Wohler fühlen mit rundblättrigen Pflanzen?

Ich habe eine Freundin, die sich im Moment sehr für Esoterik, insbesondere Feng Shui, interessiert. Neulich war ich einmal mit Halsschmerzen krank im Bett gelegen und sie war so nett, für mich einzukaufen und ein bisschen mit mir zu plaudern.

Ich habe im Wohnzimmer einen großen Kaktus, den ich von meinem Vater geerbt habe sowie eine Pflanze, deren Blätter oben spitz zulaufen und die ich schon sehr lange besitze. Meine Freundin schaute sich die Pflanzen an und sagte, dass sie sich gar nicht wundere, dass ich in der letzten Zeit so unzufrieden sei, bei dieser Bepflanzung in meiner Wohnung. Es sei doch mittlerweile bekannt, dass Pflanzen mit Stacheln, insbesondere Kakteen eine ständige Quelle des Unbehagens seien. Auch solle man keine Pflanzen mit spitz zulaufenden Blättern in seiner Umgebung halten, auch diese beeinträchtigen das Wohlgefühl und vielleicht sei meine Krankheit darauf zurückzuführen.

Das ist natürlich Unsinn, meine Halsschmerzen waren bakteriell bedingt und nach Gabe eines Antibiotikums wieder verschwunden. Aber die Sache mit den Stacheln und den spitzen Blättern machte mich doch nachdenklich. Ich finde ja eigentlich runde Blätter auch schöner. Vielleicht ist etwas dran, dass einen spitze Blätter intuitiv ängstigen und man sich dadurch unwohler fühlt, als wenn man von Pflanzen mit runden Blättern umgeben ist.

Welche Blätterform haben eure Zimmerpflanzen? Merkt ihr einen Unterschied, wenn ihr sie anschaut? Fühlt ihr euch besser, wenn ihr Pflanzen mit runden Blättern anschaut? Habt ihr vielleicht sogar Angst vor Pflanzen, die zu spitz zulaufen?

Ich habe auch viele Kakteen zu Hause und erfreue mich immer wieder deren Anblick. Ich sehe runde Blätter eigentlich nicht lieber und vor spitz zulaufenden Blättern fürchte ich mich nicht, ganz im Gegenteil sie beruhigen mich eher, da sich mich an Sonne und Urlaub erinnern. Ich bin kein esoterischer Mensch und auch nicht sonderlich begeisterungsfähig für solche Sachen. Runde Blätter fassen sich sicherlich besser an, vielleicht sollen sie auch aus diesem Grund besser sein. Ich weiß es nicht und verstehe auch nicht, warum man diese runden Blätter lieber anschauen will.

Was für ein Unsinn. Ich habe sowohl Pflanzen mit runden als auch mit spitzen Blättern, und kann nicht behaupten, dass irgendeine Pflanze in mir unterschwelliges Unbehagen auslösen würde. Natur ist Natur.

Was allerdings stimmt, ist, dass ein Raum, in dem ausschließlich spitze Winkel zu sehen sind, aggressiv macht. Das hat man tatsächlich wissenschaftlich überprüfen können. Offenbar gibt es psychologische Mechanismen beim Menschen, die einen dazu bringen, Rundungen positiver wahrzunehmen. Es gibt die Theorie, das sie auf die Prägung durch die mütterliche Brust zurückzuführen, und wiederum andere haben die Theorie aufgestellt, dass scharfgezackte Gegenstände unterbewusst als Waffen interpretiert würden und daher der Körper zur Abwehr Stresshormone ausschüttet. Das ist aber nicht abschließend geklärt, und sicher wird man noch viele neue Theorien dazu lesen. Sicher ist aber, dass es so einen unterbewussten Effekt tatsächlich gibt.

Also die Grundannahme des Feng Shui, dass in Wohnungen lieber Rundungen als Kanten gewählt werden sollten, ist zumindest nicht komplett aus der Luft gegriffen. Ich fand nach Feng Shui eingerichtete Räume bisher sogar meist recht angenehm. Also ich bin keine Esoterikerin und würde mein Leben nicht nach so einer Lehre ausrichten, aber gegen Feng-Shui-Raumgestaltung habe ich zumindest nichts, es sieht ja insgesamt wirklich nett aus. Vor allem viele asiatischstämmige Mitbürger achten bei ihrer Wohnungseinrichtung darauf, und warum auch nicht? Es schadet nichts und ist auch optisch kein Problem. Allerdings habe ich eckige Möbel, und es geht mir bestens, also halte ich nichts davon, so eine Lehre als Dogma anzusehen.

Vor allem macht es überhaupt keinen Sinn, daraus zu schließen, der Kaktus sei an der Halsentzündung schuld. Das ist eine ganz entschiedene Überinterpretation. Leider neigen viele Esoteriker dazu, alle möglichen Wehwehchen gleich auf eine Abweichung von der Heilslehre ihrer Wahl zurückzuführen. Da ist dann eben auch mal die Erkrankung von der falschen Inneneinrichtung ausgelöst, das würde ich aber nicht so ernst nehmen.

Grundgütiger, diese Esoteriker immer. Mir persönlich schwillt regelmäßig der Kamm, wenn jemand versucht, mir seine irrationalen Heilslehren aufzuzwingen. Ich kann ja schon nicht verstehen, wie man überhaupt an all diese Dinge glauben kann, aber wenn du schon der Meinung bist, dass das fliegende Spaghettimonster unser aller Schöpfer ist, dann behalte es doch bitte für dich! Und quäl mich nicht damit, dass meine spitzblättrigen Pflanzen für meine Halsschmerzen oder jedes sonstige Problem in meinem Leben verantwortlich sind.

Aber man erlebt es wirklich immer wieder, dieses Sendungsbewusstsein. Die Dame würde übrigens in meiner Wohnung schlimmste Schnappatmung bekommen, denn ich habe eine Yuccazucht. Die kleinste Pflanze ist vielleicht dreißig Zentimeter, die größten sind fast deckenhoch. Und davon gleich mehrere, und deren Blätter sind verdammt spitz. Aufm Boden steht sogar noch ein einsamer Kaktus, der auch schon fünffach so groß ist wie nach seinem Kauf vor einigen Jahren. Ob die mir vielleicht die Lebensenergie auszehren und deswegen alle so schnell wachsen?

Wie auch immer, wenn ich versuche, irgendeinen wahren Kern in diesen Behauptungen zu finden, könnte ich mir vorstellen, dass es an der teilweise tatsächlich gegebenen Gefährlichkeit spitzer Blätter, gerade für die Augen, liegt. Leider habe ich mir auch schon einmal in einem der zweiten oder dritten Lockdowns beim Beschneiden ein Yuccablatt seitlich ins Auge gehauen. Ich hatte eine Augenverletzung, die mich in den Notdienst meines Arztes führte und gleichzeitig unfassbares Glück. Ein halber Millimeter tiefer ins Auge und ich hätte notoperiert werden müssen. Für die Augen oder vielleicht auch für kleinere Tiere oder Kinder sind sehr spitze Blätter und Kakteen in Wohnräumen wirklich ein zweischneidiges Schwert. Ohne Schutzbrille nähere ich mich meinen Pflanzen nur noch ungerne.

Vielleicht ist dieser Aspekt mit in die Lehre eingeflossen, wie ja auch in der Bibel manche Sachen unter wissenschaftlicher Betrachtung Sinn ergeben. Aber eben nicht, weil sie von Gott so vorgegeben oder gewollt sind, sondern weil die Menschen der damaligen Zeit entsprechende Beobachtungen gemacht hatten und ihr Wissen deswegen als Handlungsvorgabe für alle in ihr Werk einfließen lassen wollten. Nur eben unter dem Mantel der Religion.