Sagen, man könne etwas nicht, damit man es nicht machen muss
Manchmal kann es ganz hilfreich sein, sich dumm zu stellen. Wenn man beispielsweise behauptet, etwas nicht zu können, kann man sich so von jeder Menge Arbeit befreien. Wenn man sicher weiß, dass die andere Person einem das nicht erst noch alles erklären wird, damit man es dann doch selbst machen kann, sondern es direkt selbst macht, ist das eine bequeme Ausrede, um selbst nichts tun zu müssen.
Natürlich sollte man so etwas nicht ausreizen und gerade im Beruf fände ich so etwas auch absolut unangebracht, da so ein Verhalten einem mehr Nachteile bringen wird als Vorteile. Habt ihr so etwas aber schon einmal gemacht und euch bei irgendetwas dumm gestellt, damit euch jemand die Arbeit abnimmt?
Dumm stellen ist nicht meine Stärke und ich habe auch keine Lust den Ruf "zu dumm zum Kopierer bedienen" oder etwas Ähnliches zu haben. Und wenn du damit so etwas wie "Schatz, ich weiß nicht wie man einen Nagel in die Wand schlägt" meinst, dann fände ich es meinem Partner gegenüber einfach unfair wenn ich ihn für die Arbeiten ausnutze, auf die ich selber keine Lust habe.
Da ich mich schlecht dumm stellen kann benutze ich in gewissen Fällen lieber die "wie mache ich das am Besten?" Methode. Beispiel: Mein Rücklicht war kaputt, ich habe beim Autohändler eine neue Birne gekauft und gefragt, ob er spontan weiß, wie man da am Besten dran kommt, dann muss ich nicht lange auf Youtube nach einem Erklärvideo suchen.
Er meinte dann, dass er gerade Zeit hat und dann hat er mir gezeigt wie man an meinem Auto die Birne wechselt und hat dabei natürlich für mich die Birne gewechselt. Ist aber gut, dass ich das jetzt weiß, weil das wirklich ganz anders funktioniert als bei meinem alten Auto.
Ich versuche zumindest im Job den schmalen Grat zwischen "dumm stellen" und, sagen wir, strategischer Inkompetenz zu begehen. Als ich noch jünger war, habe ich mich noch mehr engagiert, zu quasi jeder Neben- und Sonderaufgabe Ja und Amen gesagt, mich hier und dort eingearbeitet und auch in Themen hineingefuchst, die gar nicht in meiner Expertise lagen.
Und dann ist mir aufgefallen, dass ich so locker um die Hälfte mehr zu tun hatte als meine gleich gut oder schlecht bezahlten Kolleginnen, und auch teilweise recht anspruchsvolles Zeug. Frau Gerbera lernt schließlich schnell und gibt sich Mühe, während Frau Ranunkel fürs gleiche Geld seufzt, herumklickt, noch mehr seufzt und erst mal kopieren geht. Seitdem weise ich auch mal darauf hin, dass es etwas dauern könnte, dieses oder jenes noch "nebenbei" zu lernen und mich einzuarbeiten, und dass dafür etwas anderes liegenbleiben wird.
Privat dagegen finde ich es auch unfair, sich blöd zu stellen, um sich vor langweiligen oder lästigen Aufgaben zu drücken. Entweder ich finde selber heraus, wie man etwas macht, oder ich bezahle jemanden dafür, mir die Zündkerzen im Auto zu wechseln oder was auch immer. Ich nehme umgekehrt auch niemandem mehr ab, einfache Haushaltstätigkeiten nicht zu "können". Sag eben gleich, dass du keine Lust hast, und fertig.
Dazu gibt es doch passender weise den Spruch “Dummheit schafft Freizeit” und ich denke, dass da wirklich etwas dran ist. Wie du schon gesagt hast, haben manche Leute dann einfach nicht die Lust es einem zu erklären und machen es dann lieber selbst als die Zeit zu investieren, was eigentlich auch dumm ist, da sie es dann beim nächsten Mal vielleicht immer noch alleine machen müssen, weil man es nach wie vor nicht kann. Dementsprechend wäre es von der Person klüger, dass sie einmal die Zeit investiert und es einem erklärt anstatt es selbst zu machen, das dumm stellen funktioniert für diejenige Person dann aber nur begrenzt, weil man nicht jedes Mal behaupten kann es nicht zu können.
Ansonsten kenne ich die Situation aber auch, dass Leute einem nichts erklären wollen. Manchmal ist es so, dass man wirklich etwas nicht weiß und sich dafür nicht mal “dumm stellt”. In meiner Ausbildung war es so, dass ich manche Sachen einfach noch nicht wusste. Wenn ich dann die Krankenschwestern gefragt habe, wie ich es denn richtig mache, dann waren diese genervt und haben es dann gleich selbst gemacht anstatt es mir zu erklären. In solchen Situationen habe ich mich dann nicht mal dumm gestellt, sondern ich wusste es wirklich nicht aber die Krankenschwestern dachten wohl, dass ich es tue. Man sollte hier also nicht vorschnell urteilen.
Diese Masche ist absolut nicht meins und ich bin dann eher der Depp, der die Arbeit macht. Allerdings hat in der Kindheit mein Bruder diese Masche fast perfektioniert. Und mein Lebensgefährte kann das gleiche von seinem Bruder sagen. Beide haben nicht nur behauptet, dass sie etwa den Geschirrspüler nicht einräumen können. Wenn sie doch dazu verdonnert wurden, dann haben sie den Geschirrspüler so schlecht eingeräumt, wie es nur irgend ging.
Unsere Eltern haben diese Masche nicht durchschaut, sondern haben genauso reagiert, wie unsere Brüder - die seltsamerweise beide Christian heißen - es haben wollten: Sie mussten die "niedere" Arbeit des Einräumens des Geschirrspülers nicht mehr machen, sondern wir bekamen diese Arbeit, während die Christians Freizeit hatten.
Auch aufgrund dieser Kindheitserfahrung werde ich fuchsteufelswütend, wenn ich bemerke, dass jemand sich so versucht vor der Arbeit zu drücken. Wenn ich in der Position bin, dann hole ich denjenigen erst recht heran und lasse es ihn tun. Und weil er es angeblich ja nicht kann, erkläre ich es ihm haarklein und lasse es ihn so machen, dass ich dann zufrieden bin. Wenn derjenige versucht aufzumucken, dass er es anders kennt, lass ich ihn auflaufen, dass er es dann ja doch kann.
Das dauert oft mindestens doppelt so lang, als wenn ich es selbst gemacht hätte, aber ich kann es einfach nicht leiden, wenn sich jemand vor der Arbeit drücken will, die nun mal gemacht werden muss. Ich hab dafür einfach kein Verständnis!
Ich muss gestehen, dass ich tatsächlich auch schon einmal so getan habe, als ob ich etwas nicht könnte, um mir Arbeit zu ersparen. Es war allerdings keine bewusste Taktik, sondern eher eine spontane Reaktion. Ich hatte eine Aufgabe zu erledigen, die ich eigentlich schon oft genug gemacht hatte, aber aus irgendeinem Grund fiel mir an diesem Tag einfach nicht ein, wie es geht. Also habe ich meinen Kollegen gefragt, ob er mir noch einmal zeigen könne, wie es geht, obwohl ich das eigentlich schon wusste. Er hat es mir dann noch einmal erklärt und ich habe die Aufgabe abgegeben, ohne dass ich wirklich viel dafür tun musste.
Ich muss allerdings auch sagen, dass ich diese Taktik nur sehr selten anwende. Denn letztendlich ist es ja auch keine Lösung, sich immer dumm zu stellen und sich auf Kosten anderer durchs Leben zu mogeln. Man kommt im Leben einfach nicht weiter, wenn man sich nicht weiterbildet und sich auch mal an schwierigen Aufgaben versucht. Und im schlimmsten Fall wird man irgendwann entlarvt und das kann dann auch unangenehme Konsequenzen haben.
Ich denke, man sollte sich einfach darauf konzentrieren, seine Aufgaben so gut wie möglich zu erledigen und sich gegebenenfalls Hilfe zu holen, wenn man etwas nicht weiß oder kann. Man muss auch nicht immer alles können und es ist auch nichts Schlimmes daran, mal etwas nicht zu wissen. Das zeugt eher von Ehrlichkeit und Offenheit, als sich dumm zu stellen, um Arbeit abzugeben.
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