Im Leben auf alles verzichten um früher in Rente zu gehen?
Frugalismus heißt ja das Zauberwort der Stunde und dieses meint all jene Leute, die ganz extrem sparen und jeden Cent dreimal umdrehen ehe sie diesen ausgeben und diesen Lebensstil ziehen manche Jahrzehntelang durch. Ziel des Ganzen ist bei den meisten, dass sie so viel Geld ansparen um vorzeitig in Rente gehen zu können. Wäre solch ein Lebensstil auch etwas für euch? Wärt ihr auch bereit viele Jahre nur Verzicht zu üben, um vielleicht mit 50 in Rente zu gehen? Wo seht ihr denn die Vorteile und Nachteile eines solchen Lebens?
Die Idee ist: Leben im Jetzt oder Leben für die Zukunft. Wenn man sich in der Gegenwart zu sehr einschränkt, vielleicht sogar bei der Qualität von Wohnen, Essen und Erholung, dann verliert man vielleicht bei Gesundheit, Sozialleben und Lebensfreude.
Auf der anderen Seite kann es für eine zeitliche absehbare Spanne interessant sein, zu verzichten, eisern zu sparen und jeden Cent zweimal umzudrehen. Die in der Presse angeführten Beispiele laufen ja meist auf das gleiche Schema hinaus: Gutverdiener mit 3000 Euro Nettolohn legt 2000 Euro pro Monat intelligent in Aktien/Immobilien usw. an.
Wenn man die Rechnung vereinfacht und annimmt, dass er pro Monat dadurch (nach Steuern und sporadisch auftretenden Verlusten) immer noch 3% Zinsen bekommt, hat er nach 10 Jahren 280T Euro übrig. Wenn er jetzt monatlich aufgrund von Inflation und etwas mehr Lebensqualität 1400 Euro verbraucht und den Rest weiter investiert, kann er theoretisch mindestens 17 Jahre so weitermachen, je nach Gewinn/Verlust natürlich auch länger oder kürzer.
Mir ist schon klar, dass die Rechnung nicht ganz im Detail durchdacht ist aber sie zeigt doch, wie es laufen könnte. Ich persönlich habe bei diesen Artikeln zu Frugalismus immer auch im Hinterkopf, dass dies natürlich auch die perfekte Werbung ist, ähnlich risikofreudiger (Aktien, Fonds, Immobilienspekulationen) zu investieren.
Wenn man so lebt glaubt man ja, dass das Leben wartet und, dass man dann alles nachholen kann wenn man in Rente ist. Das stimmt doch aber überhaupt nicht. Ich meine damit jetzt nicht nur, dass man nicht weiß wie fit und gesund man mit 50 sein wird sondern auch ganz viele kleine Gelegenheiten, die man einfach nicht mehr haben wird.
Wenn du zum Beispiel zu geizig bist um deine Lieblingsband live zu sehen und später gibt es die dann einfach nicht mehr. Oder wenn du zu geizig warst um mit deinen Freunden in Urlaub zu fahren und später existiert der Freundeskreis in dieser Form gar nicht mehr. Ich könnte ja nicht mal den riesigen Eisbecher, den ich mir mit meinem Partner nach einer Radtour gegönnt habe, nachholen, weil die Radtour in der Vergangenheit liegt und die Situation, die zur Bestellung dieses Eisbechers geführt hat auch. Wenn ich mir mit 50 diesen Eisbecher bestellen würde wäre das einfach nicht das selbe.
Ich verstehe außerdem nie wirklich, was die Leute so erstrebenswert an einem Rentnerdasein finden. Wenn ich doch weiß, dass ich mit meinem Job unzufrieden bin, warum suche ich mir dann nicht etwas anderes? In so einer Situation dann auch noch extrem sparen ist bestimmt nicht gut für die Psyche. 40 Stunden arbeiten in einem Job, den man hasst, und dann wartet zu Hause nicht mal ein leckeres Essen oder zwei Mal im Jahr ein schöner Urlaub. Was für ein trostloses Leben.
Cloudy24 hat geschrieben:Ich verstehe außerdem nie wirklich, was die Leute so erstrebenswert an einem Rentnerdasein finden. Wenn ich doch weiß, dass ich mit meinem Job unzufrieden bin, warum suche ich mir dann nicht etwas anderes?
Es geht doch nicht darum, dass man unzufrieden mit seinem Job ist. Noch nie was von privater Vorsorge und demographischem Wandel gehört? Bis die Generation Y in Rente geht, werden wir kaum noch was abbekommen, von dem man gut und gerne leben kann, mal ehrlich. Da wäre es doch schlau, schon vorher Geld zur Seite zu legen für diesen Fall.
Außerdem verstehe ich nicht, warum man pauschal davon ausgeht, dass auf alles verzichtet wird. Ich kenne einen Frugalisten, der da eine gesunde Einstellung zu hat. Der verzichtet nur auf das, was er gar nicht braucht. Soll heißen, er kauft sich nicht jeden Tag einen Coffee to go für 3 Euro auf dem Weg zur Arbeit, sondern hat einen Thermosbecher und bringt den Kaffee von zu Hause mit. Das spart Geld und man verzichtet auf nichts. So handhabt er das in vielen Bereichen.
Wozu eine teure Protzer-Karre kaufen, wenn ein kleines Auto auch fahren kann und absolut den Ansprüchen genügt? Er legt keinen Wert auf Prestige, es muss nur nützlich und praktisch sein, sonst nichts. Wozu sich im Urlaub im 5-Sterne-Hotel einquartieren, wenn es reizvoller wäre, sich eine kleine Ferienwohnung zu mieten? Das heißt ja nicht, dass man auf alles verzichtet, man kann trotzdem gut leben.
Seien wir mal ehrlich, diesen Lebensstil muss man sich auch erstmal leisten können. Gerade in der heutigen Zeit. Wer hat schon 70 Prozent seines Gehaltes übrig, um das strikt jeden Monat auf Jahrzehnte anzusparen? Das dürften gar nicht mal so viele sein oder einige müssten unter Bürgergeldniveau leben. Wer möchte das denn bitte? Da hat man jahrelang gelernt, ist zur Schule gegangen und hat vielleicht auch studiert, damit man dann die nächsten Jahrzehnte nicht die Mühen seiner Arbeit ernten darf, sondern wieder auf Studentenniveau vor sich hin darbt.
Jedenfalls wenn es hier tatsächlich um das Modell des knallharten Frugalismus geht, der einem die Rente teils gar schon mit 40 bescheren soll. Ob das so klappt, ich bin da skeptisch. Und dass man in diesem extremen Lebensmodell auf nichts verzichtet, ne, das ist doch Blödsinn. Es ist schon ein riesiger Unterschied, ob ich mich im nächsten Urlaub, der vielleicht nur noch alle drei Jahre stattfindet, wieder im Zelt auf einem Campingplatz wiederfinde wie zu Schulzeiten oder ob ich irgendwo in einem gediegenen Hotel die Annehmlichkeiten genieße. Und das nur als ein Beispiel.
Natürlich kann man auf ein Auto verzichten und wieder Straßenbahn fahren. Oder man hat das Glück, sich ein vernünftiges Auto zu leisten, das einen ganz anderen Komfort und ein besseres Fahrgefühl bietet als die Schrottkarre, die mancher mit 18 hatte. Ich kenne Leute, die genauso leben müssen, ein Spaß ist das nicht. Sich das freiwillig anzutun, ist schon eine besondere Form der Zwanghaftigkeit in meinen Augen. Es geht hier ja auch nicht um eine lustige Sparchallenge, sondern um einen Lifestyle, wo sicher so mancher Partner oder spätere Kinder einer Dauerenttäuschung ausgesetzt sind, wenn Daddy Zeitungen zurechtrupft, um das Klopapier zu sparen. (Tatsächlich schon gesehen). Motto: Jeder Cent zählt!
Nicht falsch verstehen, ich finde Sparen gut und auch das Hinterfragen von zu viel Konsum oder unnötigen Ausgaben, aber man muss wie bei allem im Leben das Mittelmaß finden. Das hat auch nichts mit dem hier zitierten Sparen für die Rente zu tun, dass diese nicht sicher sind, weiß ja jeder. Es geht um einen freiwilligen Verzicht im Jetzt für eine ungewisse Zukunft.
Ich hätte grundsätzlich wenig dagegen mit 50 in Rente zu gehen und mir das dann bequem leisten zu können. Wenn man mit 50 in Rente geht, dann kann man noch viele schöne Jahre vor sich haben und die dann eben auch voll auskosten. Vorausgesetzt, dass man da eben gut abgesichert ist. Es ist natürlich fraglich, ob man das auch gut kalkulieren kann, denn wer weiß schon, was in der Zeit alles passiert.
Ich bin aber ehrlich, dass das bei uns nicht umsetzbar ist. Ich sage bewusst das es nicht geht. Prinzipiell kann man alles, wenn man es nur will - aber zu welchem Preis? Und für uns als Familie wäre es nicht tragbar, so doll zu verzichten, dass wir dann mal eher in Rente gehen könnten. Die Kinder müssten ja ebenfalls auf sehr viel verzichten und das kann und will ich nicht.
Nehmen wir mal an, man verzichtet wirklich und schafft es, so viel zu sparen, was ist denn dann, wenn ich die 50 gar nicht erreiche? Ich habe verzichtet und mich eingeschränkt, meine Kinder ebenso und dann wars das. Gut, die erben dann vielleicht mal was, aber bis dahin haben sie ein Leben voller Einschränkungen kennengelernt.
Ich wünsche mir manchmal und in bestimmten Bereichen, etwas sparsamer zu sein. sodass man sich wirklich mehr zurücklegen kann. Dann klappt das hin und wieder auch und wie es der Zufall will, geht dann auch irgendwas kaputt, womit das Gesparte wieder investiert wird. So wird das nichts mit der Rente mit 50.
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