Ausländische Fachkräfte in Deutschland unglücklich?
Laut einer Studie von Expat Insider 2023 gehört Deutschland zu den unbeliebtesten Ländern für ausländische Fachkräfte. Demnach belegt nach einer Umfrage unter 53 Ländern den 49. Platz und das scheint schon sehr ernüchternd zu sein.
Bemängelt an Deutschland wird vorrangig eine fehlende Willkommenskultur und Sprachbarriere oder auch rückständige Infrastrukturen und Technologien. Könnt ihr diese Bewertungen und dieses Ranking von Deutschland nachvollziehen und glaubt ihr, dass sich da in absehbarer Zeit etwas ändern wird?
Frag dich doch selber mal, ob du in einem Land arbeiten wolltest, in dem du niemanden kennst und dessen Sprache du nicht sprichst. Dann kommt noch dazu, dass Deutschland außerhalb der Städte schon sehr Weiß ist. Das wird hier wahrscheinlich nett mit "Willkommenskultur" umschrieben, bedeutet aber eigentlich, dass man im Alltag damit rechnen muss angeglotzt zu werden wenn es gut läuft und offen angefeindet wird wenn es schlecht läuft wenn man rein optisch nicht Durchschnittsdeutsch aussieht.
Infrastruktur und Technologie sind sicher auch eher ein Problem in abgelegeneren Regionen. Vielleicht bezieht sich das aber auch auf den Arbeitsplatz selber? Wir erinnern uns, Gesundheitsämter mit Faxgeräten.
Mir erscheint völlig glaubwürdig, was "ausländische Fachkräfte" an Deutschland zu "bemängeln" haben, weswegen sie andere Länder zum temporären oder dauerhaften Auswandern vorziehen.
Jeder, der schon mal in einer Landbäckerei oder -metzgerei in der Schlange hinter jemandem gestanden ist, der aussieht, als käme er "nicht von hier" und sich für die argwöhnischen Blicke fremdgeschämt hat, während die wackere Bäckereiverkäuferin mangelnde Sprachkenntnisse außer Schwäbisch durch Lautstärke kompensiert hat (Des sin Laugaweggle!! Die ham Salzbresla oba drauf!!), weiß instinktiv, wie es um die deutsche Willkommenskultur außerhalb von, sagen wir, Teilen Berlins bestellt ist.
Und dass die Bürokratie hierzulande im 19. Jahrhundert feststeckt und es auch in den Ämtern, die explizit mit "Ausländern" zu tun haben, oft schon mit Englisch schlecht aussieht, glaube ich gern. Schließlich wird oft genug betont, dass die Amtssprache schließlich Deutsch sei, völlig unabhängig davon, dass auch viele Deutsche zumindest stolpern, wenn mal wieder "ein Zusatzbetrag in Höhe von X zu entrichten" ist oder sie die "Gesamtübersicht der durch die Firma X erbrachten Einzelleistungen sowie die ausstehende Projektübersicht" erhalten.
Auch die sonstigen rückständigen Infrastrukturen und Technologien von der Barzahlung über den Tarifdschungel der Öffentlichen bis hin zu den berühmten Faxgeräten und Fragebögen auf Papier zum Ausfüllen angeht, kann ich beim besten Willen nicht widersprechen. Natürlich ist in diesem schönen Land auch nicht alles Kacke, aber wenn du bei dem Versuch, hier zu leben und zu arbeiten, erst mal sämtliche Schattenseiten präsentiert bekommst, gehst du vielleicht eher dort hin, wo du die Sprache auch nicht verstehst, aber Behördenangelegenheiten mehrsprachig auf dem Smartphone erledigt werden können.
Ich persönlich kann insbesondere nachvollziehen, dass sich viele ausländische Fachkräfte in Deutschland nicht willkommen fühlen, weil sie hier keinen sozialen Anschluss finden. Selbst für mich als Einheimischen ist es schwierig, neue Kontakte zu knüpfen, da viele Deutsche recht "zugeknöpft" sind und schon irritiert gucken, wenn man sie in der U-Bahn freundlich anlächelt oder gar grüßt. Wenn man aus einer Region mit einer ganz anderen Kommunikationskultur kommt wie z.B. Südamerika, dann dürfte der menschliche Umgang miteinander in Deutschland schon recht frostig wirken.
Wenn ich die Studie richtig interpretiere, kommen die meisten befragten "Umsiedler" aus Amerika und sind in der Branche Informationstechnik beschäftigt. Man sollte hierbei berücksichtigen, welche Anspruchshaltung bei den Leuten, die in Deutschland einen Job suchen, vorherrscht.
Ich kenn da ganz andere Einschätzungen. Ein niederländische Taxifahrer mit Migrationshintergrund Türkei sagte mir einmal, er würde liebend gerne in Deutschland arbeiten, da dort keine so starke Ablehnung gegen "marokkanse Jongens", unter dem Begriff landläufig meistens alle etwas nahöstlich aussehende Menschen in den Niederlanden subsummiert werden, vorhanden wäre. Und das nicht erst seit Geert Wilders ominöser Hetzrede
Ja, sogar regelrechte Hexenjagden gegen Ausländer wie in der Stadt H* sind oder waren lange Zeit Schlagzeilen in der niederländischen Lokalpresse. So etwas in dem Ausmaße von Fremdenfeindlichkeit gibt es in Deutschland nicht, bin ich der Meinung.
Ja, ich bin selber einmal auf der Straße von niederländischen Jugendlichen angepöbelt worden, die ihr Auto neben dem Gehweg anhielten, die Scheibe runterkurbelten und mir zubrüllten, "Du Pole?" Den Rest habe ich nicht mehr verstanden, aber es waren aller Wahrscheinlichkeit nach zu urteilen nicht gerade freundliche, warme, herzliche Worte der niederländischen Willkommenskultur. Sehe ich etwa so aus wie ein Osteuropäer, und ganz nebenbei gefragt, woran erkennt man das denn eigentlich? Ich habe schnell das Weite gesucht, um nicht noch Gefahr zu laufen, von den Jugendlichen verprügelt zu werden.
Also, je weiter man in den Westen der Niederlande kommt, desto stärker gewinne ich den Eindruck, dass den Fremden gegenüber eine gewisse Reserviertheit zunimmt. Und jetzt diese Studie zum Wertmaßstab zu nehmen, halte ich für undifferenziert. Da gibt es bestimmt auch ganz andere Einschätzungen, außer, das wieder Deutschland gebashed wird.
Ja, auch die Niederlande werden ungemütlicher. Aber das ist trotzdem kein Vergleich zu Deutschland. Das fängt schon einmal damit an, dass in vielen Arbeitsbereichen und im Privatleben Englisch sehr gut funktioniert. Und sobald es etwas komplizierter wird, versucht man sofort jemanden aufzutreiben, der die deutsche Sprache beherrscht. Das erlebe ich in Deutschland jetzt eher nicht.
Auch ein anderes Beispiel. In der einen Firma, konnte man sagen, ging es regelrecht kosmopolitisch zu. Da herrschte schon einmal ein ganz anderer Ton vor, wie man es vielleicht von mehr provinziell angehauchten Firmen her keineswegs erwarten dürfte. Und gerade die da beschäftigten Amis waren es, die sich sehr lobend über Deutschland ausgesprochen hatten. "Wie machen die Deutschen das bloß, dass die S-Bahn so leise ist", fragte mich einmal ein gebürtiger New Yorker. Und gerade, dass auf Ruhe sehr viel Wert gelegt werde, fand er durchaus bemerkenswert.
Und das mit den Sprachkenntnissen fand er in Deutschland garnicht so schlimm wie in Frankreich, wo die Franzosen fast einhellig der Meinung sind, dass die anderen gefälligst Französisch lernen sollten und nicht umgekehrt die Franzosen etwa Englisch als Fremdsprache.
Wie bereits erwähnt, es kommt auf die Anspruchshaltung an, was nun konkret von dem jeweiligen Gastland erwartet wird. Beispielsweise sagte mir einmal ein aus Deutschland stammendes Au-pair-Mädel, was sie so auffällig fände an den Franzosen, das wäre deren Verständnis von Pünktlichkeit. Sie hätte zum Beispiel zwei Stunden wie bestellt und nicht abgeholt am ausgemachten Treffpunkt am Bahnhof auf die Gasteltern gewartet. Und dann immer Schild hochgehalten. Welch Blamage.
Aber diese oben genannte Studie könnte vielleicht herangezogen werden, für welches Land sich die Leute entscheiden mögen. Negativscores so pauschal zu verteilen, halte ich nicht für gut. Wenn, dann sollte schon etwas mehr differenziert werden. Eventuell gibt es ja auch triftige Erklärungen für dies und jenes, was sich bei etwas neutralerer Betrachtung relativiert.
Es gibt viele Gründe. Einer ist sicherlich die Sprache, die nicht leicht zu lernen ist. Ein anderer ist die jeweilige Mentalität, die oft nicht mit der als typisch deutsch empfundenen zusammenpasst.
Ich bin das beste Beispiel für eine eher spröde, unherzlich wirkende Mentalität. Meine Nachbarin mit eher südländischer Mentalität hat, glaube ich, länger gebraucht, um mich richtig einzuschätzen. Das tut mir Leid, weil ich sehr hilfsbereit bin und stundenlang mit ihr Formulare ausgefüllt habe und wegen der Schulanmeldungen und Nachmittagsbetreuungen für die Kinder auch selber in den Schulen war. Auch sind die Kinder gerne bei mir, wenn ich auf sie aufpassen soll.
Ich habe ihr erklärt, dass ich nicht immer Essen vorbeigebracht bekommen möchte und ich nicht einsam bin, weil ich alleine wohne. Ich glaube, dass viele Deutsche, die vielleicht komisch gucken, falsch interpretiert werden. Die Mehrheit ist doch hilfsbereit, zeigt das aber nicht so überschwänglich.
Ein anderes Problem ist die Bürokratie. Es gibt für alles unterschiedliche Stellen. Sobald ich in der Schule Formulare abgegeben habe, musste ich wieder neue mitnehmen, zum Beispiel Extraformulare fürs Mittagessen, getrennte Formulare fürs Essen in den Ferien und so weiter. Ich habe die bürokratischen Texte kaum verstanden. Wie soll das ein nicht muttersprachlicher Mensch verstehen?
Es überrascht mich schon etwas zu hören, dass Deutschland als eines der unbeliebtesten Länder für ausländische Fachkräfte gilt. Ich meine, Deutschland hat doch eigentlich einen guten Ruf in der Welt, oder nicht? Wir sind bekannt für unsere Autos, unsere Technologie und unsere starke Wirtschaft. Da würde man denken, dass viele ausländische Fachkräfte hier gerne arbeiten würden.
Aber andererseits kann ich auch verstehen, dass es einige Herausforderungen gibt, die ausländische Fachkräfte hier vielleicht abschrecken. Die Sprachbarriere ist sicherlich ein Faktor, denn Deutsch ist nun mal nicht gerade eine einfache Sprache. Auch die bürokratischen Hürden und die manchmal etwas langsame Infrastruktur könnten frustrierend sein.
Was die Willkommenskultur betrifft, da kann ich mir vorstellen, dass es da tatsächlich Verbesserungsbedarf gibt. Es ist wichtig, dass sich ausländische Fachkräfte hier willkommen und gut aufgehoben fühlen. Das kann manchmal schon einen großen Unterschied machen.
Ich hoffe, dass sich da in absehbarer Zeit etwas ändert. Deutschland hat so viel zu bieten und könnte wirklich von den Fähigkeiten und Erfahrungen ausländischer Fachkräfte profitieren. Vielleicht sollten wir uns mehr darum bemühen, die Integration und das Zusammenleben zu verbessern, um uns als attraktives Arbeitsland zu präsentieren.
Natürlich ist es auch wichtig, dass wir in Deutschland selbst gut ausgebildete Fachkräfte haben und diese schätzen und fördern. Es wäre schade, wenn wir uns nur auf ausländische Fachkräfte verlassen müssten, weil wir hier nicht genug eigene Talente haben.
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