Raubüberfälle als Verzweiflungstat deklarieren
Bei uns in der Nachbarstadt wurde am Samstag ein Supermarkt überfallen. Im regen Kundenverkehr kam ein vermummter Mann mit einem Brotmesser bewaffnet zu einer Kassiererin und wollte Geld. Im Lokalradio wurde nun gesagt, dass es eine Verzweiflungstat des Täters war.
Kann man wirklich bei einem Raubüberfall mit einer gefährlichen Waffe von einer Verzweiflungstat sprechen? Ich war schon oft in meinem Leben verzweifelt und hatte auch kaum Geld und wusste teilweise nicht wie es weiter gehen sollte. Aber ich wäre niemals auf die Idee gekommen aus Verzweiflung einen anderen Menschen mit einer Waffe zu bedrohen.
Denkt ihr, dass man da wirklich von einer Verzweiflungstat reden kann? Sind das dann mildernde Umstände für den Täter und will man noch Mitleid mit dem Menschen haben? Wenn jemand verzweifelt ist, dann bemitleidet man diesen ja oft, wenn er es anderen mitteilt. Aber wenn es zu so einer heftigen Tat kommt, kann man da von dem armen verzweifelten Menschen reden?
Die Ursache war sicher ursprünglich Verzweiflung. Allerdings äußert sich Verzweiflung bei jedem Menschen anders. Und es kommt mir so vor, als könnten vor allem Männer schlechter mit Enttäuschungen und Verzweiflungen umgehen, als Frauen. Vielleicht liegt es in den Genen.
Es kann dann durchaus sein, dass sie soziopathisch werden und dann auf andere Menschen los gehen, diese bedrohen oder gar umbringen, wie es in diesem Fall passiert ist. Nicht jeder Mensch hat gelernt, mit Enttäuschungen umzugehen. Viele Menschen haben einfach Glück, dass sie nie ernsthaft enttäuscht wurden und müssen sich solchen Dingen auch nie stellen.
Und manche, wie die Threaderstellerin schreibt, waren schon einmal in verzweifelten Situationen, haben sich aber anders zu helfen gewusst, als kriminell zu werden. Verzweifelt waren sie aber trotzdem. Es kommt bei allem im Leben darauf an, wie etwas ist und was man daraus macht. Manchen Menschen gelingt es, aus einer Notsituation heraus sogar etwas zu erfinden und damit reich zu werden, während andere daran zerbrechen oder eben andere dafür verantwortlich machen und gefährden.
Es ist schwierig, sie nicht als Verzweiflung in den meisten Fällen zu deklarieren. Die meisten Raubüberfälle finden wirklich deswegen statt, weil jemand kein Geld hat, Schulden, nichts zu essen usw und keinen Ausweg mehr sieht. Das ist glaube ich durchaus der Fall, aber das entschuldigt natürlich gar nichts und das Vorhalten von Gegenständen wie Schraubenzieher, Waffen & Co ist wiederum keine Verzweiflung. Die Begründung dafür mag so sein, aber es ist ein bewaffneter Raubüberfall auf dem Mindeststrafe 6 Jahre stehen.
Wenn ich jetzt in einer Schuldenfalle stecke, keine Kohle habe, wohl vielleicht auch obdachlos bin, nichts zu essen usw. Dann lässt sich sowas als Verzweiflung sicherlich deklarieren, aber macht die Tat natürlich dadurch nicht besser. Es hätte aber vor Gericht eine „kleine Milderung“ wahrscheinlich mit sich.
Eine Waffe als Druckmittel und Nötigung zu nutzen, um das zu bekommen, was man will, ist aber für mich keine Verzweiflung mehr. Ein Raubüberfall ohne Waffe wird eben auch anders bewertet, als mit Waffe. Da gibt es normalerweise direkt die Mindeststrafe von 6 Jahren. Denn für mich fließt neben der Nötigung mit der Waffe (Messer, Schraubenzieher und Pistole) vieles mit ein. Der Raub an sich, die Nötigung und natürlich berücksichtigt man auch, die Angst der Leute, wenn vielleicht auch nicht im Urteil direkt.
Es gibt aber auch diejenigen, die Raubüberfälle machen, weil sie einfach nur Kohle wollen, Kohle, Kippen und Status. Die gehören auch nochmals dicker bestraft. Davon haben wir in E derzeit sehr viele. Die stehen dann da mit Baseballer & Co, rauben einen Kiosk aus, wollen Geld und mehr. Das hat da aber meist wenig, wenn man die Täter mal genauer sieht und auch hinterher was dazu erfährt mit „ich bin verzweifelt zu tun“, sondern mit ich brauche Kohle und Status für meine tolle Ehre.
Ich finde es immer schwierig Aussagen zu treffen, wenn man die Person gar nicht kennt. Natürlich kann man so verzweifelt sein so etwas zu tun. Gerade wenn einem der Kredit vielleicht drückt, man die Arbeit verloren hat und alles den Bach heruntergeht, wenn man nun nicht schnell Geld besorgt. Solche Sorgen kann ich schon irgendwie ein bisschen nachvollziehen. Dennoch ist nicht jeder Raub aus einer Existenzangst heraus. Viele Menschen finanzieren so generell ihr Leben. Verzweifelt ist da sicherlich nicht jeder.
Sobald so eine Tat passiert warten immer alle auf ein Motiv und irgendwie scheint man immer schnell auf Sympathie aus zu sein, es sich erklären zu wollen. Als normaler Mensch kann man es ja auch nicht nachvollziehen, wenn Menschen das aus reiner Gier machen.
Es ist sicherlich schwierig, eine klare Linie zu ziehen, ab wann eine Tat aufgrund von Verzweiflung begangen wurde und ab wann es sich um eine bewusste und geplante Tat handelt. Doch unabhängig davon, ob es sich um eine Verzweiflungstat handelt oder nicht, darf das Handeln des Täters nicht verharmlost werden.
Es ist wichtig, die Tat und ihre Folgen zu betrachten und den Täter für sein Handeln zur Verantwortung zu ziehen. Verzweiflung und finanzielle Probleme können sicherlich eine Rolle spielen, aber sie rechtfertigen nicht, dass man andere Menschen mit Waffen bedroht und ihnen Gewalt antut.
Gleichzeitig müssen wir uns fragen, welche Ursachen dazu führen, dass Menschen zu solchen Taten greifen. Wir leben in einer Gesellschaft, in der viele Menschen mit finanziellen Problemen zu kämpfen haben und es für sie oft schwer ist, aus eigener Kraft aus dieser Lage herauszukommen. Hier müssen wir als Gesellschaft ansetzen und Maßnahmen ergreifen, um die Lebenssituation der Menschen zu verbessern und sie zu unterstützen.
Letztendlich sollten wir uns immer bewusst sein, dass jede Tat und jeder Täter individuell betrachtet werden muss und es keine pauschalen Antworten auf komplexe Fragen geben kann. Wichtig ist, dass wir uns als Gesellschaft mit den Ursachen und Folgen von Verzweiflung und Gewalt auseinandersetzen und uns für eine gerechtere und menschenwürdige Gesellschaft einsetzen.
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