Streik - wie lange habt ihr noch Verständnis?
In letzter Zeit haben sehr viele Unternehmen gestreikt. Ich selbst war nicht von dem Streik der Deutschen Bahn betroffen und auch nicht vom Kitastreik, aber die Postbank hat auch gestreikt und ein Kartenhersteller der auch die Krankenkarten meiner Krankenkasse gedruckt hat. Im Fernsehen werden die Streiks häufig angesprochen und sind ein fortwährendes Thema. Immer wieder wird auch gefragt, ob die Leute noch Verständnis haben.
Ich selbst hätte bei der Bahn Verständnis, wenn der Streik ein oder zweimal passieren würde. Mehrere Male beeinträchtigen aber nur die Menschen und kaum die Leute, die man damit beeindrucken will. Am Ende hat man eigentlich kaum Kunden verloren, denn mit der Bahn fahren meist Menschen, die einfach keine andere Wahl haben. Und auch bei der Kita verstehe ich es nicht ganz, denn die Eltern müssen das Kind so oder so wieder da abgeben und können an die Forderungen nicht erfüllen.
Habt ihr auch bei mehreren längeren Streiks noch Verständnis für die streikenden Unternehmen oder hört das irgendwann bei euch auf? Schließlich können die Menschen die der Streik trifft in der Regel nichts daran ändern.
Ich finde die Streiks auch wirklich blöd und bin zum Glück auch nicht davon betroffen, zumindest nicht mehr, da meine Kinder jetzt in die Grundschule gehen. Ich hätte drei Wochen Kindergartenstreik auch nicht überbrücken können und hätte vermutlich als alleinerziehende Mutter meinen Job verloren, wenn ich keinen der Notfallplätze bekommen hätte.
Was ich auch immer unmöglich finde, ist wenn die Fluggesellschaften streiken, dann geht ja auch wirklich gar nichts mehr und ich würde mich mehr als ärgern darüber. Ich muss sagen das ich für alle Streiks kein Verständnis habe und auch noch nie Verständnis hatte. Ich selber bin Medizinische Fachangestellte, auch völlig unterbezahlt und wir haben noch nie gestreikt!
Streiks sind ja generell ein wichtiges Mittel, um bessere Bedingungen für Arbeitnehmer durchzusetzen. Von daher habe ich dafür schon ein gewisses Verständnis. Allerdings hört das Verständnis dann auf, wenn es gar nicht mehr um die Arbeitnehmer geht, sondern um Machtspiele der Gewerkschaften. Das ist ja im Moment bei den Bahnstreiks der Fall. Da geht es eigentlich nicht mehr um Gehaltserhöhung, sondern nur noch darum, dass die GDL Angst hat, ihre Macht zu verlieren.
Ähnlich sehe ich das, wenn sich eine Elite einer Berufsgruppe durch einen Streik einen erheblichen Vorteil verschafft. Das ist zum Beispiel bei der IG-Metall der Fall. Ein ungelernte Arbeiter in einem IG-Metall-Betrieb verdient inzwischen deutlich mehr als ein Facharbeiter in einem kleineren Betrieb. Ähnlich sieht es bei den Piloten und der Lufthansa aus. Das verzerrt einfach den Wettbewerb und den Arbeitsmarkt so sehr, dass man nicht mehr von einem gesellschaftlichen Nutzen ausgehen kann.
Ich habe so lange Verständnis für Streiks bis die Atbeitsbedingungen annehmbarer für die Arbeitnehmer werden. Wenn jemand Vollzeit in die Arbeit geht, aber nicht einmal seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, ist das einfach nicht richtig. Ebenso das Überstunden nicht bezahlt werden, Pausenzeiten nicht eingehalten werden und manche bis zu dreizehn Stunden arbeiten müssen, und das bei befristeten Verträgen die oft dazu genutzt werden die Arbeitnehmer unter Druck zu setzen.
Die Bahn ist davon mal ausgenommen, dort wird es langsam übertrieben, und genau deshalb sinkt auch das Verständnis der Kunden. Von der Bahn bin ich langsam aber sicher auch ein wenig genervt. Aber grundsätzlich bin ich voll und ganz für Streiks und finde das in unserer Wirtschaft viel öfter gestreikt werden sollte.
Morgen fallen auch wieder 1600 Flüge der Lufthansa aus. Die Lufthansa zeigt in unseren Medien auch kaum noch Verständnis dafür. Dies wird alles auf dem Rücken von zahlenden Fluggästen ausgetragen. Verdi gehört schon längst verboten und dann haben auch die zahlenden Fluggäste ihre Ruhe und ihre gebuchten Flüge.
In Japan ist es angeblich so, dass wenn dort die Bahn streikt, die Fahrgäste kostenlos mitfahren können. Das tut den normalen Leuten nicht so weh, aber spült halt kein Geld in die Unternehmenskassen. In Frankreich sind Streiks deutlich konsequenter und da wird die Arbeit auch niedergelegt, aber die Streiks sind nicht so freundlich wie bei uns und können sich sogar über Wochen hinziehen.
Ich bin der Meinung, dass Streiks richtig wehtun müssen. Das Problem ist jedoch, dass die Einigungen in Deutschland ja auch nur mehr oder weniger schleppend vonstatten gehen und nur minimale Ziele erreicht werden. Ich hätte kein Problem damit, wenn einige Branchen wochenlang streiken würden und es aber sinnvolle Verhandlungen gäbe.
Es ist aber auch klar, dass Fahrgäste oder andere Menschen darunter leiden müssen. Bei uns in der Gesundheitsbranche ist es so, dass wir auf Notbetrieb umstellen, weil kein Mensch aufgrund des Streikes leiden soll. Aber das sind meistens nur ein bis zwei Tage. Wenn die Bahn streikt, dann muss ich halt gegeben falls aufs Auto zurückgreifen, geht bei mir auch. Oder Fahrgemeinschaften machen. Oder ich fliege halt nicht in meinen Urlaub und hole mir mein Geld bei den Fluggesellschaften zurück.
Ich bin bei der ver.di und finde sie halt teuer, aber sie hat ihre Daseinsberechtigung. Denn ohne Gewerkschaften würden manche Unternehmen mit ihren Leuten machen was sie möchten. Es gäbe keine Überstundenangleichungen, Pausenzeiten würden gar nicht eingehalten und auch andere Dinge liefen gewaltig schief. Und ich bin auch der Meinung, dass man streiken sollte, insbesondere wenn man nur arbeitet, und gerade so über die Runden kommt, denn die Gehälterstruktur ist teilweise echt beschissen. Und da sind mir die zahlenden Fluggäste mit ihren bezahlten Flügen ehrlich gesagt auch egal.
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