Patientenakte Leute nur zu faul zum anlegen?
Nach Professor Lauterbach soll jeder Patient eine elektronische Krankenakte anlegen lassen. Allerdings wird in diesem Zusammenhang von ihm beklagt, dass das Echo sehr schwach ist, nur wenige Krankenkassenmitglieder von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.
Hier möchte ich einhaken und die Frage stellen, warum das so ist. Meiner Meinung nach wird mit keinem Wort erwähnt, welchen technischen und datenschutzrechtlichen Problemen jemand ausgesetzt ist, der solch eine Patientenakte anlegen lassen möchte. Die Voraussetzungen sind zum Beispiel, ein Smartphone, ein mit NFC-Chip ausgerüsteter Personalausweis, ein mit NFC-Chip ausgestatteter Mitgliedsausweis der Krankenkasse. Und das ist das Schwierigste, eine Identitätsfeststellung.
Diese kann bislang nach meinem Kenntnisstand weder per PC noch per Smartphone, etwa durch Videotermin durchgeführt werden, sondern nur durch persönliches Vorsprechen bei der Geschäftsstelle der Krankenkasse. Dort wird die Karte dann und die vorher per App oder PC-Programm beantragte PIN freigeschaltet. Das heißt, es sind Hürden zu überwinden, die nicht nur lästig, sondern einfach nur als bürokratisch anzusehen sind.
Gegenbeispiel: In den Niederlanden besteht für Ausländer die Möglichkeit, in eingerichtete Desks eine DigID per Videokonferenz zu beantragen, ohne beim Generalkonsulat vorsprechen zu müssen.
Auch dort kann mithilfe des deutschen digitalen Personalausweises als "europese Identiteitsmiddel eIDAS", bei dem bereits eine Identität eindeutig festgestellt wurde, eine Krankenakte für Niederländische Krankenkasse angelegt werden. Nur in Deutschland geht das nicht.
Meiner Meinung nach weiß Herr Lauterbach gar nicht, welcher Bürokratismus in Deutschland gerade in diesen Dingen vorherrscht. Aber die Faulheit der Leute als Vorwand zu missbrauchen, finde ich einfach ungerecht. Welche Erfahrungen habt Ihr damit gemacht, seid Ihr etwa anderer Meinung?
Als Vater und Patient teile ich deine Bedenken bezüglich der elektronischen Krankenakte. Es scheint, dass die Umsetzung in Deutschland mit technischen und datenschutzrechtlichen Herausforderungen verbunden ist. Es ist frustrierend, dass eine Identitätsfeststellung nur persönlich bei der Krankenkasse möglich ist und nicht per PC oder Smartphone, wie es in anderen Ländern wie den Niederlanden der Fall ist.
Ich stimme dir zu, dass es unfair ist, Faulheit als Vorwand für die niedrige Nutzung der elektronischen Krankenakte anzuführen. Es scheint eher so zu sein, dass die Hürden und der Bürokratismus in Deutschland abschreckend sind. Es ist enttäuschend, dass die technologischen Möglichkeiten, die eine einfachere und bequemere Nutzung der elektronischen Krankenakte ermöglichen könnten, anscheinend nicht ausgeschöpft werden.
Es ist frustrierend zu sehen, dass andere Länder bereits fortschrittlichere Ansätze für die Nutzung von digitalen Identitätsmitteln für die Gesundheitsversorgung haben, während Deutschland hinterherhinkt. Als Patient wünsche ich mir, dass die Umsetzung der elektronischen Krankenakte in Deutschland verbessert wird, um den Bürokratismus und die Hürden zu reduzieren und den Patienten eine einfachere und bequemere Nutzung zu ermöglichen.
Es wäre wünschenswert, dass Politiker wie Herr Lauterbach sich über die tatsächlichen Herausforderungen im Klaren sind und sich für effizientere Lösungen einsetzen, um die Einführung der elektronischen Krankenakte in Deutschland zu erleichtern. Es ist wichtig, dass die Bedenken bezüglich Datenschutz und Identitätsfeststellung ernst genommen werden, aber auch Lösungen gefunden werden, um diese Herausforderungen zu überwinden und den Patienten einen einfachen Zugang zu den Vorteilen der elektronischen Krankenakte zu ermöglichen.
Als Vater und Patient hoffe ich, dass in Zukunft Fortschritte gemacht werden, um die Nutzung der elektronischen Krankenakte in Deutschland zu erleichtern und den Patienten eine modernere und bequemere Gesundheitsversorgung zu ermöglichen.
Wie schwierig der ganze Vorgang ist, hängt aber stark von der Krankenkasse ab. Die entsprechend ausgestattete Krankenkassenkarte habe ich. Die PIN gibt es bei meiner Krankenkasse im Post-Ident-Verfahren nach Videochat. Dann muss man nur noch die App herunterladen, die Karte ablesen und die PIN eingeben, fertig. Wo ist das jetzt bitte unglaublich kompliziert?
Tatsächlich gibt es, wie @cooper oben völlig richtig darstellt, Unterschiede bei den Krankenkassen. Hat jemand kein Smartphone, kann er auch ein Kartenlesegerät benutzen. Dieses benötigt aber einen besonderen Sicherheitsstandard.
"...Viele geeignete Kartenlesegeräte werden mit dem Hinweis verkauft, dass sie mit der elektronischen Gesundheitskarte oder dem Personalausweis genutzt werden können. Leider sind nicht alle Kartenlesegeräte, die sich für Online-Banking verwenden lassen, auch für den Zugriff auf die *re-PC-Anwendung geeignet..."
"...Bitte beachten Sie, dass Sie in der PC-Anwendung noch keine neue Patientenakte anlegen können. Dies ist in der *re-App oder in einer Geschäftsstelle möglich..."
Laut Kundenrückmeldungen funktioniert diese App bislang nicht. Mit einem Update kann nicht kurzfristig gerechnet werden. Auch App-Besitzer müssen persönlich antanzen.
Die Frage, die ich mir stelle, wieso der elektronische Personalausweis nicht hinreichend ist, so wie es in den Nachbarländern zum Beispiel in den Niederlanden der Fall ist. Muss Deutschland wieder den Extrembürokraten und "German Angst" heraushängen lassen?
Wollte nur ergänzen: Bei der Sozialwahl hat das ja auch online geklappt mit der Personalausweis Applikation. Man musste nur "Sicherheitshinweise zum Schutz des für die Durchführung der Wahlhandlung genutzten Endgerätes gegen Eingriffe Dritter nach dem Stand der Technik" per Kästchen ankreuzenderweise zur Kenntnis genommen haben. Wieso Extrabrimborium bei bestimmten Krankenkassen bei der Ident-Feststellung? Vielleicht denkt man bei der entsprechenden IT-Abteilung nochmal nach. Mit der Ausweis-App und dem elektronischen Personalausweis habe ich mich doch schon ausreichend identifiziert.
Ich bin Sozialarbeiterin und würde für meine Klienten liebend gerne eine digitale Patientenakte anlegen, allerdings ist mir nicht bekannt, dass das überhaupt geht. Hat also mit Faulheit rein gar nichts zu tun.
Für mich selber würde ich das allerdings nicht machen. Nachher bekommt man einmal ein Depression diagnostiziert und wird dann nie wieder von Ärzten ernst genommen.
Es wird im Einzelnen aufgelistet, welchen Zweck die elektronische Patientenakte erfüllen soll, und welche Möglichkeiten sich ergeben: Es gibt eine Smartphone Application, die anstelle eines papierenen Aktenordners verwendet wird. Dadurch sind Unterlagen stets griffbereit. Es können Therapiepläne, Diagnosen und Medikationspläne eingestellt werden, müssen aber nicht automatisch dort gespeichert werden.
Gesundheitspässe und Impfzerifikate passen dort auch hinein und lassen sich dort abrufen per Smartphone. Und ein sogenanntes Berechtigungsmanagement gibt dem Patienten bzw. Krankenkassenmitglied die Kontrolle darüber, was eigentlich in der Patientenakte gespeichert werden soll und was nicht, und wer und wie lange Daten sehen kann. Eine Löschung der Daten auf Wunsch ist auch vorgesehen.
Ich sehe das Problem nur darin, dass die Umsetzung unter Einhaltung der Datenschutzbestimmungen und in puncto Praktikabilität, Hardware und Software irgendwie noch nicht klappt. So lange, wie Krankenkassen auf ihre eigenen Softwarelösungen pochen, gibt es keine Einheitlichkeit.
Und hat dann schon jemand an die Praxen gedacht? Wenn alle Krankenkassen mit unterschiedlichen Standards arbeiten, wird der erstrebte zeitnahe, blitzschnelle Datenaustausch kaum zustande kommen. Habe das einmal erlebt. Es wurde lieber eine CD gebrannt und dem Patienten mitgegeben, als die Daten so per Internet direkt zum anderen Facharzt zu übermitteln.
Man könnte sich auch folgende Szenarien vor Augen führen, die eine Ablehnung oder zumindest eine Skepsis begründeten:
Wenn das Internet einmal ausfällt oder der Computer in der Artztpraxis streikt, dann werden die Patienten, die vielleicht schon stundenlang im Wartezimmer ausharrten, unverrichteter Dinge wieder nach Hause geschickt. Also, eine Backup-Lösung auf Papier müsste für die Dokumentationen immer noch vorgehalten werden, was wiederum bedeutete: doppelt gemoppelt hält besser.
Ob das der eigentliche Sinn einer Patientenakte sein soll? Es sollen doch in erster Linie Kosten eingespart werdem, die durch "unnötige" Mehrfachuntersuchungen entstünden. Der kürzlich erst geschossene "Thorax" soll dem anderen behandelnden Arzt auch zur Verfügung gestellt werden.
Aber gerade bei dieserart Untersuchungen traut oft der eine Arzt nicht dem anderen. Also wird lieber noch einmal nachuntersucht, auch allein schon aus Kunstfehlervermeidungs- und Haftungsgründen. Vielleicht hat der andere hochgeschätzte Collega doch etwas übersehen, was sich nur durch nochmalige Untersuchung im eigenen Hause zweifelsfrei ausräumen lässt?
Ich habe tatsächlich keine Lust den ganzen Aufwand auf mich zu nehmen für etwas, in dem ich für mich persönlich keinen Vorteil sehe. Es heißt ja immer, dass dadurch doppelte Untersuchungen vermieden werden, aber das ist ja eigentlich nur dann relevant wenn mit dem Patienten keine Kommunikation statt findet oder wenn zwischen verschiedenen Ärzten keine Kommunikation statt findet.
Aber in dem Moment, wo ein Arzt zum Beispiel eine Röntgenaufnahme haben will und ich dann den Namen der radiologischen Praxis nennen kann, die alle meine Aufnahmen bis zurück zu den Weisheitszähnen in ihrer Datenbank hat, brauche ich keine elektronische Patientenakte. Und wenn ein Notfall vorliegt würde der Arzt eh eine Aufnahme haben wollen, da wäre es egal ob ich erst vor ein paar Wochen eine gemacht habe oder nicht.
Sternenbande85 hat geschrieben:Für mich selber würde ich das allerdings nicht machen. Nachher bekommt man einmal ein Depression diagnostiziert und wird dann nie wieder von Ärzten ernst genommen.
Erstens kannst man wohl selber bestimmen welcher Arzt auf welche Informationen Zugriff hat und zweitens habe ich noch nie gehört, dass Patienten, die irgendwann mal eine Depression hatten nie mehr ernst genommen werden. Wie stellst du dir das denn vor? Du kommst mit entzündeten Mandeln zum Hausarzt, der wirft einen Blick in deine Akte und sagt dann so etwas wie "sie hatten ja vor zehn Jahren mal eine Depression, das ist sicher der Grund für ihre Schluckbeschwerden"?
Ich bin auf diese Thematik gestoßen, weil ich plötzlich per Internet in "Mein xy" der Krankenkasse keine Patientenquittung mehr herunterladen konnte. Wie wir alle wissen, es handelt sich dabei um eine Auflistung aller Krankenkassenleistungen, was, wann, an wen vergütet wurde und was die Medikamente tatsächlich gekostet hatten.
Diese Auflistung war, so lange sie mir noch problemlos zugänglich war, für mich recht aufschlussreich, da Honorare für mich kaum nachvollziehbare Dinge bezahlt worden waren. Vor allem die ganzen Pauschalen, die für mich ein "Buch mit sieben Siegeln" geblieben sind, habe ich nie durchblickt.
Mit Einführung der elektronischen Patientenakte sollte ich auf diese Auflistung wieder Zugriff erhalten. Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob das dann tatsächlich der Fall ist. Das sehe ich wahrscheinlich erst dann, wenn ich es ausprobieren könnte. Dazu fehlt mir nur noch die Identitätsfeststellung durch persönliche Vorsprache in der Geschäftsstelle. Habe schon den neuen Mitgliedsausweis mit Chip zugeschickt bekommen. Ein Lesegerät der vierten Sicherheitsstufe habe ich auch.
Leider hat die bislang fußläufig erreichbare Geschäftsstelle schon vor Jahren ihre Pforten geschlossen, so dass ich mir ein 49-Euro Ticket kaufen müsste, um die neu eingerichtete Geschäftsstelle in einer größeren Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Dazu müsste ich mir erst einmal ein Smartphone kaufen, wofür ich wieder einen neuen Provider-Vertrag abschließen müsste. Insgesamt eine Kostenbelastung und ein kaum überschaubares Konvolut an Folgekosten, die die Mittel zum Zweck machen. Jeder kassiert. Im Endeffekt geht es ja ums Geld. Umsonst ist nichts.
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