Hat Antibiotika auch gefährliche Nebenwirkungen?
Antibiotika ist selbst bei Erwachsenen umstritten und oftmals heißt es auch, man sollte diese nur sehr dosiert verwenden. Bei Kindern sollte es wohl sogar möglichst nie verabreicht werden. Was ist denn da eurer Meinung nach dran? Sind verschiedenste Antibiotika wirklich mit äußerster Vorsicht zu genießen und was macht sie denn so gefährlich? Welche schlimmen Nebenwirkungen von Antibiotika sind euch denn bekannt und denkbar?
Für Medikamente kann man sich ganz einfach merken: keine Wirkung ohne Nebenwirkung! Es gibt viele verschiedene Antibiotika, die das Wachstum der Bakterien an unterschiedlichen Stellen hemmen. Aber für alle Präparate gilt, dass sie nicht wissen, welche Bakterien die bekämpfen sollen. Sprich, das Mittel macht alles platt, was empfindlich darauf reagiert.
Das hat logischerweise ziemlich negative Folgen für den Körper. Eben weil es auch die Bakterien trifft, die wir dringend benötigen, haben viele Patienten Durchfall. Das mag nur unangenehm sein, es kann aber lebensgefährlich werden.
Jeder Mensch hat Clostridien im Darm. Die sind in geringer Menge ungefährlich und werden von den guten Bakterien in Schach gehalten. Das klappt aber nicht mehr, wenn die Guten weg sind. Dann kommt es zur pseudomembranösen Colitis. Das ist eine handfeste Darmentzündung, die gern mal tödlich endet.
Außerdem sind kostspielige und aufwendige Hygienemaßnahmen erforderlich, weil sich das unter geschwächten Patienten im Krankenhaus wie ein Lauffeuer ausbreitet. Dazu sind diese Keime meist resistent gegen die meisten Antibiotika. Da werden gerne ganze Abteilungen geschlossen.
Schwere allergische Reaktionen, Pilzinfektionen oder Organschäden sind auch drin. Und es gibt noch vieles mehr. Dazu haben Bakterien die wunderbare Fähigkeit, Erbgut untereinander und artübergreifend auszutauschen. Das heißt, jeder Einsatz kann Resistenzen fördern.
Ich denke, dass kann man das nicht pauschal sagen kann. Bei jedem Antibiotikum muss mit anderen Nebenwirkungen gerechnet werden. Generell würde ich aber sagen, dass man sie eben nur streng nach ärztlicher Anweisung und bei bestätigter bakterieller Infektion nehmen sollte.
Zu den Antibiotika mit besonders häufigen und schwerwiegenden Nebenwirkungen gehört übrigens anscheinend die Gruppe der Fluorchinolone. Diese können unter anderem Nervenschädigungen und Sehnenrisse auslösen, und zwar bereits nach wenigen Dosen. Wenn man ein Antibiotikum verschrieben bekommt, lohnt es sich also nachzusehen, ob es in diese Wirkstoffgruppe gehört.
Lascar, aufgrund dieser schwerwiegenden Nebenwirkungen bei generell noch guter Wirksamkeit sind die Flourchinolone ist die systemische Anwendung seit 2019 nur noch eingeschränkt möglich. In Deutschland sind auch nur noch fünf Wirkstoffe dieser Gruppe zugelassen und den letzten Rote-Hand-Brief des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte gab es erst dieses Jahr, da zusätzlich zur Sehnenproblematik und zum Nierenversagen auch noch eine Herzklappenschädigung möglich ist.
Beim ersten Lesen der Überschrift dachte ich automatisch an die Wortgegensatzpaare Anti/Pro. Also hier Antibiotika und Probiotika. Auch müsste oberlehrerhaft korrigierend die Pluralform vom Infinitiv des Verbums "haben" gewählt werden, um mich nicht auf diesen falschen Weg zu leiten. Probiotika sind mir auch durch die rosarote Reklametante vor der Tagesschau im Fernsehen her bekannt, wo für Darmflora-Hefepilze (ja jetzt habe ich denen die Pointe verdorben und bekomme vom Abmahnanwalt eine dicke Rechnung) kräftig die Werbetrommel gerührt wird. Eigentlich, um diesen Gedankenexkurs kürzest abzuschließen, finde ich Probiotika im Gegensatz zu Antibiotika geradezu harmlos. Obwohl man da nie so hundertprozentig sicher sein sollte.
Und etwas zum Thema Antibiotika zu sagen. Wie schon die kompetenteste Antwort von @cooper oben ausführte, sind Antibiotika keine Gelegenheits-Hausmittelchen für die Hausapotheke. Antibiotika sind meiner Meinung nach ausschließlich Sache des Arztes. Der verschreibt die und kein anderer. Der kontrolliert auch die Wirkung, fängt erst einmal ganz langsam an, wie bei den "Kreuzberger Nächten", steigert eventuell die Dosis, wechselt unter Umständen das Präparat, bis der gewünschte Therapieerfolg erzielt worden ist.
Und, weil ich hier auch wieder getreu der Attitüde des Pennälers "Herr Lehrer, ich weiß was" auch meinen Senf dazu loswerden muss, möchte ich sagen, dass im Krankenhaus Antibiotika und Kombinationen meistens erst nach Antibiogramm oder sogar Tierversuch gezielt gegeben werden. Durch Anzüchten der Keime und Prüfung des Wachstums auf verschiedenen Antibiotika-Nährböden kann das beste Mittel herausgefunden werden. Eventuell sogar erst eine Kombination von mehrerern Medikamenten, bakterizid, bakteriostatisch.
Die Breitspektrumantibiotika, die wie ein Schrotschuss gleich auf mehrere, übliche verdächtige Erreger wirken sollen, und die gerade beispielsweise von Urologen favorisiert werden, stehen auch schon wieder einmal, interessanterweise gerade bei Corona-Infektionen in der Diskussion.
Der große Elefant im Raum ist MRSA. Und die viel kritisierte Praxis, gerade in Entwicklungsländern, die vorsieht, sich gleich bei jedem Schnupfen mit Antibiotika vollzustopfen, hat auch zur Resistenzbildung und damit Wirkungsverlust früher hochpotenter Antibiotika nicht unwesentlich beigetragen. Offensichtlich hat man in Indien da auch genau einen der empfindlichsten Nerven getroffen, was dazu führte, dass die Indische Variante des Sars Cov 2 Virus sogar auf politischen Druck hin in Delta Variante umbenannt werden musste, um nicht noch zusätzlich zur Katastrophe den Image-Schaden tragen zu müssen. Aber das ändert nichts an der Einschätzung, dass diese "Antibiotikaproblematik" in den Entwicklungsländern größte Aufmerksamkeit verdiente.
baerbel hat geschrieben:Sind verschiedenste Antibiotika wirklich mit äußerster Vorsicht zu genießen und was macht sie denn so gefährlich? Welche schlimmen Nebenwirkungen von Antibiotika sind euch denn bekannt und denkbar?
Die Gefahr bei sogenannten bakteriziden, also keimtötenden Antibiotika besteht darin, dass beim Zerfall erst dadurch Giftstoffe freigesetzt werden, die ihrerseits Fieber auslösen, eine unter Umständen tödlich verlaufende Komplikation. Ein Paradebeispiel dafür ist die gefürchtete Herxheimer-Reaktion.
Man will dem Patienten etwas Gutes tun, und tut mit der falschen Dosierung oder überhaupt damit genau das Falsche. Allgemein herrschte lange die Meinung vor, es erst mit bakteriostatisch, also keimwachstumshemmenden Antibiotika zu versuchen. Aber das hängt vom jeweiligen Fall ab.
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