Neuartige Gendersprache wichtig oder absurd finden?

vom 22.08.2021, 21:21 Uhr

Laut den neuesten Umfragen empfindet die überwiegende Mehrheit der Deutschen die neuartige Gendersprache als nervig und eher unwichtig. Ich finde auch oftmals das Lesen etwas mühsam und die unterschiedlichen Schreibweisen sind auch verwirrend. Welche Empfindungen habt ihr denn bei der neuen Gendersprache und wie kommt ihr mit deren Einhaltung im Alltag zurecht? Welche Beispiele empfindet ihr denn als sinnvoll und welche besonders absurd?

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» Lupenleser » Beiträge: 1130 » Talkpoints: 851,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ein Stück weit ist das für mich absurd. Schon dass man früher bereits die Tendenz gesehen hat, an den Plural das "innen" dran zu hängen, also statt Mitarbeiter dann Mitarbeiter/innen zu schreiben, kam mir unnötig vor, weil es für mich völlig klar ist, dass da auch die Frauen gemeint sind und nicht nur männliche Mitarbeiter. Als Frau fühle ich mich da auch nicht irgendwie diskriminiert oder hintenan gestellt, weil ich bei der Formulierung nur mit gemeint bin. Das hat Texte oft unnötig kompliziert gemacht.

Noch schlimmer sind nun die Auswüchse mit Gender-Sternchen oder großem I. Das sieht blöd aus im Text und veralbert die Sprache. Wenn sich der diverse Mensch eben nicht in einem Wort wiederfindet, meine Güte, hat er Pech gehabt. Man muss nicht jede Randgruppe mit einer eigenen Formulierung würdigen.

» vde » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich finde Toleranz und Respekt drückt sich nicht nur durch Sprache aus, sondern vor allem durch Taten. Wenn ich nun ein blödes Wort verwende, mich aber für diese Gruppe einsetze und das einfach aus Unwissenheit sage, muss ich ja kein schlechter Mensch sein. Ich finde das gendern oft einfach nur lästig. Es hat mich noch nie gestört, wenn man beispielsweise von Mitarbeitern gesprochen hat, wenn man als Chef mit Angestellten spricht. Da braucht es doch keine Pause um dann Innen dran zu hängen. Da habe ich mich durchaus auch angesprochen gefühlt.

Wenn man sich nun aber selber nicht richtig zuordnen kann, beidgeschlechtlich geboren ist oder vielleicht auch im falschen Körper geboren ist, dann ist es schwierig jemanden richtig anzusprechen, aber ich finde da hilft Offenheit weiter und miteinander reden, wie gesagt ein respektvoller Umgang. Handelt man voller Respekt und ist hilfsbereit und liebevoll im Umgang, interessiert es auch wenig, wie man jemanden richtig anspricht.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich weiß nicht, wie man mit so einem Aktionismus irgendwelche vermeintlichen Probleme zu lösen können glaubt. Wenn es denn in der Tat eine Diskriminierung von Frauen gibt, dann liegen Ursachen und Probleme ganz woanders, nämlich in der Gesellschaft. Durch die Verbiegung der Sprache ändert sich am Problem an sich überhaupt nichts. Ich wende das auch nicht an.

Ob dies irgendwann so weit Einzug hält, dass man nicht mehr drum herumkommt, bezweifle ich. Denn Sprache kann man nicht von oben herab "vorschreiben". Sprache ist etwas, das sich von selbst weiterentwickelt.

» Paulie » Beiträge: 554 » Talkpoints: 0,24 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich glaube "unwichtig" trifft es ganz gut, jedenfalls in den meisten Bereichen. Bei Stellenanzeigen macht es wohl tatsächlich einen Unterschied wie man die formuliert und wer sich dann angesprochen fühlt und sich bewirbt. Und da macht es auch Sinn "Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen" nicht auszuschreiben weil das natürlich mehr Platz einnimmt und in der Zeitung mehr kostet.

Aber ansonsten glaube ich nicht, dass man damit irgendwas verbessern wird und damit irgendwas für Frauenrechte erreichen wird. Es ist so eine dämliche Symbolgeschichte und wenn Frau sich dann beschwert, dass sie immer noch weniger verdient als die männlichen Kollegen kann man darauf verweisen, dass man für sie doch jetzt immer brav KollegINNEN sagt.

Wenn ich Leute höre, die so sprechen, frage ich mich immer, wie Ausländer damit wohl klar kommen oder Menschen mit beeinträchtigtem Gehör. Wenn ich mich teilweise schon frage was denn nun "innen" war und wie das überhaupt in dem Kontext des Satzes passt. Der "KellnerINNEN" bedient doch im Straßencafé. Irgendwie absurd, dass überall von Inklusion die Rede ist aber gleichzeitig eine Sprache benutzt wird, die einen Teil der Bevölkerung ausschließt.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Vielleicht einmal ein Aspekt, der tief aus meinem vorurteilsbehafteten Inneren kommt: Wenn jemand "Unsere Soldaten und Soldatinnen" oder "Liebe Polizisten und Polizistinnen" oder "WählerInnen" sagt, laufen bei mir im Kopf ganz automatisch Trennungsassoziationen ab. Es gibt da was männliches und was weibliches. Das sollte aber doch gar keine Rolle spielen. Es gibt da auch Soldatinnen und nicht nur Soldaten. Die sind etwas anderes als Soldaten, irgendwie schwächer. Für meine Berufsbezeichnung habe ich früher immer die allgemeine Form gewählt. Wenn ich Maurer gewesen wäre, hätte ich gesagt, dass ich Maurer bin. Mir kam das völlig normal vor.

Und wo finden sich bei WählerInnen die Geschlechtslosen oder Zweigeschlechtlichen wieder? Jemand meinte mal, dass das die Lücke vor dem Binnen-I sei. Meine Neffe behauptete einmal, in den USA sei die weibliche Form des Doktors verboten, weil das insinuiert, dass das kein richtiger Doktor sei. Ich weiß nicht, wie diese weibliche Form lautet und ob das überhaupt stimmt. Ich fühle mich jedenfalls angesprochen, wenn jemand von Bürgern, Mietern und Wählern redet.

Es gibt allerdings Bereiche, wo man über die Berufsbezeichnung nachdenken sollte, etwa bei Putzfrau oder Krankenschwester. Aber ich denke, das wird auch offiziell nicht mehr so genannt. Reinigungsfachkraft und Krankenpflegekraft bieten sich da an. Bei KrankenpflegerIn würden sich wahrscheinlich Männer nicht so angesprochen fühlen, insbesondere vielleicht ausländische Pflegekräfte in meiner vorurteilsbehafteten Welt. Da hätte man wieder das analoge Problem nur andersherum.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


blümchen hat geschrieben:Meine Neffe behauptete einmal, in den USA sei die weibliche Form des Doktors verboten, weil das insinuiert, dass das kein richtiger Doktor sei. Ich weiß nicht, wie diese weibliche Form lautet und ob das überhaupt stimmt.

Was genau ist da denn laut deinem Neffen verboten? Die umgangssprachliche Bezeichnung für eine Medizinerin kann es schon mal nicht sein, weil das ja gar keine offizielle Berufsbezeichnung ist und man deshalb gar nichts verbieten könnte. Und akademische Titel werden im Alltag genau wie in Deutschland auch in der Regel abgekürzt. Wie genau kann man aus einem "PhD" oder einem "Dr." über das Geschlecht der Person erfahren? Gar nichts. Was will man da also verbieten?

Ich habe in einem alten Text mal "lady doctor" gelesen und dachte erst damit sei ein Gynäkologe gemeint, bis ich verstanden habe, dass es sich um eine Ärztin handelt. Das gab es aber bei vielen Berufsbezeichnungen, dass ein "lady" oder "woman" davor gesetzt wurde, weil es oft ja keine weibliche Form gibt und Frauen in diesen Berufen eine Ausnahme waren. Aber ich habe das mit Ausnahme von "male nurse" noch nie in modernen Texten gelesen. Manche Ausdrücken kommen einfach aus der Mode, ganz ohne, dass die Sprachpolizei mit Verboten eingreifen muss.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Für mich persönlich ist es, als Frau, eher unwichtig. Ich selbst habe kein Problem damit, wenn die allgemeine Bezeichnung in Artikeln oder Beiträgen übers Auto zum Beispiel „Fahrer“ ist. Das Wort muss man in meinen Augen nicht anpassen und ich fühle mich beim Wort „Fahrer“ genau so angesprochen wie bei „Fahrerin“, weil ich diejenige bin, die das Fahrzeug führt. In meinen Augen muss man also nicht alles für beide beziehungsweise alle Geschlechter anpassen. Da es ja in den heutigen Tagen mehr als nur drei Geschlechter in Form von männlich, weiblich und neutral gibt, wird es irgendwann ein enormer Aufwand, wenn man es noch an die ganzen aktuell dazukommenden Geschlechter angleichen soll und man weiß am Ende gar nicht mehr, was man sagen soll, damit man auch wirklich niemandem zu nahe tritt.

Ich selbst finde es zum Beispiel auch ausreichend, dass man im Allgemeinen für Leute, die man nicht kennt, die Pronomen „er“, „sie“ und „es“ verwendet. Anders werde ich es auch nicht machen, sofern eine Person mich nicht speziell darauf hinweist, dass sie mit diesem und jenem Pronom angesprochen werden möchte. Man kann nicht erwarten, dass Leute automatisch erraten, womit man gerne angesprochen werden möchte und dann jedes Pronom verallgemeinern sollen, nur weil vielleicht 1 von 100 Personen genau diese Anrede braucht. Wer sie für sich selbst und sein Wohlbefinden benötigt, der sollte dies meiner Meinung nach äußern. Wenn die Person es tut, dann sollte man aber auch darauf eingehen.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Ich finde diesen Genderwahn eher absurd und völlig am Thema vorbei. Allein diese Diskussion darum zieht die ganze Angelegenheit ins Lächerliche und es verändert sich absolut nichts in der Denkweise von gerade denjenigen, die es am nötigsten hätten. Durch die Lächerlichkeit wird das Umdenken meiner Meinung nach gerade behindert.

Und das Lesen oder noch schlimmer Hören solcher Gendersprache finde ich grauenvoll! Da bekommt man vor Sternchen, Schrägstrichen und -innen ja gar nichts mehr vom Textinhalt mit! Ich finde es eine Zumutung, solche Texte vorgesetzt zu bekommen! Da ist die juristische Verwaltungssprache ja noch eine Kleinigkeit gegen!

Ich habe letztens ein Buch gelesen, in dem die Problematik anders gelöst wurde auf eine sehr viel nutzerfreundlichere Art und Weise. Am Anfang des Sachbuches war ein Hinweis darauf, dass die männliche oder weibliche Form keine Hinweise darauf seien, ob Mann oder Frau gemeint seien, sondern dass beides einfach wild durcheinander benutzt werden würde, um zu zeigen, dass beide Geschlechter gemeint seien, aber trotzdem lesbar zu bleiben.

Und tatsächlich war die Lesbarkeit sehr gut! Es fiel mir recht schnell schon gar nicht mehr auf, welche Form benutzt worden war. Ansonsten bin ich immer noch die ältere, rein männliche Schreibweise von vielen Personen gewohnt, sodass es auffiel, wenn mal von einer Frau die Rede war.

Ich finde aber, dass man da, wo es sich anbietet, vielleicht auch mal eine neutrale Form versuchen sollte. Statt Arbeiter und Arbeiterinnen vielleicht die arbeitende Belegschaft. Statt Kollegen und Kolleginnen das Kollegium. Statt die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen die steuerzahlenden Personen.

Und ansonsten denke ich, dass diese Diskussion völlig überflüssig ist und an der eigentlichen Sache vorbei geht. Ich frage mich auch, wann die ersten erkennen, dass wir ja beim Gendern wieder nur die männliche und weibliche Form benutzen. Dabei haben wir vor kurzem doch erst realisiert, dass es auch ein diverses Geschlecht gibt, das sich keiner der beiden Form zugehörig fühlt. Wollen wir diese Personen nun wieder ausgrenzen? Wie sprechen wir beim Gendern diese Personen mit an?

» SonjaB » Beiträge: 2698 » Talkpoints: 0,98 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich persönlich habe gemischte Gefühle zur neuen Gendersprache. Einerseits finde ich es wichtig, dass alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht gleichermaßen angesprochen werden und keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts stattfindet. Andererseits empfinde ich die Schreibweise manchmal als unpraktisch und schwer lesbar. Gerade in längeren Texten, wie zum Beispiel in wissenschaftlichen Arbeiten, kann es sehr anstrengend sein, ständig zwischen "innen" und "innen" hin- und herzuspringen.

Im Alltag versuche ich trotzdem, die neue Gendersprache zu berücksichtigen und verwende beispielsweise das Gendersternchen oder die Doppelpunkt-Schreibweise. Manchmal fällt es mir jedoch schwer, die richtige Schreibweise zu finden, besonders wenn es um seltene oder komplizierte Wörter geht. Auch im Gespräch ist es manchmal schwierig, die richtige Formulierung zu finden, ohne dass es künstlich oder gezwungen klingt.

Beispiele, die ich als sinnvoll empfinde, sind beispielsweise die Verwendung von geschlechtsneutralen Bezeichnungen wie "Studierende" statt "Studenten" oder "Studentinnen". Besonders absurd empfinde ich jedoch die Verwendung von Gendersternchen oder Doppelpunkten in allen Wörtern, zum Beispiel "Studierenden" oder "Lehrer:innen". Hier geht meiner Meinung nach die Lesbarkeit und Verständlichkeit des Textes verloren und es wirkt unnötig kompliziert.

Letztendlich denke ich, dass es wichtig ist, eine Balance zwischen der Berücksichtigung der Gleichberechtigung aller Geschlechter und der Lesbarkeit und Verständlichkeit von Texten zu finden. Es ist sicherlich ein Prozess und wir müssen uns alle daran gewöhnen, aber ich denke, dass es sich langfristig positiv auf die Gleichstellung auswirken kann.

» Aguti » Beiträge: 3109 » Talkpoints: 27,91 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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