Was erwartet einen als ehrenamtlicher Hospizbegleiter?

vom 03.02.2022, 23:38 Uhr

Eine meiner Freundinnen hat mir heute eine Anzeige aus der regionalen Zeitung geschickt. Wir hatten uns schon vor längerer Zeit mal unterhalten, dass wir gerne in unserer Freizeit ein Ehrenamt übernehmen würden. Nun sucht unser regionaler Hospizverein Interessierte, welche sich zu einer 120-stündigen Ausbildung als ehrenamtlicher Hospizbegleiter anmelden möchten.

Während sie total begeistert von dieser Idee ist, bin ich dem Ganzen gegenüber noch sehr skeptisch. Ich weiß nicht, ob ich tatsächlich emotional der richtige Mensch dafür bin Menschen beim Sterben zu Begleiten. Ich glaube, ich würde mir das zu sehr zu Herzen nehmen.

Meine Freundin meinte nun aber, bestimmt müsse man gar nicht unbedingt nur den Sterbeprozess selbst begleiten. Sie meint zum Beispiel, man könne auch schon zu einem früheren Zeitpunkt einfach da sein für diese Menschen und vielleicht auch deren Umfeld, das heißt miteinander reden, vorlesen, spielen, kleine Ausflüge unternehmen oder notwendige Erledigungen. Das könnte ich mir schon eher vorstellen, wobei ich auch hier denke, dass es ja dann wahrscheinlich auch dazu gehört, den Menschen trotzdem auch in den letzten Stunden nicht alleine zu lassen.

Was bzw. welche Aufgaben erwarten einen ehrenamtlichen Hospizbegleiter? Habt ihr bereits selbst so eine Ausbildung und macht das ehrenamtlich? Was hat euch dazu bewogen und wie verarbeitet ihr das Erlebte? Würdet ihr die Ausbildung machen und euch darin "ausprobieren"?

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Das wird sicherlich auch so sein, dass man die Grenzen mit dem dortigen Personal irgendwie abstecken kann. Dennoch würde ich so etwas nicht machen, wenn man vorher schon so viele Zweifel hat. Es werden auch immer wieder Ehrenamtliche in Pflegeheimen gesucht. Da sterben die Leute durchaus auch, aber da ist es bestimmt weniger engmaschig wie in einem Hospiz. Man muss schon wirklich bereit für so eine Arbeit dort sein, gefestigt und das ist keine leichte Arbeit, weil man ja auch nicht genau weiß, wann es soweit ist.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Deine Freundin erscheint mir etwas naiv. Warum befinden sich die allermeisten Menschen denn im Hospiz, wenn nicht zum Sterben? Und ich weiß zumindest vom Zuschauen aus mehrfacher Erfahrung, dass Sterben nicht so abläuft wie im Rosamunde-Pilcher-Film.

Deine Freundin stellt sich also vor, dass im Hospiz prinzipiell noch ganz muntere Leute unterwegs sind, mit denen man "anfangs" noch Brettspiele spielen und im Park die Tauben füttern kann. Also keine gebeutelten Langzeitpatienten mit (was weiß ich) künstlichem Darmausgang, schwärenden Wunden oder fehlenden Körperteilen von unzähligen OPs? Und wenn die Leute dann schön ästhetisch und schicksalsergeben allmählich dahinsiechen, macht sie sich vom Acker und sucht sich den nächsten neuen Mitbewohner, der trotz Krebs im Endstadium noch Lust auf "Ausflüge" hat?

Und natürlich sind die Menschen im Hospiz immer "dankbar" für "Vorlesen" und ehrenamtliche Betreuung, und haben sich tapfer mit ihrem Schicksal abgefunden, sind also auch nie völlig durch den Wind, weil sie mit 28 nicht sterben wollen, oder die Medikamente und ihre zum Tode führende Krankheit ihr Hirn schmelzen lassen. Alles schon erlebt, und glaube mir, da machst du für die Person keine "Besorgungen" mehr.

Ich selber weiß ziemlich genau, dass ich für den Umgang mit Menschen in Extremsituationen nicht geeignet bin, da ich mit meinem eigenen Gefühlsleben gerade so zurecht komme. Ich würde die Balance aus emotionaler Nähe und Empathie, die unbedingt nötig ist, und deiner Freundin offensichtlich fehlt, und innerlicher Distanz nicht hinbekommen und entweder lieblos die Post verteilen und Tee nachfüllen, oder mehr heulen als die Angehörigen, wenn ich die ganze Lebensgeschichte von Frau X erfahren habe, während wir gemeinsam auf den Tod gewartet haben.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich finde es toll, dass dein Interesse geweckt wurde und du darüber nachdenkst, ein Ehrenamt als Hospizbegleiterin zu übernehmen. Ich persönlich habe bisher keine Erfahrung in diesem Bereich, kann mir aber vorstellen, dass es eine sehr anspruchsvolle und emotionale Aufgabe ist. Es erfordert sicherlich viel Einfühlungsvermögen, Geduld und Stärke, um Menschen in ihren letzten Lebensphasen beizustehen.

Wie du bereits erwähnt hast, kann es auch Aufgaben geben, die weniger direkt mit dem Sterbeprozess zu tun haben, wie zum Beispiel Gespräche führen, Freizeitaktivitäten organisieren oder notwendige Erledigungen übernehmen. Diese Aufgaben könnten auch eine Möglichkeit sein, in den Bereich der Hospizarbeit hineinzuschnuppern und zu schauen, ob es etwas ist, das man sich langfristig vorstellen kann.

Ich denke, es ist wichtig, sich vorher gut zu informieren und sich bewusst zu machen, was auf einen zukommt. Es gibt sicherlich auch Möglichkeiten, sich im Vorfeld auf die Arbeit als Hospizbegleiter vorzubereiten, zum Beispiel durch Seminare oder Gespräche mit erfahrenen Hospizbegleitern. Es ist auch wichtig, sich selbst gut zu kennen und zu schauen, ob man emotional stark genug ist, um diese Arbeit zu leisten.

Ich denke, es ist eine sehr wertvolle und wichtige Arbeit, die Hospizbegleiter leisten. Wenn man sich dazu berufen fühlt und die nötigen Voraussetzungen mitbringt, kann es eine sehr erfüllende Aufgabe sein. Es ist aber auch wichtig, sich bewusst zu machen, dass es eine Arbeit ist, die mit viel Trauer und emotionalen Belastungen verbunden sein kann.

» Aguti » Beiträge: 3109 » Talkpoints: 27,91 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



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