Bei Lappalien gleich an schwere Erkrankungen denken

vom 11.12.2020, 00:16 Uhr

Ich selbst bin eine Krankenschwester und ich muss sagen, dass ich doch ein wenig dazu neige, bei manchen Sachen zu übertreiben beziehungsweise dass ich immer erst an das Schlimmste denke. Grade im privaten Kreis neige ich dazu, dass ich mir dann sehr viele Gedanken mache bei kleineren Erkrankungen und immer das Schlimmste vermute, auch, wenn ich dann nach Außen hin rational handle und quasi die richtigen Schritte einleite.

Das fängt schon damit an, dass ich bei Atemnot nicht denke, dass sich jemand grade angestrengt hat und es nur an der Anstrengung liegt, sondern mein erster Gedanke dann ist, dass die Person doch sicher grade eine Lungenembolie oder sonstiges hat. Selbst wenn ich sehe, dass die Person vorher mehrere Treppen gelaufen ist und vielleicht nicht ganz fit ist, so habe ich doch immer den schlimmsten Ausgang im Hinterkopf. Manchmal geht mir das selbst auf die Nerven, aber ich denke, dass es daran liegt, dass wir in der Ausbildung auch immer darauf vorbereitet werden, das Schlimmste zu erwarten und uns zu freuen, wenn es das nicht ist. Frei nach dem Motto: Haben ist besser als brauchen.

Kann jemand von euch nachvollziehen, wie ich mich fühle? Gibt es unter euch vielleicht auch Leute, die immer erst an die schlimmste Diagnose denken? Habt ihr einen medizinischen Hintergrund oder seid ihr nicht “vom Fach”, wenn es um Krankheiten geht?

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich kann das absolut nachvollziehen und an sich ist das auch gar keine schlechte Sache. Immerhin kann es ja auch mal sein, dass du die richtige Vermutung hast und dann auch helfen kannst. Du kannst ja auch dein Wissen im Kopf nicht ausschalten und siehst ja auch nicht die leichten Fälle, sondern nur die Fälle, bei denen das nicht gut ausgegangen ist und da ist es doch normal, dass man das seinem Umfeld gerne ersparen würde und da sofort die Alarmglocken angehen. Man weiß halt auch zu viel in dem Moment und hat zu viele Dinge gesehen. Eigentlich spricht das sehr für deine soziale Art.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Also ich finde es falsch, immer vom Schlimmsten auszugehen und gleich an schwere Erkrankungen zu denken. Gerade im Moment erlebt man es häufig, dass man sobald man nur niest, gleich als asozial gilt und unterstellt bekommt, dass man ja Corona weiterverbreiten würde. Dabei hat man doch nur einfach geniest, weil die Nase gejuckt hat. Man sollte meiner Meinung nach grundsätzlich erstmal von dem Realistischsten ausgehen, ehe man sich die schlimmsten Szenarien ausmalt.

Ich habe mal gelernt, dass man auch bei den schlimmsten Szenarien Ruhe bewahren sollte und das behalte ich für mich auch bei. Eine Erkältung ist nicht gleich Corona mit einem schweren Verlauf, das Röcheln nach dem Treppensteigen ist nicht gleich ein Indikator für schwere Atemnot mit darauffolgender Embolie. Manchmal ist der Mensch einfach nur nicht fit und dann sage ich ihm, dass er versuchen sollte ruhiger zu atmen und eine Pause einlegen soll. Sollte es dann nicht besser werden, dann reagiere ich anders. Nach einem Schnitt in den Finger werde ich erstmal nicht an einer Sepsis sterben.

Wir haben in der Ausbildung auf Station nicht gelernt, dass wir direkt vom Schlimmsten ausgehen sollten, sondern erstmal genauer hinschauen sollen. Also analysieren, realisieren und dann reagieren. Unsere Ausbilder haben auch gesagt, dass wir nie von dem Schlimmsten ausgehen sollten, sondern besonnen und schnell an die Sache rangehen müssten. Und das habe ich bis heute beibehalten, ich bin im Einsatz meistens sehr ruhig und mache auf die meisten Menschen einen sehr entspannten Eindruck, was auch schon manch Schlimmeres abgewendet hat.

Ich war in meinem früheren Leben Gesundheits- und Krankenpflegerin auf einer Inneren, einer Stroke Unit, einer Chirurgie, einer Psychiatrie und in der Notaufnahme. Währenddessen war ich jahrelang bei der Feuerwehr und in der Notfallrettung unterwegs. Mittlerweile mache ich etwas ganz Anderes aus gesundheitlichen Gründen, bin aber wieder seit einigen Monaten in der Rettung unterwegs, weil es mir deutlich besser geht. Und dieses "Coolbleiben" hilft mir manchmal auch bei meinem aktuellen Job, in dem ich auch nicht immer vom Schlimmsten ausgehen darf, wenn etwas schiefgeht. Übrigens, privat reagiere ich manchmal schon anders, aber meistens bin ich auch recht gelassen, was so manche Dinge angeht.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12585 » Talkpoints: 9,82 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ich kenne aus dem Freundeskreis eine ganze Reihe Geschichten nach dem Motto "an dem, was man bei sich selber vermeintlich gerade diagnostiziert hat, sieht man, was gerade im Studium dran war".

Ich persönlich habe mit Medizin beruflich überhaupt nichts zu tun und gehöre eher zu den Leuten, die immer erst mal davon ausgehen, dass das alles total harmlos ist. War in der Vergangenheit auch nicht immer hilfreich, ich denke man muss da ein gesundes Mittelmaß finden.

Die "Corona Diagnosen" gehen mir im Moment auch etwas auf die Nerven. Ich hoffe echt, dass ich diesen Winter um eine Erkältung herum komme damit ich mir nicht bei jedem Huster die Frage anhören darf ob ich denn schon einen Test gemacht hätte.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich bin im Allgemeinen nicht hypochondrisch veranlagt. Mittlerweile kenne ich meinen Körper ganz gut und kann die meisten Beschwerden richtig einordnen. Also denke ich bei Lappalien nie an schwere Erkrankungen.

Ich merke allerdings auch, dass ich jetzt in diesen Coronazeiten meinen Körper genauer beobachte und mir bei leichten Halsschmerzen oder Schnupfen so meine Gedanken mache. Das kam aber im letzten Jahr nur zwei- oder dreimal vor.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich kann absolut nachvollziehen, wie du dich fühlst. Ich kenne das Gefühl, immer erst an das Schlimmste zu denken. Es ist ein bisschen wie eine Art Schutzmechanismus, um auf das Schlimmste vorbereitet zu sein und im Falle eines Falles schnell reagieren zu können.

Ich denke, dass dieses Denken auch stark von unserer Umgebung beeinflusst wird. Wir sind ständig von Nachrichten und Berichten über schlimme Krankheiten und Unfälle umgeben und das prägt uns irgendwie. Wenn man dann noch beruflich mit Krankheiten zu tun hat, verstärkt sich das Ganze noch einmal.

Aber ich denke auch, dass es wichtig ist, sich bewusst zu machen, dass nicht jede kleine Beschwerde direkt auf eine schlimme Erkrankung hinweist. Manchmal ist es auch einfach nur eine kleine Verkühlung oder eine Verspannung. Es ist also wichtig, auch rational zu denken und nicht immer das Schlimmste zu vermuten.

Ich denke, dass es hilfreich sein kann, sich bewusst zu machen, dass man dazu neigt, immer das Schlimmste zu denken und dann bewusst zu versuchen, auch andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Es ist auch wichtig, sich immer auf dem aktuellen Stand zu halten, was Krankheiten und Beschwerden betrifft, um besser einschätzen zu können, was wirklich ernst ist und was nicht.

Ich denke, dass es völlig normal ist, sich Sorgen zu machen, gerade wenn es um die Gesundheit geht. Aber es ist auch wichtig, sich nicht in Panik versetzen zu lassen und immer rational zu handeln.

» Aguti » Beiträge: 3109 » Talkpoints: 27,91 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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