Wie stark müssen die eigenen Gefühle überwacht werden?

vom 15.01.2018, 07:44 Uhr

Ich habe kürzlich ein Interview mit einer Soziologin aus Israel gelesen, die der Ansicht ist, dass unser moderner Lebensstil eine enorme Überwachung unserer Gefühle erfordert. Denn schließlich war man zuvor noch nie mit so vielen Menschen umgeben, noch nie zuvor hätte man mit so vielen Menschen gearbeitet, in derart komplexen Organisationen. Wie sieht aber so eine Überwachung der eigenen Gefühle aus und wie stark sollte so eine Überwachung sein? Kann man das ohne weiteres schaffen oder muss man dafür einen Kurs für Selbstmanagement belegen?

Benutzeravatar

» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Das eigene Verhalten zu reflektieren kann sicherlich nie schaden. So sollte man sich schon intensiv mit den eigenen Handlungen und Gefühlen auseinandersetzen. Man kann einfach mal darüber nachdenken, wie man gehandelt hat, ob das gut war oder eben nicht. Einen extra Kurs braucht man deswegen meiner Meinung nach nicht, immerhin muss man ja nur sich selber einschätzen und bewerten und da kann man ja ruhig auch kritisch sein und das mit sich selber auch gut ausmachen.

Benutzeravatar

» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich würde erst mal differenzieren zwischen dem Gefühl auf der einen Seite und dessen Ausdruck auf der anderen. Dass ein psychisch gesunder Mensch manchmal einfach stinkwütend ist oder sonst eine Emotion empfindet, ist unsere Natur und kann auch durch "Überwachung", Selbstmanagement und ausgewogene Ernährung nicht verhindert werden.

Das Problem liegt eher darin, dass besagte Gefühle auch irgendwo hin müssen, und da hat unsere moderne Zivilisation nur sehr wenige sozial akzeptierte Nischen geschaffen. Sprich, beim Ziegenhüten irgendwo in den Bergen konnte man wohl eher schreien und mit Steinen um sich schmeißen, wenn man sich über den Nachbarsbauern geärgert hat, als heute in der Straßenbahn auf dem Weg vom Job nach Hause. Deswegen muss die Mehrheit der Gesellschaft ihre Emotionen mehr oder weniger im Griff behalten, mit allen Vor- und Nachteilen, die das mit sich bringt.

Von Gefühlsverdrängung im Sinne von "good vibes only" bekommt man agegen nur Neurosen und Magengeschwüre, die ja nicht zufällig moderne Zivilisationskrankheiten darstellen. Andererseits waren die Zeiten, als man seine Gefühle im Großen und Ganzen nicht so stramm im Griff haben musste, auch nicht unbedingt einfacher, weil dann eben Weib und Kind Schläge bekommen haben oder ähnliches.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^