Beispiele für die Verarmung der deutschen Sprache
Geht man nach Umfragen so glauben immer mehr Deutsche, dass die deutsche Sprache zusehends verarmen würde. In gewissen gesellschaftlichen Nischen kann ich mir das durchaus vorstellen, aber so ganz allgemein kann ich mir das nicht vorstellen. Welchen Eindruck habt ihr denn? Glaubt ihr auch, dass die deutsche Sprache immer mehr verarmt und woran könnte man das denn festmachen? Welche Beispiele könnte man denn dafür anführen?
"Verarmung" ist jetzt kein Wort, das ich persönlich jemals im Zusammenhang mit Sprache benutzt habe - was vielleicht auf eine Verarmung bei mir hindeutet - aber das Wort bedeutet ja ganz generell, dass etwas weniger wird oder abnimmt.
Was bedeutet das aber auf Sprache bezogen? Nimmt der Wortschatz ab? Nimmt die Fähigkeit ab die Worte in eine vernünftige Reihenfolge mit richtiger Grammatik zu bringen? Findet weniger Kommunikation mit Hilfe von Sprache statt? Oder bezieht sich das Ganze einfach nur auf irgendwelche PISA Studien und Schulnoten im Fach Deutsch?
Und die Frage wäre dann natürlich auch, mit was, wann und wem man das überhaupt vergleicht. Ein Kind, das zu Hause kein Deutsch spricht und dessen Eltern hauptsächlich Medien aus dem Heimatland konsumieren hat sicher einen geringeren Wortschatz wenn es eingeschult wird, aber wie groß war wohl der Wortschatz von Menschen vor hundert Jahren abseits des Bildungsbürgertums? Das Migrantenkind hat Zugriff auf das Wissen der ganzen Welt sobald es mal einen Computer bedienen kann, der Bauer ist früher nur bis zum nächsten größeren Dorf gekommen.
Wer ist denn jetzt schon wieder der Feind? Die gefürchteten Anglizismen? Sprachen haben sich schon immer vermischt und gegenseitig befruchtet, und alle Versuche, "von oben" dagegenzusteuern, waren mehr oder weniger zum Scheitern verurteilt.
Oder dass sich niemand Ausdrücken wie Goethes berühmten "Knabenmorgenblütenträumen" befleißigt? Das hat auch zu Goethes Zeiten schon niemand getan. Die Mehrheit der Gesellschaft hat mit einem Minimum an Schulbildung (wenn überhaupt) Ziegen gehütet und Wolle gesponnen und kannte dafür wahrscheinlich 50 Wörter für "Sauwetter" und 20 für "Tod im Kindbett".
Ich habe gemischte Gefühle, wenn es um die Frage geht, ob die deutsche Sprache immer mehr verarmt. Auf der einen Seite gibt es sicherlich Situationen, in denen man den Eindruck gewinnen kann, dass bestimmte Aspekte der Sprache vernachlässigt werden. Zum Beispiel beobachte ich oft, dass in informellen Kommunikationsformen wie Chats oder sozialen Medien Abkürzungen, Emojis und Umgangssprache verwendet werden, die die Grammatik und den Wortschatz vereinfachen.
Andererseits denke ich, dass es auch viele Menschen gibt, die großen Wert auf die deutsche Sprache legen und sie pflegen. Es gibt immer noch eine Vielzahl von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften, in denen ein reicher Wortschatz und eine gute Grammatik gepflegt werden. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Autoren, Journalisten und Sprachwissenschaftler, die sich intensiv mit der deutschen Sprache beschäftigen und sie am Leben erhalten.
Natürlich gibt es immer Veränderungen in einer lebendigen Sprache. Neue Wörter und Ausdrücke werden geschaffen, während andere an Bedeutung verlieren. Manche Menschen mögen dies als Verarmung empfinden, aber es ist auch ein Zeichen dafür, dass sich die Sprache entwickelt und an die Bedürfnisse und Trends der Zeit anpasst.
Wo verarmt die deutsche Sprache denn? Abgesehen davon, dass sowieso ein großer Teil unseres Wortschatzes einen griechischen, lateinischen oder französischen Ursprung hat und nun eben eher etwas aus dem Englischen dazukommt, weil sich Weltsprachen eben ändern, gibt es doch heute mehr als je zuvor.
Teilzeit und Teilzeitarbeit, Kindergeld, Tagesmutter, Vielseitigkeitsreiten, Kugelschreiber und noch ganz vieles mehr ist keine 100 Jahre alt. Klar, andere Begriffe verschwinden. Hagestolz, behufs und Backfisch sind nun eher selten. Aber Sprache ist halt lebendig und wenn dabei der Wortschatz wächst, kann von einer Verarmung kaum die Rede sein, oder?
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