Kontaktabbruch zu euren Eltern für euch vorstellbar?

vom 30.08.2020, 23:35 Uhr

Ich habe neulich einen Artikel gelesen, dass es einige Menschen gibt, die den Kontakt zu ihren Eltern komplett abbrechen. Meistens wurden diese Kinder von ihren Eltern sogar großgezogen und lebten auch in der selben Wohnung. Viele Eltern sind betroffen und diese schämen sich an die Öffentlichkeit zu gehen. Einige Eltern leiden auch sehr stark psychisch darunter.

Könntet ihr euch vorstellen, den Kontakt zu euren Eltern ganz abzubrechen? Ich muss zugeben, ich könnte dies nicht, weil diese für mich schon sehr viel gemacht haben. Ich kenne auch keinen in meinem Freundeskreis, der den Kontakt zu seinen Eltern gänzlich abgebrochen hat.

» Amborosia001 » Beiträge: 81 » Talkpoints: 46,14 »



Ja, das kann ich mir vorstellen und in gewisser Weise mache ich das auch immer wieder. Ich ziehe mich dann zurück, wenn sich meine Eltern mir gegenüber mies verhalten, ich mir blöde Sprüche drücken lassen muss und ich mal wieder als wertlos abgestempelt werde. Das passiert mir leider schon immer so und als Kind und junge Erwachsene hat mein Selbstbewusstsein sehr unter diesen Attacken gelitten, wobei die auch zum größten Teil von meiner Mutter ausgehen. Da ist einfach einiges schiefgelaufen.

Hätte ich nun keine Kinder, würde ich mich wahrscheinlich noch weniger melden. Ich finde aber, dass meine Angelegenheiten und mein Frust mit meinen Eltern nichts mit meinen Kindern zu tun haben und die sich ihr eigenes Bild machen müssen. Das ist mir einfach wichtig und wenn ich dann in dem Moment meinen Eltern ausgesetzt bin reißen sie sich auch eher zusammen. Sie geben sich immer dann Mühe, wenn ich nicht die Nähe suche und auf Abstand bin. Hätte ich keine Kinder, würde ich aber kein Notwendigkeit sehen mich den verbalen Attacken aussetzen zu müssen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich selbst gehöre zu den Leuten, die den Kontakt zumindest zu einem ihrer Elternteile komplett abgebrochen haben. Das liegt aber schlichtergreifend daran, dass meine Eltern geschieden sind und mein Vater sich nach der Scheidung nicht sehr loyal beziehungsweise auch nur ansatzweise fair gegenüber meine Mutter verhalten hat. Nach über 25 Jahren Ehe sollte man ja meinen, dass man in der Lage ist im Guten auseinander zu gehen und wie Erwachsene alles vernünftig zu klären. Das konnte mein Vater aber nicht und hat einen Rosenkrieg angefangen, wahrscheinlich angefächert durch seine neue Frau.

Nicht nur, dass ich mitbekommen habe, wie er meine Mutter in der Zeit hat leiden lassen und sie bis auf den letzten Cent ausgenommen hat, genau so wie meine Großeltern väterlicherseits - auch mir gegenüber hat er sich nicht besser verhalten, hat sich nicht an Absprachen gehalten, hat mich mehrfach hängen lassen, wenn ich ihn gebraucht hätte. Es sind noch einige Sachen mehr vorgefallen, aber das würde jetzt zu weit führen.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich kann verstehen, dass es manchmal Gründe gibt, den Kontakt zu den eigenen Eltern abzubrechen. Vielleicht gab es in der Vergangenheit schwerwiegende Probleme oder Missverständnisse, die nicht ausgeräumt werden konnten. Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte und seine eigenen Erfahrungen gemacht, die zu dieser Entscheidung führen können.

Persönlich kann ich mir jedoch nicht vorstellen, den Kontakt zu meinen Eltern komplett abzubrechen. Ich bin dankbar für alles, was sie für mich getan haben und immer noch tun. Natürlich gibt es auch bei uns manchmal Meinungsverschiedenheiten oder Probleme, aber ich denke, dass wir immer einen Weg finden werden, um miteinander umzugehen und unsere Beziehung aufrechtzuerhalten.

Ich denke auch, dass der Kontakt zu den eigenen Eltern eine wichtige Rolle im Leben spielen kann, gerade wenn man selbst Kinder hat. Man kann von ihnen lernen, von ihren Erfahrungen profitieren und auch selbst Verantwortung übernehmen, um eine gute Beziehung aufzubauen. Natürlich gibt es immer Ausnahmen und jeder muss für sich selbst entscheiden, was das Beste für ihn ist.

Ich denke jedoch, dass es wichtig ist, den Kontakt zu den eigenen Eltern nicht leichtfertig aufzugeben, sondern erst alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine Lösung zu finden. Es gibt auch professionelle Unterstützung, wie etwa Familientherapeuten, die helfen können, Konflikte zu lösen und Beziehungen zu verbessern.

» Aguti » Beiträge: 3109 » Talkpoints: 27,91 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



In meinem speziellen Fall hat die Natur mir die Entscheidung bereits abgenommen, wenn man so will. Und auch zu Lebzeiten hatte ich nicht immer das engste Verhältnis zu meinen Eltern, aber schlimm genug für einen Kontaktabbruch war es dann doch nicht. Und irgendwo wird man gerade als Tochter ja auch so sozialisiert, dass man sich verpflichtet fühlt, sich um die betagten Eltern zu kümmern.

Dennoch kann ich vollkommen verstehen, dass Kinder den Kontakt zu ihren Eltern abbrechen. Dass die Altvorderen für den Nachwuchs "schon sehr viel gemacht" haben, ist ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit, daraus allein ergeben sich keinerlei Ansprüche auf Bespaßung, Betreuung oder Enkelkinder. Und mit materiellen Dingen ist es eben auch nicht getan. Man kann seinen Kindern die ersten 20 Jahre den Puderzucker pfundweise vorne und hinten einblasen, wenn man sie menschlich schlecht behandelt, besteht das Risiko, dass sie sich dauerhaft vom Acker machen.

Dass die Eltern unter einem Kontaktabbruch leiden, ist wiederum auch verständlich, aber Elternschaft alleine macht dich (entgegen aller Annahmen) nicht automatisch zu einem besseren Menschen oder einem, von dem man etwas lernen kann, außer, wie man seine Kinder nicht behandelt. Ich bin mir sicher, dass viele Eltern, die sich fragen, was sie denn falsch gemacht haben, die Antworten ihrer Kinder über Jahre hinweg immer wieder gehört, aber nie ernst genommen hatten. Und irgendwann wirst du entweder wahnsinnig oder du schmeißt hin und konzentrierst dich auf dein eigenes Leben und nicht mehr auf das von Leuten, die nie ein gutes Wort für dich hatten und dich widerwillig durchgeschleppt haben, weil sich Kinderkriegen eben so "gehört".

» Gerbera » Beiträge: 11310 » Talkpoints: 47,17 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Ich kann mir das durchaus vorstellen, auch wenn ich das für mich so nicht anwenden will. Wenn einem die eigenen Eltern aber nicht gut tun und der Kontakt zu einer psychischen Belastung wird, dann bringt es meiner Meinung nach nichts, den Kontakt zwanghaft aufrechtzuerhalten, auch wenn es eben die Eltern sind. Man muss sich meiner Meinung nach nicht alles gefallen lassen und wenn eine Beziehung toxisch ist, dann sollte diese beendet werden, egal ob es sich um Partner, Eltern oder Freunde handelt.

Ich habe den Kontakt zu meinen Eltern zwar nicht abgebrochen, aber doch stark eingeschränkt. Ich habe gemerkt, dass es mir so gut geht wie noch nie in meinem Leben, seitdem ich von zu Hause ausgezogen bin und mich immer mehr von meinen Eltern abgekapselt habe. Dabei fiel es mir gerade zu Beginn sehr schwer, Grenzen zu ziehen. Mir taten meine Eltern wahnsinnig leid, die nur mich als Tochter haben und sonst mit keinen anderen Verwandten in Kontakt stehen. Ich hatte lange Zeit das Gefühl, sie völlig im Stich zu lassen und ihnen in den Rücken zu fallen. Genau dieses Gefühl gaben mir meine Eltern aber auch selbst, indem sie mir immer wieder vorweinten, ich müsse sie doch besuchen kommen oder wieder zurückziehen, da sie sonst zerbrechen würden.

Mit der Zeit ist dieses Gefühl dann aber zum Glück immer weniger geworden und auch mein schlechtes Gewissen hat nachgelassen. Ich habe mit der Zeit erkannt, dass ich nicht für das Glück anderer verantwortlich bin, auch nicht für das meiner Eltern. Es tut mir leid für sie, dass sie nicht glücklich in ihrem Leben sind, aber ich bin nicht diejenige, die es ändern kann. Und ich will nicht mein Leben weiterhin vollkommen aufgeben, nur um sie zufriedenzustellen.

Und wenn ich merke, dass es mir wieder zu viel wird mit den ganzen Vorwürfen und allem, dann ziehe ich mich wieder für eine Weile zurück und dann gibt es auch eine Weile keinen Kontakt. So funktioniert das für mich am besten und auch meine Eltern müssen das so akzeptieren. Es hat gedauert, aber zum Glück funktioniert das mittlerweile ganz gut.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


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