Haben Innenstädte soziale Funktionen verloren?

In einem anderen Thread hatte ich schonmal über das Thema Innenstädte geschrieben, welches thematisch auf einem Spiegel-Artikel fußte, der mich beschäftigt hatte. Ich weiß nicht, ob es dieser Beitrag oder ein anderer war, aber bei mir blieb auch noch der Satz hängen, dass Innenstädte zunehmend ihre soziale Funktion verlören.

Wahrscheinlich sehen die meisten Innenstädte recht identisch aus: Zwischen einigen historischen Plätzen und Gebäuden reihen sich Fressbuden an Fressbuden, Handyläden, dazwischen einige wenige teure Spezialgeschäfte für die gehobene Kundschaft, Vertreter diverser Ketten, die jetzt zunehmend auch mehr und mehr an den Rand oder ins Virtuelle gedrängt werden. Dann gibt es noch diverse Cafés und Kneipen sowie Eisdielen neben Arzthäusern. Abgesehen vom Wohnen und eventuell noch Arbeiten, dürften die Innenstädte immer noch genügend besucht sein.

Ich persönlich habe eigentlich nur als Teenager den alltäglichen Raum der Innenstadt am Tag als sozial funktional wahrgenommen oder wenn man sich später mal vielleicht mit anderen zum Straßencafé-Besuch getroffen hat. Mit zunehmendem Alter haben sich soziale Aktivitäten mehr und mehr von der Innenstadt ins Private oder Grüne oder auch Virtuelle oder Außerstädtische verlagert, vom Nachtleben jetzt mal abgesehen.

Was genau ist denn aber für den einzelnen die soziale Funktion der Innenstadt? Gibt es diese überhaupt oder ist das nur ein soziologisches und damit für viele abstrakt bleibendes Konstrukt? Wenn es eine solche Funktion gegeben hat, inwiefern hat sie sich geändert? Habt ihr persönlich die Innenstadt als einen sozialen Raum für euch wahrgenommen?

Zu Coronazeiten ist sowieso alles anders geworden, aber eigentlich mag ich es schon gern, mich in den Innenstädten großer Städte aufzuhalten. Da gehört nicht nur das Straßencafé dazu, sondern auch die Möglichkeit, kulturelle Einrichtungen zu besuchen (Museen, Ausstellungen, Kinos, Theater, etc.), wo man ja auch auf Menschen trifft.

Klar, solange die ständigen Lockdowns das ganze Leben lahmlegen, lohnt sich ein Aufenthalt in einer Innenstadt nicht wirklich, aber sollte sich jemals die Situation wieder normalisieren, werde ich mich auch wieder gern in den Stadtzentren aufhalten und die dortigen Angebote nutzen und auch dabei die Begegnung mit den Menschen genießen.

Ich persönlich sehe die Innenstadt nicht mehr als sozialen Raum, sondern eher als einen Ort, an dem man schnell seine Einkäufe erledigt oder sich für einen kurzen Moment aufhält. Es gibt zwar noch Cafés und Restaurants, die zum Verweilen einladen, aber ich treffe mich eher selten mit Freunden in der Innenstadt. Die meisten sozialen Aktivitäten finden bei mir entweder zu Hause oder in Parks oder anderen grünen Flächen statt.

Ich denke, dass die soziale Funktion der Innenstadt im Laufe der Zeit abgenommen hat, weil sich unsere Art der Kommunikation und Interaktion verändert hat. Früher war die Innenstadt der Ort, an dem man sich traf, um Neuigkeiten auszutauschen oder um zu flanieren und gesehen zu werden. Heute erledigen wir das meiste davon online oder in sozialen Netzwerken. Wir brauchen nicht mehr physisch anwesend zu sein, um mit anderen in Kontakt zu treten oder uns zu informieren.

Auch die Veränderungen im Einzelhandel haben dazu beigetragen, dass die Innenstadt an Bedeutung verliert. Viele Menschen kaufen heute online ein oder gehen in große Einkaufszentren am Stadtrand. Die kleinen Läden in der Innenstadt können oft nicht mit den Preisen und der Auswahl der großen Ketten mithalten und haben deshalb Schwierigkeiten zu überleben.

Ich denke, dass die Innenstadt trotzdem wichtig bleibt als historischer und kultureller Ort, an dem man die Geschichte und das Erbe der Stadt erleben kann. Aber als sozialer Raum hat sie für mich persönlich an Bedeutung verloren.