Warum will keiner mehr als Reinigungskraft arbeiten?
Warum will keiner mehr als Reinigungskraft arbeiten? Ich selber arbeite in einen Theater seid 15 Jahren als Reinigungskraft. Ich bin mit meiner Arbeit sehr zufrieden und mir macht es auch sehr viel Spaß. Ich arbeite 40 Stunden in der Woche inklusive am Wochenende. Wir suchen mehrere Reinigungskräfte aber es meldet sich einfach keiner.
Seid wir das Bürgergeld haben hat sich die Situation sehr verschärft. Oder liegt es vielleicht daran, dass wir uns für die Arbeit als Reinigungskraft schämen müssen? Ich finde es sehr traurig. Ich bin auf eure Meinungen sehr gespannt.
Ich sehe da andere Gründe als Bürgergeld oder Scham. Ein riesiger Knackpunkt ist die Arbeit am Wochenende. Da gibt es keine Kinderbetreuung für Alleinerziehende und als Familie wäre man halt lieber zusammen. Wenn einer den Nachwuchs hütet und der andere arbeitet, ist das weniger schön. Auch viele Paare ohne Kinder kommen damit nur schlecht zurecht. Und Jobs, wo das nicht nötig ist, gibt es gerade an jeder Ecke.
Die nächste Frage wäre halt, was man da verdient. Wenn es nur der Mindestlohn oder ein paar Cent mehr ist, ist das Angebot ziemlich unattraktiv. Denn es gibt mittlerweile so viele Jobs, die Quereinsteigern oder Hilfskräften offenstehen, wo man deutlich mehr verdient.
Das Bürgergeld spielt da schon eine Rolle. Das hört man aus allen Branchen. Und dazu noch die Arbeitszeiten. Ich möchte auch nicht erst von der Arbeit kommen, wenn andere schon fast ins Bett gehen. Zumindest sehe ich das in den hiesigen Anzeigen immer wieder, dass die Arbeitskräfte für die Abendstunden gesucht werden.
Dazu kommt auch, dass die wenigsten Stellen in Vollzeit angeboten werden. Wer so einen Job annimmt, wird kaum mehr um das Bürgergeld zumindest als Aufstockung herum kommen. Also warum dann arbeiten gehen, wenn man sowieso Sozialleistungen benötigt?
Punktedieb, man hört vieles und wenig davon stimmt. Nicht jeder ist Single und nicht jeder hat einen Partner oder eine Partnerin, die nur den Mindestlohn verdient. Teilzeitbeschäftigung oder Minijob sind in vielen Bereichen verbreitet und werden gern genommen. Und selbst mit Bürgergeld ist Arbeit nicht übel. Gerade ein Minijob bringt ein ordentliches Plus mit wenig Zeitaufwand.
Aber du musst halt die Verhältnisse bei den Löhnen sehen. Bei uns in der Region verdienst du beispielsweise als ungelernte Pflegehilfskraft schon 16 Euro im ersten Jahr. Dazu kommen Zuschläge, 100 % Jahressonderzahlung und eine ordentliche betriebliche Altersversorgung. ALDI zahlt hier mindestens 14 Euro für Aushilfen mit sechs Wochen Urlaub und Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Lidl ebenso. Es gibt viele Angebote zur Zeit.
Und warum gibt es so viele Angebote? Bestimmt weil sich alle um einen solchen Job reißen. Denk mal nach. Was nutzten mir denn 16 Euro Stundenlohn, wenn ich nur 2 bis 3 Stunden pro Tag bezahlt werde? Da bleiben nicht mal 800 Euro im Monat. Dazu noch diverse Kosten, um zum Job zu kommen. Nicht jeder bekommt einen Firmenwagen zur Verfügung.
Und dann halt die Arbeitszeiten. Wie schon erwähnt, sind die auch nicht unbedingt zwischen 7 und 16 Uhr angesiedelt. Gerade wer Familie hat, wird sich das überlegen, ob man fünf Tage die Woche dann arbeiten will, wenn die Kinder ins Bett gebracht werden.
Du kannst ja am besten einschätzen, wie lukrativ der Job an sich ist. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich den Beruf der Reinigungsfachkraft immer noch für unterbezahlt halte und dafür ist er dennoch reichlich körperlich anstrengend. Das wäre dann also für mich ein Grund, nicht als Reinigungskraft zu arbeiten (schwere körperliche Arbeit bei zu wenig Lohn).
Ich denke schon, dass das Bürgergeld eine Rolle spielt. So lange man mehr Geld hat, wenn man daheim bleibt und weniger, wenn man einer Arbeit nachgeht, wird es wohl so bleiben, dass einige - unbeliebte und unterbezahlte- Jobs Personalmangel haben. Wir selbst haben eine Reinigungskraft, die definitiv mehr Geld am Ende des Monats hätte, wenn sie komplett Bürgergeld beziehen würde und nicht reinigen würde. Zum Glück aber gibt es Menschen, denen das Freude bereitet und die Geld verdienen wollen.
Schämen muss man sich meiner Meinung nach für diesen Job keines Weges. Einer muss ihn machen und jede Reinigungskraft, die ihren Job gern und gut macht, ist Gold wert. Ich muss da spontan an das Krankenhaus denken. Dank Unterbesetzung wanderte dort in einem Zimmer ein Zehennagel lediglich von A nach B - entfernt hat ihn keiner. In einem anderen Krankenhaus waren die Patientenzimmer - im Rahmen des möglichen, das muss man ja leider so sagen - super sauber. Ich freue mich immer, wenn es wirklich sauber ist. Es ist ein wahnsinnig wichtiger Job und ich würde mir wünschen, dass man das mehr honoriert, wenn jemand diese Arbeit für das Geld macht.
Meiner Meinung nach schadet es auch niemanden, selbst mal irgendwo zu putzen. Ich selbst habe als Student auch 2 Tage die Woche sauber gemacht. Es war ideal mit meinen Vorlesungszeiten zu vereinen und ich konnte dabei sogar Podcasts hören. Und genau deswegen weiß ich, was für ein anstrengender Job das eben sein kann. Jeder der der Meinung ist, dass man sich dafür schämen sollte, sollte das selber mal machen. Dann weiß man das einfach ganz anders zu schätzen.
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