Welche Vorurteile haben andere Menschen euch gegenüber?

Man erwischt sich ja selbst immer wieder dabei, dass man Vorurteile anderen Menschen gegenüber hat, die man nicht oder noch nicht so gut kennt. Ich versuche möglichst, keine Vorurteile zu haben, wobei es mir aber auch nicht immer gelingt. Allerdings habe ich öfter auch schon mitbekommen, dass andere Vorurteile mir gegenüber haben.

Welche Vorurteile haben andere Menschen euch gegenüber und woher wisst ihr das? Habt ihr schon einmal mitbekommen, wie andere über euch reden oder lästern oder wie kam es sonst dazu?

Jeder hat Vorurteile, und sie sind im Prinzip auch keine schlechte Sache und wichtig für eine funktionierende Gesellschaft. Es ist sinnlos zu versuchen, "keine Vorurteile" zu haben, weil es absurd ist, immer alle Möglichkeiten gleichermaßen im Blick zu behalten und als gleichwertig anzusehen. Ich nehme da immer das Beispiel: Frau mit Kinderwagen. Eigentlich ist es ja schon ein "Vorurteil", sie als Mutter anzusehen. Es könnte ja genauso gut die Tante, Babysitterin, amtlich bestellte Betreuerin, große Schwester oder eine finstere Babyentführerin sein. Aber wer denkt schon in solchen Kategorien?

Mir gegenüber existieren bestimmt auch Vorurteile. Da ich jedoch nichts darauf gebe, ob und wenn ja, was hinter meinem Rücken geredet oder "gelästert" wird, kann ich dazu keine klaren Aussagen treffen. Generell habe ich den Eindruck, dass ich "harmloser" oder generell ein bisschen unterbelichteter wirke, als ich bin. Äußerlich eher der Typ "graue Maus", aber das hat bei mir System und Methode, und ich kann nur jedem davon abraten, mich als schüchtern oder feige abzutun.

Ich weiß, dass ich vom Ersteindruck her auf viele Menschen langweilig, spießig, verklemmt und streberhaft wirke. Das liegt zum einen daran, dass ich nicht ganz so leicht und locker in Gespräche mit neuen unbekannten Personen gehe, sondern mir schon Gedanken mache und einen guten Eindruck erwecken will, was teilweise dazu führt, dass ich wenig spontan und etwas gehemmt auftrete. Zum anderen bin ich in der Tat recht korrekt und diszipliniert in gängigen Verhaltensregeln und in Dingen, die ich mir vorgenommen habe. Wer mich also an der Arbeit antrifft, der wird zunächst einmal bemerken, dass ich sehr auf Pünktlichkeit, Erledigung meiner Pflichten und Einhaltung meiner Zeitpläne bedacht bin.

Wenn ich aber mal aus meinem durchgetakteten Alltag herauskomme und mit einer Person etwas enger werde, dann kann ich auch ganz andere Seiten von mir zeigen und gelöster, humorvoller und weniger angespannt sein. Daher sind viele Leute im Verlauf ganz überrascht, die Wandlung zu beobachten, und melden mir dies auch zurück. In meinem Abi-Buch stand sogar der sehr treffende Satz: „Ich dachte erst, man könnte mit dir nur über Schule reden, aber man kann ja auch richtig Spaß mit dir haben“.

Da sich Vorurteile meistens anhand äußerlicher Faktoren bilden, werde ich eben manchmal mit Vorurteilen konfrontiert, die es typischerweise gegen Menschen meines Typs gibt. Da ich ein "weißer älterer Mann" bin, gibt es da eben die "weißer alter Mann"-Vorurteile, obwohl ich (hoffentlich) ganz anders ticke als der typische "weiße alte Mann". Andere Vorurteile werden manchmal von meinem Sternzeichen abgeleitet, sofern Menschen sich an Sternzeichen orientieren. Je nachdem, wo ich mich aufhalte, kommen manchmal regionalspezifische Vorurteile dazu, also z.B. Vorurteile gegen Bayern oder gegen Deutsche.

Beispielsweise leitet man typischerweise von meinem Äußeren häufig eine Vorliebe für Bier ab, obwohl ich im Jahr vielleicht ein Glas Bier trinke, denn mir schmeckt Bier überhaupt nicht. Außerdem meinen manche Leute, sie könnten mir eine Freude machen, indem sie mit mir über Fußball ein Gespräch anfangen, obwohl ich damit überhaupt nichts anfangen kann und auch gar keine Ahnung davon habe.

Mir hat zumindest niemand gesagt, was er von mir so auf den ersten Eindruck denkt und was er für Vorurteile hat, außer ein Mann, der mir mal angedichtet hat ich würde jugendlich aussehen wollen, weil ich eine kurze Hose an hatte. Es war aber einfach heiß und mir ist es da scheißegal, was irgendwer von mir denkt, ich ziehe dann eben auch sehr kurze Hosen an. Ich weiß auch gar nicht warum ich das nicht machen sollte.

Ansonsten haben mich die Leute früher immer schüchtern eingeschätzt und so dass man mir nichts zutrauen kann, aber da war das auch so. Ich hatte eine Körperhaltung wie ein Hase auf dem Sprung und in der Richtung, dass man mich doch bitte nicht ansprechen sollte, das ist heute anders.

Ich denke, jeder von uns kennt das Gefühl, Vorurteilen ausgesetzt zu sein. Es ist eine unangenehme Erfahrung, wenn man merkt, dass andere Menschen schon eine Meinung über einen gebildet haben, ohne einen wirklich zu kennen. Auch ich habe in der Vergangenheit Vorurteile erfahren müssen.

Einmal habe ich mitbekommen, wie eine Arbeitskollegin über mich lästerte. Sie hatte mich noch nicht wirklich kennengelernt und basierte ihre Meinung über mich auf Äußerlichkeiten und ein paar flüchtigen Begegnungen. Sie behauptete, ich sei eingebildet und würde immer nur versuchen, im Mittelpunkt zu stehen. Das hat mich natürlich sehr verletzt, vor allem weil es überhaupt nicht der Wahrheit entsprach. Ich habe versucht, das Gespräch mit ihr zu suchen und ihr zu erklären, dass sie ein falsches Bild von mir hatte, aber ich habe das Gefühl, dass sie es nicht wirklich verstanden hat.

Es ist schwer zu sagen, woher die Vorurteile gegen mich kommen. Vielleicht liegt es daran, dass ich manchmal etwas schüchtern wirke oder nicht sofort auf andere zugehe. Oder es ist einfach nur eine Sache des Aussehens oder der Kleidung. Was auch immer der Grund sein mag, ich versuche mich nicht von solchen Vorurteilen beeinflussen zu lassen und lasse lieber meine Taten für mich sprechen.

Über Vorurteile kann ich ein Lied singen, denn sie begleiten mich schon mein ganzes Leben lang. Es fängt mit den ganzen frauenspezifischen Vorurteilen an. Ich hab mir da schon einiges anhören dürfen, was ich als Frau angeblich alles nicht könnte: Mathe, Technik, Handwerken usw. Oder dass ich als Frau ja ein Sprachtalent sei. Das mag allerdings nur für die deutsche Sprache gelten, mit Fremdsprachen habe ich nicht viel am Hut.

Gerade erst letzte Woche bekam ich zu hören, dass ich als Frau ja verstehen müsse, dass jemand so viele Schuhe habe. Dabei besitze ich gerade mal drei Paar Schuhe und das letzte hat mir mein Freund gekauft, weil ich Schuhe kaufen hasse und das von mir gewünschte Paar (ich kaufe wenn möglich immer die gleichen Schuhe, dann weiß ich, dass sie passen) nicht selbst gefunden habe.

Es gibt dann noch weitere Vorurteile, weil ich doch ein wenig (oder auch ein wenig mehr) übergewichtig bin. Das gipfelt dann darin, dass Ärzte mich oder meine Krankheitssymptome gar nicht ernst nehmen oder auch einfach nicht behandeln. Ich solle erst mal abnehmen! Dann würde ich auch keine Probleme haben, auch keine Grippe.

Meine witzigste Erfahrung mit Vorurteilen in Bezug auf mein Übergewicht war mit zwei Zwillingen im Teenager-Alter. Ich war zum damaligen Zeitpunkt als "Aufpasserin" mit auf eine Freizeit gefahren und dabei kam es zu einem Völkerballspiel mit mir auf der einen Seite und den Zwillingen auf der anderen Seite. Wir waren als letzte unserer Teams übrig geblieben im Feld und die Zwillinge regten sich darüber auf, dass sie mich einfach nicht abwerfen konnten, obwohl ich doch so ein großes Ziel bot. Wer so dick sei, muss doch auch unbeweglich sein! Und ich hätte doch schon längst schlapp machen müssen!

Vor neun Jahren, als mein Freund (im Rollstuhl sitzend) und ich dann im Tierheim waren und uns für einen Hund interessierten, hat uns die Dame an der Anmeldung einfach aufgrund des Anblicks kategorisch abgelehnt. Wir bekämen keinen Hund von ihr. Dabei hatten wir noch keinen einzigen Satz zu unserer Wohnsituation gesagt oder unserer Hundeerfahrung oder was wir uns so vorstellten. Einfach nur: Rollstuhl der eine, dick die andere - es gibt keinen Hund!

Ich denke, dass viele Leute mich auch für ziemlich dumm halten. Letzt hat mich eine Nachbarin erst wieder dreist angelogen, weil sie meinte, ich wäre zu dumm, um die Lüge zu durchschauen. Dabei war sie so offensichtlich, denn der Dieb stand mit dem Diebesgut noch hinter ihr, keine fünf Meter entfernt. Aber sie behauptete steif und fest, da hätte nichts gestanden und es wäre auch niemand da gewesen, obwohl das halbe Haus gehört hatte, wie ihr Hund den Dieb angebellt hatte.

Aber das sind nur kleine Beispiele. Im Endeffekt schlage ich mich schon mein ganzes Leben damit herum. Dicke Frau mit blonden Haaren, da gibt es einfach viel zu viele Vorurteile und die wenigsten nehmen sich die Zeit, um tatsächlich den Menschen kennen zu lernen. Viele schrecken davor schon zurück oder beharren einfach auf den Vorurteilen.