer Intoleranz.
Das ist ein Problem des Stoffwechsels, der die entsprechenden Stoffe nicht verarbeiten kann. Das liegt meist an einem Enzymmangel oder Enzymdefekt. Die Reaktion kommt daher ohne vorherige Desensibilisierung und ist abhängig von der Dosis. Eine Allergie ist eine überschießende Reaktion des Immunsystems und nicht dosisabhängig.
Und als Allergikerin und Freundin eines Menschen mit Zöliakie kann ich sagen, das wurde im Alltag nie ernst genommen. Das war auch schon so, als das keine Modeerscheinung war, bestimmte Nahrungsbestandteile zu meiden.
Wie cooper75 bereits sagte, gegen Gluten allgemein gibt es keine Allergie. Ich habe zum Beispiel eine nachgewiesene Weizenallergie. Zusätzlich reagiere ich leicht allergisch, nein nicht intolerant, auf Roggen und Hafer vertrage ich mittlerweile auch nur mäßig. Es ist eindeutig keine Zöliakie, ich muss ab und zu zu einem Spezialisten nach NRW fahren, der als Koryphäe in diesem Metier gilt. Mich bringt der Verzehr eines Krümels Weizen halt ggf. direkt ins Krankenhaus, ist jetzt die Tage auch wieder passiert, weil ein Gastronom mich nicht ernstgenommen hat.
Und um das Ganze noch spannender zu machen, habe ich eine Laktoseintoleranz, die ich aber meistens außen vor lasse. Dieses Bisschen an Magen-Darm halte ich aus.
Zuhause achte ich auch sehr auf die Kontamination. Ich werfe Brettchen, die von meinem nicht-allergischen Partner verwendet wurden, nicht gleich weg, sondern reinige sie sehr gründlich. Zusätzlich habe ich aber auch einen eigenen Brettchensatz. Die Kontaminationsgefahr wird halt auch sehr gerne vernachlässigt. Deshalb haben wir auch separate Toaster oder kochen ein Gericht doppelt, in zwei Pfannen mit eigenen Löffeln.
Wenn man sich das mal so durch den Kopf gehen lässt, kann man auch denken, dass "die einen Schaden haben", denn welcher normale Mensch achtet auf jedes Krümelchen Brot? Auf der Arbeit ist es etwas einfacher, ich nehme mir mein Essen mit und netterweise habe ich teilweise auch ein eigenes Essen bekommen, weil die Küche da wirklich zuverlässig ist.
Es ist sehr anstrengend, als Allergiker gegen gewisse Lebensmittel auszugehen und immer etwas sagen zu müssen. Teilweise renne ich auch gegen Wände, weil manche Gastronomen es leider auch mit der Kontamination nicht ernst nehmen und denken, dass man mein "Schnitzel" auf der ungereinigten Arbeitsfläche mal mit panieren kann. Daher gehe ich weniger aus, seitdem meine Allergie losgebrochen ist.
Ich habe am Anfang auch beim Sushi tatsächlich auf Glutenfreiheit geachtet, aber das Sushi schön in Sojasoße getunkt. Danach durfte mal wieder der Notarzt rausfahren, weil bei mir halt sofort die Atemwege zuschwellen. Da wusste ich aber wirklich auch noch nicht, dass die billige Sojasoße zu 98% aus Weizen besteht. Das nennt man dann "Lernen durch Schmerzen", wie mein Partner so nett sagt. Aber mir haben Menschen mit Zöliakie sehr geholfen und dank dieser Menschen konnte ich mir auch einen Überblick verschaffen.
Und ernstgenommen wirst du damit nicht wirklich. Allein schon Zöliakie ist für manche Leute die Hölle und mit Schmerzen, Durchfällen und anderen Symptomen verbunden und dann auch noch mit so einer umfangreichen Allergie wie die Meinige ernstgenommen zu werden, ist halt schwierig. Es wird halt teilweise immer kleingeredet, so nach dem Motto "Ach, komm, stell dich nicht so an", oder "das ist doch nur eine Mode", oder "es wird schon nicht auffallen, dass Mehl in der Soße ist". Aber genau das fällt halt dann auf und daher bestehen wir, wenn wir mal ausgehen, auch wirklich extrem darauf, dass darauf geachtet wird.
Bei mir hat die Allergie scheinbar schon vor ein bis zwei Jahren ihre ersten Fühler ausgestreckt, man wusste es einfach noch nicht. Mir wurde nach Nudeln, Brot und Ähnlichem einfach nur schlecht, da habe ich auch einige Sachen einfach weggelassen, wie zum Beispiel ganz am Anfang Paprikapulver. Das war nämlich der erste Verdacht. Mir wurde auch nachgesagt, dass ich nur einem Trend hinterherlaufe und es wurde keine Rücksicht genommen. Als wir merkten, dass es nicht das Paprikapulver war, habe ich das nächste Gewürz weggelassen, also wieder ein neuer Diät-Trend. Das kam in meinem Freundeskreis auch nicht gut an.
Und wenn ich mir momentan einige Influencer anschaue, die jedem Ernährungstrend hinterherrennen und sich teilweise auch wie die Axt im Walde aufführen, dann verstehe ich auch, dass man Intoleranzen und Allergien manchmal nicht ernst nimmt. Ich hatte mal eine Influencerin in meiner Liste, die drei Monate auf Laktose verzichtet hat, sie hat einen riesigen Aufriss veranstaltet, wenn es mal etwas mit Laktose gab. Dann kam Low Carb, Laktose war nicht mehr im Trend.
Zwischendurch wechselten die Ernährungsumstellungen sich wöchentlich ab, momentan ist sie bei FOODMAP angekommen. Wenn man sich solche Influencer mal anschaut, dann wundert man sich auch nicht, wenn Allergien teilweise echt nur belächelt werden und nicht ernstgenommen werden. Erdnussallergien wurden aber damals schon nicht ernstgenommen, wie ist es dann wohl mit "selteneren" Allergien?
Als Mutter eines Kindes mit Allergie finde ich diese Trends vollkommen ok. Ich kann euch auch sagen, warum: Das Angebot wird durch die Nachfrage bestimmt und ist diese hoch, ist das Angebot an alternativen Lebensmitteln auch hoch. Ergo: ich habe für mein Kind, welches wirklich allergisch ist, eine höhere Auswahl. Mittlerweile gibt es in jedem größeren Supermarkt entsprechende Regale und das erleichtert das Einkaufen für solche Kinder enorm.
Schwierig finde ich es, wenn Menschen aus einer Laune heraus dann switchen und man nicht mehr weiß, ob derjenige nun wirklich einen allergischen Schock beim Verzehr bekommt, oder nicht. Manche haben dann doch mal Lust auf irgendwas, essen es und man wundert sich, wieso die das vertragen. Ich finde es daher wichtig, das man klar kommuniziert, ob es gesundheitliche Probleme gibt, oder nicht. Eine bekannte erzieht ihr Kind aus der Laune heraus glutenfrei - aber an Geburtstagen darf das Kind normalen Kuchen essen. Ein Kind mit einer wirklichen Unverträglichkeit darf das natürlich nicht, auch nicht ausnahmsweise.
Bei meinem Sohn hat sich die Unverträglichkeit tatsächlich etwas verwachsen und ich bin darüber sehr froh. Bei ihm war es so, dass er wahnsinnige Hautprobleme bekommen hat und wir immer Angst hatten, dass der Hals zu schwillt. Aus diesem Grund haben wir die Lebensmittel lange vermeiden, später minimal vom Arzt aus probieren dürfen und in Maßen passt das nun wieder.
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