Wie reagieren, wenn Kollegen Hilfe brauchen?
Ich habe seit knapp einem Monat eine neue Kollegin, die ich in ein neues Programm einarbeiten sollte. Mein Kollege hat mich damals eingearbeitet, wobei wir im Prinzip drei "Experten" sind die mit dem Programm arbeiten müssen. Meine Kollegin ist noch neu in dieser Hinsicht und das Wissen sitzt noch nicht so fest. Sie fragt daher immer mich, wenn ihr etwas nicht klar ist.
Wir haben uns dann über den Kollegen unterhalten, den ich persönlich auch nur ungern frage, wenn das Programm nicht so will wie ich. Das liegt aber eher daran, weil er grundsätzlich genervt reagiert, egal was man von ihm wissen will. Er reagiert nicht nur bei mir so genervt, sondern bei jedem, abgesehen von der Chefin.
Daher fragt meine Kollegin auch lieber mich, wenn etwas unklar ist. Ich reagiere grundsätzlich nicht genervt, sondern immer freundlich, hilfsbereit und aufgeschlossen und nehme mir dann auch die Zeit. Schließlich sind wir ein Team und das Projekt steht im Vordergrund. Wie handhabt ihr das? Wie reagiert ihr, wenn Kollegen eure Hilfe brauchen? Findet ihr es nachvollziehbar, wenn man immer genervt reagiert?
Der Vorteil, wenn man genervt reagiert, besteht natürlich darin, dass man weniger oft in seiner Arbeit gestört und unterbrochen wird und zusehen kann, seinen eigenen Kram voranzubringen. Ich habe mir auch viele Jahre lang damit geschmeichelt, immer nett, hilfsbereit und aufgeschlossen zu sein und auch bei der zehnten Unterbrechung noch lächelnd und geduldig Sachverhalte zu erläutern, die die Person eigentlich schon längst kapiert haben sollte, weil ich sie nämlich schon ein paarmal zuvor erläutert habe. Und ich kann eigentlich gut erklären.
Aber irgendwann ist mir gedämmert, dass man mich auf diese Art eigentlich auch nur ausnutzt. Wenn klar ist, dass die Frau Gerbera immer sofort springt und hilft und macht und tut, muss man ja nicht mehr selber denken und Probleme lösen, sondern kann bequem auf niedrigem Level vor sich hin stümpern. Willige Hilfe und Unterstützung sind ja nicht weit. Erstaunlicherweise sind die neuen Kolleginnen oder Aushilfen immer gut klar gekommen, wenn ich mal krank war, aber sobald ich zur Verfügung stand, ging es wieder los mit dem "Kannst du mir noch mal zeigen, wie...?"
Seitdem habe ich mein Level an Hilfsbereitschaft doch ziemlich heruntergefahren und unterscheide zwischen tatsächlichen Problemen und erlernter Hilflosigkeit bzw. Bequemlichkeit. Meistens ist es ganz hilfreich, wenn ich einfach nicht sofort springe, sondern erst einmal noch meine aktuelle Aufgabe zu Ende erledige, sprich die E-Mail noch formuliere und abschicke oder ähnliches. Meistens stellt sich dadurch heraus, dass das Problem doch nicht so groß war oder der Kollegin dämmert spontan, wie sie selber damit umgehen kann. So kann ich meinen Ruf als nett und hilfsbereit bewahren und muss mich dennoch nicht für alle zum Deppen machen, weil ich nicht nur aushelfe, weil Not am Mann ist, sondern mich geradezu anbiedere.
Ich kann es schon einsehen, dass es auch Vorteile hat, wenn man immer genervt reagiert und dann entsprechend auch nicht so gerne von den Kollegen gefragt wird. Aber trotzdem reagiere ich nicht genervt, wenn Kollegen eine Frage haben, sondern helfe dann schon gerne, wenn ich kann. Wenn ich gerade mitten in einer Arbeit stecke, dann klappt das auch nicht unbedingt sofort, aber dann sage ich einfach, dass ich noch einen Moment Zeit brauche und reagiere nicht direkt genervt.
Ich sehe es auch so, dass man in einem Team doch zusammenarbeiten muss und dass es selbstverständlich sein sollte, dass man sich auch gegenseitig hilft, wenn dies nötig ist. Sicher ist es schon lästig, wenn Kollegen gar nicht wirklich Hilfe brauchen und etwas auch selber herausbekommen könnten, wenn sie sich nur mal mit dem Thema beschäftigen. Aber das merkt man dann ja auch, was für Fragen kommen und ob das der Fall ist.
Aber das ist für mich dann auch kein Grund, wirklich genervt zu reagieren. Wenn ich merke, dass meine Hilfe gar nicht wirklich gebraucht wird, sondern ich nur helfen soll, weil ich etwas auswendig weiß und der Kollege zu faul zum Nachsehen ist, dann sage ich freundlich, dass ich noch etwas zu erledigen habe und gleich helfen werde. Dann kommt oft auch nach zwei Minuten der Kommentar, dass es sich erledigt hat. So schafft man das auch problemlos, ohne genervt zu reagieren.
Jeder kann doch mal eine Frage oder ein Problem haben und da mir selber das auch passieren kann würde ich immer freundlich und nett reagieren. Man bekommt es sicherlich mit der Hilfe dann schneller gelöst und kann später dann auch eher mit der Hilfe dieser Person rechnen.
Genervt reagieren macht sicherlich keine Freunde unter den Kollegen, auch wenn es Arbeit erspart und man dann nur seinen Kram zu erledigen hat. Unsympathisch findet man es letztendlich aber schon und daher würde ich zu so einem Kollegen dann auch nicht so freundlich sein.
Ich habe jahrelang im Büro gearbeitet und war meistens auch immer freundlich, nett und aufgeschlossen und habe Kollegen immer sehr gerne geholfen. Nach circa 10 Jahren ist das aber abgeflaut und ich habe mich deutlich mehr um meine Projekte gekümmert und geschaut, dass ich damit weiterkomme. Und so handhabe ich es auch in meinen neuen Arbeitsfeldern.
Klar, Kollegen können manchmal gerne zu mir kommen, wenn sie Hilfe benötigen. Aber manchmal müssen sie auch einstecken, dass ich just in dem Moment keinen Nerv für sie habe und sie auch mal abweise. Ich will auch gar nicht mehr die Sympathie anderer auf mich ziehen, denn jemand der immer hilfsbereit und freundlich ist, wird auch sehr gerne ausgenutzt und ggf. sogar von Kollegen vorgeführt. Meine Kollegen sind meine Kollegen und nicht meine Freunde, das muss man sich auch mal vor Augen halten, gerade in manchen Bereichen.
Aktuell bin ich im sozialen Bereich unterwegs und ich habe bemerkt, dass ich zeitweise echt genervter reagiere, wenn gewisse Kollegen etwas von mir möchten. Auch fällt es mir leichter, öfters mal Nein zu sagen und nicht mehr ganz so freundlich zu reagieren. Denn wenn man den ganzen Tag mit Menschen zu tun hat, dann springt man irgendwann nicht mehr sofort, sondern nur, wenn es akut wird und wenn ein Kollege für eine Lappalie ankommt, dann lässt man den manchmal auch gerne mal warten. Und am Ende war das Problem auch nicht so groß und wichtig, wie man es kommuniziert bekommen hat.
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