Sollte das Deutschlandticket auch für Nachbarländer gelten?
Bundesverkehrsminister Volker Wissing unterhält/verhandelt gerade mit Nachbarländern von Deutschland über die Idee das Deutschlandticket auszuweiten auf die angrenzenden Länder. Schon jetzt kann man mit dem Deutschlandticket zwar schon in grenznahe Städte, z.B, in den Niederlanden, Frankreich, Polen, Dänemark und auch Österreich, fahren, aber dieses Ticket nicht im gesamten Nachbarland nutzen.
Frankreich z.B. möchte selbst auch ein "Frankreichticket" anbieten, welches dann möglicherweise von den Franzosen eben auch im deutschen Raum genutzt werden könnte.
Der Nachteil des Deutschlandtickets ist natürlich, dass mit diesem keine Schnellzüge (ICE etc.) genutzt werden können. Eine weite Strecke kann mit diesem Zugticket also sehr mühsam sein. Ich wüsste deshalb nicht, ob ich für weitere Strecken ins Ausland tatsächlich ein "Internationales Deutschlandticket" nutzen würde.
Was haltet ihr von der Ausweitung des Deutschlandtickets auf Nachbarländer? Würdet ihr diese Zugverbindungen dann in Anspruch nehmen? Was fändet ihr dann angemessen als Preis für das Deutschlandticket, wäre eine Preiserhöhung nachvollziehbar und akzeptabel?
In meiner Region gibt es schon viele Leute, die zwecks Arbeit oder Freizeit über die Grenze nach Frankreich oder Schweiz pendeln. Und je nachdem, wo man da hin will, gilt das Ticket aus dem Deutschen Netz dann nicht ganz bis zum Zielort und man muss sich deshalb noch ein Anschlussticket oder etwas in der Art kaufen. Wenn man das Deutschlandticket ein bisschen ausweiten könnte wäre das in dem Fall also schon praktisch.
Aber für ein komplettes Nachbarland wird das wahrscheinlich vor allem im Urlaub genutzt werden. Wenn man genug Zeit hat kann man sich ja eine schöne Strecke aussuchen und dann jeden Tag ein, zwei Stunden mit der Regionalbahn zurück legen, sich das Ziel des Tages anschauen und dort übernachten. Und natürlich wäre es auch praktisch wenn man zum Beispiel mit dem Auto nach Paris fährt und dann in der Metro das Ticket nutzen kann, das man eh abonniert hat.
Auch frühere Versuche, gerade den Bereich des VRR (Verkehrsverbund Rhein Ruhr) auf angrenzende Städte der Niederlande auszuweiten, wurde von Seiten der Niederlande an bestimmte Bedingungen geknüpft, die schlussendlich dazu führten, dass sogar bis zu dem Zeitpunkt noch durchgängige Fahrmöglichkeiten wieder unterbrochen wurden.
Möchte nur ein Beispiel nennen: Düsseldorf-Endhoven. Diese Verbindung gibt es nicht mehr direkt. Hier ist ein Umsteigen nötig. Ein Zusatzticket ist ebenfalls erforderlich.
Die Sache ist m.W. daran gescheitert, weil die Bestrebungen der Niederländer dahin gingen, die Strecke über Krefeld ins Ruhrgebiet wiederzubeleben, was nicht mit den deutschen Planungen in Einklang zu bringen gewesen war. Jetzt sind Teile der strittigen Streckentrasse rückgebaut, und es wurde ein asphaltierter Radwanderweg weg daraus gemacht. Also, aus der Traum.
Im umgekehrten Vorgehen haben nun die Nederlandse Spoorwegen die Strecke nach Eindhoven wieder gesplittet, soweit mir bekannt ist. Die Argumentationsbasis bezog sich aber nicht auf die gescheiterten Streckenerweiterungspläne, nein, das wollte man offiziell nicht zugeben, man pochte vielmehr auf vermeintlich oder sogar tatsächlich streckenweise vorhandene technische Schwierigkeiten. Angeblich wären Lokwechsel nötig, da die elektrisch betriebenen Züge in den Niederlanden mit Gleichstrom fahren, in Deutschland mit Wechselstrom.
Auch würden die Fahrgestelle und Bremsen bestimmter Fahrzeuge Beschädigungen an den Gleiskörpern der Nederlandse Spoorwegen verursachen. Von daher ist ein Befahren der Streckenabschnitte, soweit nicht anders machbar dann doch mit deutschen Zügen auf niederländischem Territorium einerseits nur mit Fahrzeugführern, die der niederländischen Sprache mächtig sind, erlaubt, dann auch nur mit auf maximal 60 km/h gedrosseltem Tempo.
Dann im sogenannten Euregio-Raum Aachen-Herzogenrath-Heerlen ist es auch nicht so einfach. Mit der Bahn braucht man auch Extra-Fahrkarten. Mit dem Euregio-Bus kann man hingegen "durchtarifieren".
Sprich: Die Vereinfachung der Tarifstruktur des grenzüberschreitenden öffentlichen Verkehrs ist nicht erst seit Einführung des 49-Euro-Tickets im Gespräch. Und sorgt regional sogar für heftige Debatten.
Und es ist eben nicht überall in den Grenzländern derselbe technische Zustand vorhanden, auch nicht ein einheitliches Zugsicherungssystem, owohl das ja schon lange ein Europa-Thema ist, aber offensichtlich ist ETCS.noch nicht überall in die Praxis umgesetzt worden.
Die andere Seite betrifft das Rechtliche. Haftung und Schadenersatz. Die Materie ist nicht so einfach. Bei uns gilt, es kommen Vertragsbeziehungen mit dem Fahrzeug des Verkehrsunternehmen zustande, das tatsächlich benutzt wurde. Wie das andere Länder handhaben, entzieht sich meiner Kenntnis.
Zum letzten Satz noch eine wichtige Ergänzung: In den Niederlanden gibt es zwar einen einheitlichen Rijbewijs, also Fahrausweis, die OV-Chipkaart, eine Plastikkarte mit Chip und Prepaidfunktion, den man vor der Reise ausreichend aufladen sollte.
Es wird aber nötig, bei Fahrzeugwechsel, Umstieg von Bus auf Bahn genauestens auf das Verkehrsunternehmen zu achten. So muss man sich beim Umsteigen eventuell aus- und wiedereinchecken. Dabei gibt es m.W. verschiedene Verkehrsunternehmen, die anhand der elektronisch gespeicherten Eincheckdaten ihr Budget umverteilt bekommen. Syntus, Veolia, Nederlandse Spoorwegen, Connexion u.v.a. Und noch Nachtbus-Extra-Freischaltung. Es ist also nicht so, dass alle Verkehrsunternehmen aus demselben Topf bezahlt werden, wie bei einem Verkehrsverbund, wie wir ihn von Deutschland her kennen.
Durch Verwendung der OV-Chipkaart ist nicht jedesmal ein neuer papierener Fahrschein für jedes gerade verwendete Unternehmen nachzulösen, nein, es reicht eine Chipkarte, die von den verschiedenen Unternehmen anerkannt wird (oder auch nicht). Man muss nur an den Paaltjes immer wieder richtig aus- und wiedereinchecken. Manchmal sehr lästig, wenn man es eilig hat, und sich schnell vertan hat, den falschen Auscheckpoint erwischt hat.
Andererseits wird damit sichergestellt, dass im Falle des Falles Haftungsansprüche tatsächlich nachgewiesen werden können anhand der Eincheckdaten, die exakt protokolliert werden mit Zeitstempel und Angabe des tatsächlich benutzen Verkehrsmittels.
Mit einem pauschalen 49-Euro-Ticket geht das nicht. Jedenfalls müsste dann die Software entsprechend den Erfordernissen des niederländischen Systems angepasst werden. Andersherum zeigen die Kartenlesegeräte des Deutschen Kontrolleurs die Daten der OV-Chipkaart der Niederländer nicht an, obwohl es technisch gesehen recht unkompliziert zu bewerkstelligen wäre. Hier schotten sich die Systeme ganz bewusst voneinander ab.
Ich sehe da bislang auch keine Anstrengungen auf beiden Seiten, am bestehenden System irgendetwas ändern zu wollen.
Die Möglichkeiten wären ja: Entweder führt man in Deutschland das System nach OV-Chipkaart ein, wo jedesmal je nach tatsächlich benutztem Unternehmen ein- und ausgecheckt wird. Oder die niederländischen Verkehrsunternehmen werden alle in einem Verkehrsverbund zusammengefasst, was auf niederländischer Seite nicht gewünscht ist.
Die Autonomie jeder einzelnen Entität sollte gewahrt bleiben, um eine möglichst gerechte Finanzierung transparent zu gestalten. Es wird kilometer - oder minutenmäßig abgerechnet. Das kommt noch dazu. Alles im Algorithmus des Chipkaart-Systems steckenvariabel vorgesehen.
Und das sind jetzt nur die Besonderheiten des niederländischen Systems. Jedes Nachbarland hat aber ein eigenes Tarifsystem mit unterschiedlichen Gegebenheiten. Ich denke, dass es schwierig sein dürfte, hier eine Vereinheitlichung zu schaffen, die es möglich machen würde, das Deutschlandticket auch in den Nachbarländern verwendbar zu machen. Die nächste Frage wäre auch, welche Gebiete in den Nachbarländern vom Deutschlandticket abgedeckt werden könnten. Die jeweiligen vollständigen Nachbarländer abzudecken halte ich für unrealistisch, denn dann würde Ticket ja buchstäblich vom Mittelmeer bis zum Skagerrak gelten.
Ich habe komischerweise in den Niederlanden überhaupt keine Probleme. Sowohl mit dem Ticket 2000 des VRR, als auch mit dem Deutschlandticket komme ich problemlos durch die Zugangssperren am Bahnhof. Das funktioniert genau so gut wie mit meiner OV-Chipkaart. Und die verschiedenen Handytickets des VRR machen auch keinerlei Schwierigkeiten, der QR-Code wird anstandslos akzeptiert.
Dass man ansonsten nicht groß weiterfahren kann, ist ja umgekehrt nicht anders. Und wenn das Deutschlandticket gleich auch noch in den Niederlanden, Belgien, Frankreich und so weiter gelten soll, dann wird es schwierig mit der Finanzierung. Man muss es schließlich so sehen: Vorher habe ich nur für meine Stadt ab 9 Uhr mehr bezahlt und hätte ich das Abo vorzeitig gekündigt, hätte ich nachzahlen müssen.
Ich finde die Idee, das Deutschlandticket auf die Nachbarländer auszuweiten, grundsätzlich gar nicht schlecht. Es würde definitiv mehr Möglichkeiten für Reisen geben und man könnte die grenznahen Städte in den Nachbarländern viel einfacher erreichen. Das wäre wirklich praktisch, vor allem für Menschen wie mich, die gerne mit dem Zug reisen und auch mal spontan eine kleine Auszeit nehmen möchten.
Aber ich muss auch sagen, dass der Nachteil mit den fehlenden Schnellzugverbindungen schon ein ziemlicher Dämpfer ist. Gerade wenn man weiter ins Ausland reisen möchte, wäre es schon schön, wenn man auch die Möglichkeit hätte, die schnellen ICE-Züge zu nutzen. Das würde die Reisezeit deutlich verkürzen und insgesamt angenehmer machen.
Was den Preis angeht, finde ich, dass eine Preiserhöhung für das Deutschlandticket nachvollziehbar wäre, wenn es tatsächlich auf die Nachbarländer ausgeweitet wird. Schließlich bekommt man dann auch mehr Leistung für sein Geld. Aber natürlich sollte die Preiserhöhung nicht zu hoch ausfallen, denn schließlich sollen die Tickets für alle erschwinglich bleiben.
Aguti hat geschrieben:Ich finde die Idee, das Deutschlandticket auf die Nachbarländer auszuweiten, grundsätzlich gar nicht schlecht.
Die Frage wäre halt, wie groß der Geltungsbereich des Deutschlandtickets dann wäre, und wie hoch der Preis ausfallen würde. Angenommen, es wäre in allen Nachbarländern komplett gelten, dann könnte man ja wirklich vom Skagerrak bis zur Cote d'Azur und vom Ärmelkanal bis nach Masuren fahren.
Ich denke nicht, dass das mit 49 Euro pro Monat finanzierbar wäre. Und es müssten die beteiligten Länder ja auch mitspielen. Schwierig wäre es vor allem, wenn es vergleichbare Angebote für die Einwohner dieser Länder nicht geben würde, aber die Deutschen für geringes Geld unterwegs sein könnten.
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