Bei psychischen Krankheiten eine To-Do-Liste führen?
Eine Freundin leidet an Depressionen und ist deswegen zur Zeit nicht berufstätig. Sie meint, dass sie an manchen Tagen morgens nicht mal aus dem Bett kommt und auch die einfachsten Dinge im Haushalt nicht schafft.
Sie hat daher den Tipp von ihrer Psychologin bekommen, dass sie doch eine To-Do-Liste erstellen soll. Sie soll sich alles aufschreiben, was sie erledigen möchte und dann eben abhaken, was sie geschafft hat. So würde sie nicht den Überblick verlieren und sich vielleicht auch eher motivieren können, etwas von der Liste abzuarbeiten. Dabei käme es nicht mal darauf an, wann und wie viele Aufgaben oder in welcher Zeit meiner Freundin diese schafft.
Haltet ihr es durchaus für hilfreich, wenn jemand mit einer psychischen Erkrankung solch eine To-Do-Liste führt? Meint ihr, dass es wirklich helfen kann, um bestimmte Aufgaben und Dinge zu erledigen? Bekommt man dadurch wirklich mehr Motivation und ein positives Gefühl?
Das kommt ganz auf die Person an und das aktuelle Stadium der Depression an.
Sicherlich ist es so, dass man durch das geschriebene Wort zunächst einmal überhaupt einen echten Überblick hat. Vergessen oder verdrängen kann damit vorgebeugt werden. Des Weiteren zeigt dann auch jeder Haken einen Erfolg an. Für viele Leute ist es hilfreich, ihre Erfolge schwarz auf weiß zu sehen. Das wiederum gibt dann ein positives Gefühl und Motivation.
Das Problem an der Depression ist aber, dass man sich mitunter absolut bewusst über anstehende Aufgaben ist, sie aber einfach nicht schafft und sich dann schlecht fühlt, weil man nichts geschafft hat. Und genau da kann so eine Liste dann genau das Gegenteil von dem bewirken, was die Psychologin eigentlich bezwecken wollte.
Ich habe es in schlimmen Phasen der Depression ebenfalls mit solchen Listen versucht. Das Ergebnis war, dass ich mich noch sehr viel schlechter fühlte.
Da sieht man seine Aufgaben und nimmt sich vor, zumindest eine davon zu erledigen. Man kämpft mit sich, steht vielleicht sogar auf, kriegt es aber nicht gebacken, die Aufgabe vollständig zu erledigen, weil man dann doch wieder den ganzen Tag wie gelähmt im Bett liegt. Im Ergebnis häufen sich die Aufgaben auf der Liste an, man macht sich selbst Druck irgendetwas zu schaffen, bricht darunter dann wiederum ein und steht wie der Ochs vorm Berge vor dieser Liste. Ergebnis ist dann der Gedanke „ich schaffe nichts“, „ich habe versagt“ oder Ähnliches. Und Zack, hängt man noch tiefer in der Depression.
Mal abgesehen davon, dass man mitunter auch zur Egal-Haltung neigt. Da bringt eine Liste dann ebenfalls gar nichts und wird höchstens mal mit einem Schulterzucken beachtet.
Solche To-Do-Listen haben bei mir immer nur dann etwas gebracht, wenn die Episode langsam wieder abflachte und ich auch wieder in der Lage war, etwas zu machen. Dann hilft sie, etwas Struktur beizubehalten und sich eben Erfolge auch vor Augen zu führen. Das funktioniert aber nur, wenn die Liste nicht zu lang ist, sonst hat man ganz schnell wieder die Überforderung, die einen runterzieht.
Bei mir versagt gerade echt die Fantasie. Ich frage mich, wie man es überhaupt zu Stande bekommen soll, eine solche Liste anzufertigen, wenn man es nicht mal schafft, aus dem Bett aufzustehen und den anderen Alltagstätigkeiten nachzugehen. Ich verstehe nicht, wie das überhaupt funktionieren soll und halte so einen Vorschlag für ziemlich realitätsfern und utopisch gedacht.
Ich kann mich meinen beiden Vorpostern nur anschließen, dieser Tipp zeugt ja von maximaler Hilflosigkeit und für mich ehrlich gesagt auch von Inkompetenz. Wenn jemand schon so fertig ist, weil er gar nicht weiß, wie er sich überhaupt eine Mahlzeit zusammenstellen oder den Weg unter die Dusche finden soll, wird eine Liste, auf der steht, dass man noch den Müll raus bringen sollte, mit der Steuererklärung anfangen wollte und noch eine Geburtstagskarte schicken muss nur das Zeugnis dessen sein, was er oder sie alles nicht auf die Reihe bekommt.
Eine To-Do-Liste ist ja nicht nur bei psychischen Krankheiten sinnvoll und hilfreich. Die meisten Menschen die ich kenne, führen eine solche Liste, da sie eben dabei helfen kann, seinen Tag zu strukturieren und nichts Wichtiges zu vergessen. Gerade dann, wenn man immer sehr viel zu tun hat und sich nicht alles merken kann, kann einem so eine Liste dabei helfen, den Überblick zu behalten und alles nacheinander abzuhaken. Viele fühlen sich dadurch ja auch motiviert.
Ob eine Liste nun bei psychischen Krankheiten besser hilft als sonst, ist fraglich. Ich denke, dass so etwas einen vielleicht eher noch unter Druck setzen kann, wenn man sieht, wie viele Aufgaben man alle noch zu tun hat, während man sich selbst aber nicht dazu aufraffen kann, den Aufgaben nachzugehen. Ich finde es besser, wenn man sich dann auch nicht überfordert und vielleicht auch nicht gleich mit wirklich anspruchsvollen und großen Aufgaben loslegt, sondern eben mit kleineren.
Dass man kochen oder staubsaugen sollte, muss man sich ja aber eigentlich auch nicht aufschreiben, solche Sachen sollten ja klar sein. Und wenn man so etwas so schon nicht bewältigen kann, dann wird eine Liste womöglich auch nicht dabei helfen. Immerhin kann die Liste ja auch nicht die Arbeit für einen erledigen, sondern man muss sich schon selbst dazu aufraffen.
Ich denke, dass das ganz schnell nach hinten losgehen kann, weil das ja schon einen gewissen Druck macht und das gerade bei Depressionen nicht sonderlich förderlich sein kann. Ich gehe mal davon aus, dass sie auch Medikamente bekommt und diese sollte man dann erstmal wirken lassen und eventuell die Dosis anpassen, wenn man immer noch nicht nach oben kommt. Depressionen haben ja auch viel mit einem Ungleichgewicht im Gehirn zu tun, da braucht es Tabletten um sich zu stabilisieren, wenn es schon so ist, dass man nicht mehr hochkommt.
Das Problem sehe ich auch darin, was man drauf schreiben soll. Aufstehen? Anziehen? Duschen? Da kommt man sich schnell mal lächerlich vor und es wird einem auch keinen Kick geben, wenn man das geschafft hat, auch wenn das für einen Depressiven schon viel ist. Man erwartet aber viel zu viel von sich. Besser wäre also zu sagen, dass es durchaus okay ist solche Tage zu haben, aber man schauen muss, wie man sich besser motivieren kann, welche Dinge einem Spaß machen könnten und so weiter.
Ich denke, dass eine To-Do-Liste für Menschen mit psychischen Erkrankungen durchaus hilfreich sein kann. Wenn man eine Liste hat, auf der man seine Aufgaben notiert und abhaken kann, gibt das oft ein positives Gefühl und eine gewisse Befriedigung, wenn man etwas geschafft hat.
Allerdings denke ich auch, dass es nicht für jeden funktioniert. Manche Menschen haben vielleicht zu hohe Erwartungen an sich selbst und wenn sie dann mal einen Punkt auf ihrer Liste nicht abhaken können, fühlen sie sich gleich wieder schlecht und haben das Gefühl, versagt zu haben. Für solche Menschen kann eine To-Do-Liste dann sogar kontraproduktiv sein.
Es kommt also darauf an, wie man damit umgeht. Eine To-Do-Liste sollte einem helfen, den Überblick zu behalten und kleine Erfolge zu feiern, aber sie sollte nicht zu einem zusätzlichen Stressfaktor werden. Wenn man merkt, dass es nicht funktioniert oder man sich dadurch noch schlechter fühlt, sollte man es lieber lassen.
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