Kann Rechtfertigung ein Zeichen von Zweifel sein?
Vor kurzem habe ich in einer Zeitschrift gelesen, dass ein Zeichen für Zweifel sein soll, wenn jemand eine Entscheidung oder ähnliches vor anderen rechtfertigt. Das würde bedeuten, dass die Person sich selbst nicht sicher wäre, ob es das richtige war.
Ich habe bisher noch nie so genau darüber nachgedacht. Aber es könnte ja wirklich sein, dass man anfängt sich zu rechtfertigen, wenn man selbst nicht von der Sache überzeugt ist und sich damit quasi selbst noch überzeugen möchte oder?
Kann Rechtfertigung ein Zeichen von Zweifel sein? Habt ihr da Beobachtungen gemacht? Ist es bei euch selbst so, dass ihr meist Zweifel hegt, wenn ihr euch für etwas rechtfertigt? Oder ist das alles eher Blödsinn?
Es kann schon sein, dass das mal der Fall ist, aber sicherlich nicht immer. Wenn ich mich rechtfertige dann oft aus dem Grund heraus, dass ich mich missverstanden fühle und der Meinung bin meine Meinung verteidigen zu müssen. Sicherlich kann es aber auch Situationen geben, in denen man einfach nur seine Entscheidung verteidigen möchte ohne wirklich hinter dieser zu stehen, aus Zweifeln heraus, aber das können dann schon auch Selbstzweifel sein, denn eigentlich sollte man zu seinen Entscheidungen stehen.
Anders gefragt: Welchen Grund hätte man, sich zu rechtfertigen, wenn man keine Zweifel hätte und sich absolut sicher wäre? Wenn man sich sicher ist, dann braucht man nicht diskutieren und braucht auch keine Absolution von seinen Mitmenschen für die eigenen Taten und Entscheidungen, daher braucht man da auch nicht groß diskutieren und teilt nur das Endresultat mit, sodass das Thema erledigt ist.
Ich glaube schon, dass es nicht ganz so einfach und linear ist. Wer Zweifel hat, wird sich mit annähernd großer Wahrscheinlichkeit rechtfertigen, umgekehrt ist aber nicht alles, was nach Rechtfertigung aussehen könnte, auch wirklich gleich eine. Manchmal kann es nur der Erklärung dienen oder der Aufklärung eines Missverständnisses.
Oder aber man weiß ganz genau, was man will, weiß aber auch, dass ein bestimmtes Gegenüber dagegen reden wird und ein Vorhaben kritisiert. Vielleicht möchte man dem einfach den Wind aus den Segen nehmen oder einer Kritik zuvorkommen. Mir ist das zu pauschal, so einen Satz allgemein für alle und jede Situation gültig abzunicken. Nicht jede Erklärung ist eine Rechtfertigung, nicht jede Rechtfertigung offenbart einen Zweifel. Manchmal fühlt man sich zu Unrecht missverstanden.
Ich glaube, dass viele Leute immer zwischen rechtfertigen und erklären verwechseln. Das Gefühl habe ich schon seit Jahren und es ging mir vor allem in der Ausbildung zur Krankenschwester gehörig auf den Geist. Wenn man einen Fehler gemacht hat oder etwas, was in den Augen der Schwestern nicht ganz oder sofort nachvollziehbar war, dann hatte man oftmals nicht die Chance sich zu erklären und vielleicht zu erzählen, wieso man dies und jenes so gemacht hat und nicht anders. Dann hieß es oftmals nur, dass man sich nicht rechtfertigen soll und akzeptieren soll, dass es scheiße war. Das fand ich persönlich immer sehr doof, da ich mich sehr schwer damit tue Sachen einfach hinzunehmen.
Aber es ist natürlich leichter zu sagen, dass Personen sich nicht rechtfertigen sollen als einfach zuzuhören und zu verstehen, wieso sie etwas gemacht haben. Dementsprechend würde ich nicht gleich sagen, dass jemand sich rechtfertigt, weil er Zweifel an seiner Entscheidung hat - vielleicht möchte die Person auch einfach nur erklären, wieso sie sich für dies und das und jenes entschieden hat und nicht anders, sodass andere Personen die Entscheidung nachvollziehen können und es keine Zweifel gibt.
Ich denke, dass die Aussage, dass Rechtfertigung ein Zeichen von Zweifel sein kann, durchaus ihre Berechtigung hat. Wenn ich selbst von etwas überzeugt bin und dahinter stehe, dann sehe ich oft keine Notwendigkeit, mich vor anderen zu rechtfertigen oder meine Entscheidungen zu erklären. Es gibt jedoch auch Situationen, in denen ich mir unsicher bin und deshalb versuche, meine Entscheidung vor anderen zu rechtfertigen. Ich hoffe dann, dass die anderen mir zustimmen und so meine Zweifel etwas mildern können.
Natürlich gibt es auch Menschen, die sich für alles rechtfertigen, ohne Zweifel zu hegen. Vielleicht möchten sie einfach nur ihre Entscheidungen erklären oder sich vor anderen als verantwortungsbewusste Person darstellen. Aber ich denke, dass es in der Regel ein Zeichen von Unsicherheit ist, wenn man sich für etwas rechtfertigt.
Bei mir selbst habe ich auch schon beobachtet, dass ich mich für meine Entscheidungen rechtfertige, wenn ich mir unsicher bin. Es ist dann irgendwie beruhigend, wenn ich merke, dass auch andere meiner Meinung sind oder zumindest Verständnis für meine Entscheidung zeigen.
Dennoch würde ich nicht sagen, dass Rechtfertigung immer ein Zeichen von Zweifel ist. Manchmal ist es auch einfach notwendig, sich zu erklären oder seine Position zu verteidigen. Es kommt also immer auf die Situation und die Person an.
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