Wann habt ihr euch im Leben schon zu viel gefallen lassen?
Bei mir gab es auf jeden Fall schon Situationen, in denen ich mir einfach zu viel gefallen lassen habe. Teilweise habe ich das dann erst im Nachhinein richtig registrieren können, teilweise wusste ich es aber auch schon währenddessen, habe es aber nicht wirklich geschafft, etwas daran zu ändern, auch wenn ich natürlich unglücklich mit dieser Situation war. Und teilweise haben diese Phasen auch über einige Monate oder sogar Jahre angedauert.
Wann habt ihr euch im Leben schon zu viel gefallen lassen? Hat es sich um einmalige Situationen oder sogar um längere Lebensphasen gehandelt? Wusstet ihr schon währenddessen, dass ihr euch zu viel gefallen lasst oder kam die Erkenntnis dann erst später? Würdet ihr jetzt anders handeln?
Es gibt doch Situationen, wo man gar keine andere Wahl hat, als sich vieles gefallen zu lassen. Wenn ich zum Beispiel an die Willkür mancher Behörden denke. Was soll man da denn machen? Im Achteck springen? Das ändert doch auch nichts. Ich hatte als Studentin damals auch den Fall, dass ich von einer Bafög-Sachbearbeiterin über den Tisch gezogen worden bin, aber da ich von ihrer Laune abhängig war und froh war, überhaupt Geld von ihr zu bekommen, habe ich die Klappe gehalten, weil es ja hätte sein können, dass sie den Geldhahn komplett zudreht und ich dann auf dem Trockenen sitze.
Wenn kein Abhängigkeitsverhältnis besteht wie zum Arbeitgeber, Behörden oder irgendwelchen Lehrern oder Dozenten, dann würde ich mir im Leben auch nichts gefallen lassen und ich bin dann der Typ, der dann die Krallen rausfährt und eine Grenze zieht, weil es mir irgendwann zu bunt wird. Das geht aber nur, wenn wie gesagt kein Abhängigkeitsverhältnis besteht, weil man sich ansonsten schnell ins eigene Fleisch schneidet und dadurch nur Nachteile haben könnte.
Man muss sich im Leben einige Dinge gefallen lassen, einfach weil man abhängig ist. So fängt es schon als Kind an, da muss man dann alles machen, was die Eltern wollen und sich unterordnen und wenn man dann später eine Arbeit hat, dann muss man sich die schlechte Laune seines Chefs oder dessen komische Ideen auch geben und kann nicht einfach alles sein lassen oder den großartig die Meinung geigen.
Ich habe mir sehr viel im privaten Bereich gefallen lassen, da ich absolut schüchtern war. Da habe ich mich dann ausnutzen und schlecht behandeln lassen und aus heutiger Sicht würde ich das nicht mehr mitmachen und mich nicht mehr so verhalten.
Bei mir hat es ziemlich lange gedauert, bis mir gedämmert ist, dass ich nicht mehr "gehorchen" muss, sondern prinzipiell(!) tun kann, was ich will, und auch mal auf den Tisch hauen, wenn es mir angemessen erscheint. Ich schiebe diese Einstellung auf eine ziemlich rückständige Erziehung zu Gehorsam, Disziplin und "keine Widerrede!". Wenn man erst mal durch jahrelange Erfahrung darauf getrimmt ist, dass es sowieso nichts bringt, sich zu wehren, kommt man irgendwann nicht mehr auf die Idee. Folglich waren Teile meiner Kindheit und Jugend auch eher trist, weil ich naturgemäß vom Wohlwollen anderer abhängig war und auch aus eigenem Antrieb nur selten aus der Opferrolle herausgekommen bin.
Aber auch die mieseste Erziehung verblasst im Lauf der Jahre und Jahrzehnte, und mittlerweile kann ich ziemlich gut einschätzen, was ich mir wann gefallen lassen muss, und wann ich einfordern muss, was mir zusteht. Und dass meine Eltern bei allem guten Willen unrecht hatten, als sie mir einschärften, froh sein zu können, wenn sich überhaupt jemand mit mir abgibt. Ich bin auch wahrhaftig keine "Rebellin", sondern kann mich ganz gut in das Geflecht aus Regeln und Abhängigkeiten fügen, das auch für Erwachsene hierzulande das Leben zum großen Teil bestimmt. Nur wenn ich meine Rechte verletzt sehe, könnte es interessant werden, sich mit mir anzulegen.
Ich lasse mir generell nicht viel gefallen in meinem privaten Leben. Aber es gab Zeiten, wo ich sehr alleine war und mir dann alles romantisiert habe. Also habe ich mir unbewusst einiges gefallen lassen was ich normalerweise nicht getan hätte. Das ist mir dann später aufgefallen und heute habe ich keine Probleme mehr allein zu sein. Lieber bin ich alleine als in irgendwelchen ungesunden Freundschaften und Beziehungen verwickelt zu sein. Man muss die Liebe zu sich selbst finden und dann kennt man seinen Wert und weiß wie man behandelt werden soll. Ist natürlich schwer umzusetzen aber das gehört auch zum Leben. Aus allem lernen wir.
Es gab in meinem Leben auch schon Phasen, in denen ich gemerkt habe, dass ich mir zu viel gefallen haben lasse. Bei mir kommen diese Phase der Erkennung aber meistens zu spät. Meistens merke ich erst, nachdem die Situation vorbei ist, dass ich mich anders verhalten hätte sollen. Ich versuche dann aber trotzdem, mir keine Vorwürfe zu machen. Aus jeder Situation lernt man. Egal ob die Einsicht eine Minute, 1 Stunde oder 5 Jahre nach dem Ereignis kommt.
Ich denke, dass ich mich in meinem Leben schon öfters zu viel habe gefallen lassen. Das betrifft sowohl einmalige Situationen als auch längere Phasen in meinem Leben. Währenddessen habe ich oft schon gewusst, dass ich mich nicht wohl dabei fühle, aber es war schwer für mich, das Problem anzusprechen und aktiv etwas zu ändern.
Eine lange Zeit habe ich mich zum Beispiel in meinem Job nicht wirklich wohlgefühlt. Ich war unglücklich mit meinen Aufgaben und fühlte mich auch von meinem Chef nicht wirklich wertgeschätzt. Aber ich habe es nicht geschafft, das anzusprechen und nach einer Lösung zu suchen. Stattdessen habe ich einfach weitergemacht und mich durchgebissen, was mich auf Dauer aber sehr belastet hat.
In anderen Situationen habe ich mich vielleicht von Freunden oder Bekannten ausnutzen lassen und zu oft "ja" gesagt, obwohl ich eigentlich lieber "nein" gesagt hätte. Auch hier war ich mir meistens währenddessen schon bewusst, dass ich mich überfordere, aber ich konnte nicht gut Grenzen setzen.
Heute würde ich definitiv anders handeln und versuchen, das Problem direkt anzusprechen und eine Lösung zu finden. Ich habe gelernt, dass es okay ist, für sich selbst einzustehen und dass man nicht alles hinnehmen muss, was einem unangenehm oder unpassend erscheint.
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