Jobs, die immer falsch eingeschätzt werden?
Wenn man als Außenstehender auf Jobs schaut, dann meint man ja häufig, dass sie nicht so schwer sind und man sie besser machen könnte. Bekommt man dann einen tieferen Einblick in die Anforderungen und den Alltag, stellt sich, zumindest bei mir oft raus, dass man den Job unterschätzt und falsch eingeschätzt hat.
Gibt es Jobs, bei denen das eurer Meinung nach besonders häufig der Fall ist? Ich meine damit Jobs, die immer von anderen komplett falsch eingeschätzt werden in Bezug auf die tatsächlichen Fähigkeiten, die man im Job braucht und Belastungen, denen man im Job ausgesetzt ist.
Ich würde jetzt gar keinen Job nennen wollen, bei dem die Problematik besonders häufig vorkommt. Ich denke einfach, dass dieses Problem allgemein ziemlich verbreitet ist, wenn man nur von außen auf die Jobs schaut. Dann hat man oft das Gefühl, dass es so schwierig nicht sein kann, weil man eben die Anforderungen nicht kennt, die zu erfüllen sind.
Ich glaube, dass dieses Phänomen sehr häufig vorkommt. Bei allen Bürojobs denken diejenigen, die solche Jobs nicht selbst kennen, dass die Arbeitnehmer den ganzen Tag nur faul vor dem Computer sitzen. Bei Lehrern heißt es, dass sie ja so viel Freizeit haben, weil sie nur vormittags in der Schule sind und die Ferien frei hätten. Das sind vermutlich gängige Klischees, von denen fast jeder schon gehört hat.
Ich habe mich letztens aber länger mit einem Busfahrer unterhalten und da viele interessante Einblicke bekommen. Zuvor dachte ich schon, dass Busfahrer keinen einfachen Job haben, aber irgendwie fahren sie ja die immer gleichen Strecken mit dem Bus, so anstrengend kann das ja nicht sein. Aber was der Busfahrer mir so erzählt hat, hat mich schon etwas erstaunt. Es ist einerseits sehr anstrengend, die ganze Zeit so fokussiert zu sein beim Fahren. Bei einem Bürojob macht es nicht so viel aus, wenn man mal 5 Minuten in die Luft schaut oder einem Tagtraum nachgeht und nicht fokussiert arbeitet. Man kann sich mit Kollegen mal für einige Minuten in der Kaffeeküche treffen und sich privat unterhalten.
Aber als Busfahrer muss man durchgehend im Straßenverkehr aufpassen, da man die Verantwortung über viele Menschenleben im Bus trägt. Wenn der Busfahrer mal einschläft, könnte ein Unfall passieren, der im schlimmsten Fall Menschenleben kostet. Wenn man Schulkinder fährt, ist es oft sehr laut im Bus, weil die Kinder viel schreien im Bus, was die Konzentration nicht leicht macht. Und manchmal ist es einfach langweilig, gerade, wenn man immer wieder die gleichen Strecken fährt, aber man kann sich nicht ablenken, weil das gefährlich werden kann.
Also würde ich sagen, dass Busfahrer sicher ein solches Beispiel darstellen können von unterschätzten Jobs.
Ich kenne einen Straßenbahnfahrer, und ich denke, dass häufig die Meinung besteht, dass man in dem Beruf nicht viel tun müsste, außer die immergleiche Strecke hin und herzufahren. Er sagt aber, dass insbesondere das ständige Risiko von Unfällen und Kollisionen mit Autos, Fußgängern und Radfahrern ein hoher Belastungsfaktor ist. Einige seiner Kollegen hatten bereits tödliche Unfälle selbst erlebt, und die waren hinterher teilweise psychisch sehr stark belastet.
Mein eigener Beruf befindet sich im IT-Umfeld. Hier erlebe ich häufig die Einschätzung, dass ich ja dank meines Jobs quasi alle Computerprobleme auf Anhieb lösen könnte. Dies ist aber bei weitem nicht der Fall, zumal ich mich im Job in einer sehr speziellen, auf den Arbeitgeber zugeschnittenen Software- und Serverlandschaft bewege, die mit herkömmlichen Anwender-Rechnern nicht viel zu tun hat. Und da ich im Privatleben vergleichsweise wenig vor einem Rechner sitze, habe ich da auch nicht so viel Erfahrung.
Vorurteile gibt es doch über jeden Job. Lehrer haben vormittags recht und nachmittags frei und sowieso alle 6 Wochen Ferien. Künstlerberufe sind entweder total glamourös (Sänger oder so was) oder "brotlose Kunst", mit der man ein Leben im Bauwagen finanzieren kann, wenn man Glück hat.
Sozialberufe kannst du gleich ganz vergessen (Singen und Klatschen, oder alten Leuten den Hintern abwischen - alles schon gehört). ITler sind bestenfalls Nerds, die bei Mutti im Keller wohnen und Pullunder tragen, Banker zocken harmlose Omis ab, und in irgendwelchen Behörden heißt es: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren. Nur der jeweils eigene Job ist etwas ganz anderes: voller Verantwortung, nützlich für die Gesellschaft und sowieso viel zu schlecht bezahlt.
Was hier noch nicht erwähnt wurde, sind die typischen Arbeitertätigkeiten. Ich habe früher seinerzeit zu meiner Zeit von Mitschülern oft zu hören bekommen, dass mich meine Ferientätigkeit in der Produktion doch extrem unterfordern müsste. "Du machst doch immer denselben Handgriff, das kann doch nicht so schwer sein." Dass dabei übersehen wird, dass das Teil, das mit den Armen über einen Bügel gehoben werden muss, so etwa 15 Kilogramm wiegt. Dann mach das mal selber den lieben langen Arbeitstag lang im Fließarbeitstakt, dann verstummen die überheblichen Kommentare sehr schnell. Und im Sommer bei stickiger Fabrikhallenluft gab es so manche Kreislaufkollapse. Heute gibt es auch strengere Vorschriften für die Ferientätigkeiten auch in Bezug auf die Belastungen.
Ich denke, dass das leider bei vielen Jobs der Fall ist. Da wird einfach pauschal davon ausgegangen, dass das nicht so schwer ist, weil man nur einen Teil der Arbeit sieht und das vielleicht nicht so kompliziert wirkt, aber man sieht ja in dem Moment nicht alle Fassetten der Arbeit. Beispielsweise könnte man meinen, dass eine Erzieherin im Kindergarten ja einen leichten Job hat, sie nur mit den Kindern spielen müssen und sonst viel Freizeit in ihrem Beruf haben. Dass das aber alles eben nicht so ist, sieht man nicht, weil man nur kurze Momente dort ist.
Ich denke, wenn man einen Job wirklich bewerten will, dann muss man ihn selber machen und vorher sollte man sich auch keine Meinung bilden. Von außen betrachtet wirkt ja vieles leichter und einfacher, als es wirklich ist und niemand wird immer alles von seiner Arbeit erzählen, deswegen sollte man sich immer ein eigenes Bild machen.
Es gibt sicherlich Jobs, die man als Ungelernter machen kann. Manche suchen ja gezielt nach diesen oder nach Quereinsteigern. Nichtsdestotrotz muss man denjenigen dann anlernen, denn ich würde mal behaupten, dass man die wenigsten Tätigkeiten einfach gleich ausführen kann.
Einen Bürojob, nehmen wir mal die Buchhaltung an, kann selbstverständlich nicht jeder. Das muss man gelernt haben. Vielleicht spricht das der Neid aus einigen, weil sie eben auch gern sitzen und Kaffee trinken würden.
Spannend auch, dass viele der Meinung sind, sie könnten eine "Basteltante" sein: singen, klatschen und Kaffee trinken und ab und zu moderiert man mal einen Stuhlkreis. Keine Ahnung, ob jeder ohne weiteres auf Kinder aufpassen und gleichzeitig einen Bildungsauftrag erfüllen kann. Es gibt ja in jedem Beruf immer "solche und solche". Die, die mehr Energie investieren und die, die ihre Arbeit absitzen.
Auch Busfahrer könnte zumindest ich nicht ohne weiteres werden. Mal abgesehen davon, dass mir der entsprechende Führerschein fehlt, wären das weder meine Arbeitszeiten, noch hätte ich Muse, 8 Stunden täglich zu fahren. Wäre mir zu anstrengend. Also könnte ich es nicht.
Ob man jeden an die Kasse setzen könnte? Prinzipiell ist das ein Job, wo man ja gern ungelernte Leute oder Studenten nimmt. Aber kann das jeder? Nein. Manche sind zu langsam, unfreundlich, überfordert. Sie arbeiten dennoch in genau dem Job.
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