Wann ist es angemessen, andere bewusst zu ignorieren?

Wer ein Problem mit einer anderen Person hat, ignoriert diese unter Umständen. Man hat beispielsweise gemerkt, dass man ich einfach gar nicht versteht und bevor es immer wieder zu Konflikten kommt, ist es manchmal einfacher, sich nicht zu beachten. Oder man ist sauer auf jemanden und ignoriert ihn deshalb, dann aber oft nur zeitweise, bis sich die Situation wieder etwas beruhigt hat.

Kommt es bei euch vor, dass ihr andere Menschen manchmal bewusst ignoriert? Wann ist so ein Verhalten eurer Meinung nach angemessen? Ich finde es beispielsweise absolut nicht in Ordnung, jemandem nicht zu sagen, weshalb man ihn nicht beachtet und ihn in dieser Hinsicht im Ungewissen zu lassen.

Also in der Arbeit ist es schon so dass ich die allgemeinen Schlaumeier-Kommentare einer Kollegin gelegentlich ignoriere. Wenn sie mich allerdings direkt anspricht dann gebe ich ihr sowohl bei beruflichen als auch privaten Gesprächen eine angemessene Antwort. Wir sind beide Erwachsen und wissen miteinander umzugehen auch wenn wir nicht auf der gleichen Wellenlänge surfen.

Privat ignoriere ich niemanden. Wenn ich auf jeden sauer bin dann spreche ich mich mit ihm / ihr aus und sage auch was ich erwarte - zum Beispiel eine entsprechende Entschuldigung. Mein Partner ist da allerdings anders. Wenn er sauer ist dann ignoriert er mich gekonnt mehrere Stunden. Ich kann das überhaupt nicht haben weil ich ein großes Harmoniebedürfnis habe und Dinge / Streitigkeiten am Liebsten sofort geklärt haben möchte.

In meiner Jugend hatte ich mal eine Freundin die lange Zeit in den Kreis meiner vier besten Freundinnen gehört hat. Sie war dann für ein paar Wochen auf einem Schüleraustausch und als sie wieder kam hat sie plötzlich kein Wort mehr mit mir geredet und mich Monate lang ignoriert. Ich weiß bis heute nicht warum das passiert ist bzw. was der Auslöser war. Als sie dann wieder mit mir geredet hat hab ich mich nicht getraut danach zu fragen, weil ich Angst hatte sie würde mich dann wieder ignorieren. Diese Situation hatte sehr lange noch innerlich an mir genagt.

Meiner Meinung nach gibt es eigentlich kaum einen Grund warum man eine Person bewusst ignorieren muss. Sinn macht es für mich nur wenn man von einer Person bewusst provoziert wird und die Situation verbal eskalieren würde wenn man darauf reagiert. Da ist es dann besser man hat sich unter Kontrolle und sagt lieber gar nichts bzw. reagiert überhaupt nicht.

Ich bin generell für offene Kommunikation und wenn ich mit jemanden ein Problem habe, dann spreche ich das auch an. Deswegen muss ich eigentlich selten jemanden ignorieren. Manche Menschen scheinen es aber einfach nicht zu merken und diese Menschen, die einfach nicht aufhören wollen, ignoriere ich dann durchaus. Das bringt dann zumindest so viel, dass die dann durchaus darüber nachdenken und wenn sie das nicht schaffen, dann brauche ich den Menschen auch nicht in meinem Leben.

Ich denke, dass man allgemein sagen kann, dass es immer angebracht ist, dass man jemanden ignoriert, wenn er einem nicht gut tut. Es gibt Menschen, bei denen der Umgang mit ihnen einem selbst schadet. Man regt sich beispielsweise immer auf oder ärgert sich oder diese Personen rufen andere negative Gefühle und Eigenschaften bei einem hervor, die man sonst nicht hat. Wenn der Umgang mit einer Person also nur negative Auswirkungen auf das eigene Leben hat, dann ist in meinen Augen durchaus legitim sie aus dem eigenen Leben zu streichen und zu "ignorieren".

Ansonsten sollte man es der anderen Person dann aber auch, spätestens auf Nachfrage, erklären, warum man sich so verhält. Jemanden einfach so aus dem Nichts zu "ghosten" und so zu tun als ob es diese Person nie gegeben hätte ist unfair und kindisch. Die andere Person hat verdient zu erfahren, wieso man sich so verhält wie man sich eben verhält. Eventuell gibt es der anderen Person so ja auch die Möglichkeit etwas an ihrem Verhalten zu ändern und an den Dingen zu arbeiten, die sie falsch gemacht hat, sodass sie es vielleicht in der Zukunft anders handhaben kann, auch, wenn es am eigenen Umgang mit dieser Person nichts ändern sollte.

Allgemein finde ich auch, dass man miteinander reden sollte, um gemeinsam eine Lösung für das Problem zu finden. Sich also einfach zu ignorieren ist für mich keine Lösung. Dann würde ich zumindest mitteilen, dass ich über das Thema nicht mehr zu reden bereit bin oder etwas in der Art.

Aber bei kleineren Dingen, wie der Kollegin, die sich einfach in ein Gespräch einmischt, mit dem sie nichts zu tun hat, habe ich auch kein Problem damit, dann diese Person einfach mal in dem Moment zu ignorieren. Dann habe ich immer die Hoffnung, dass sie daraus lernt und sich nicht immer einmischt, weil es zu nichts führt.

Weder "ignorieren" noch "miteinander reden" sind in meinen Augen tatsächlich gute Problemlösungen bei Konflikten, weswegen ich im Einzelfall entscheide. Ich meine, was brächte es denn, bei irgendwelchen "Anlässen" für peinlich berührte Stimmung zu sorgen, weil Tante Gerbera nicht mit Cousine Monika redet und arrogant wegschaut, sobald Letztere auch nur atmet? Und Großpapas Hundertster ist vielleicht auch nicht der ideale Anlass, sich die Gute mal zur Brust zu nehmen und den Konflikt stundenlang im Nebenzimmer "auszudiskutieren", während der Kaffee kalt wird.

Ich kenne auch ein paar Leute, die bei mir eigentlich untendurch sind. Nur sind es leider KollegInnen und wenn ich sie im beruflichen Zusammenhang "bewusst ignoriere", kriege am Ende ich den Ärger. Und zu den meisten Jobs gehört eben auch ein Minimum an sozialem Miteinander von der Geburtstagsgratulation bis zur Weihnachtsfeier. Und in diesen Zusammenhängen finde ich es nicht "angemessen", jemanden demonstrativ zu ignorieren, weil da immer Dritte involviert sind, die auf mein persönliches Drama verständlicherweise keine Lust haben.

Von daher fahre ich ganz gut damit, wenn ein Kontakt unvermeidlich ist, maximal höflich-distanziert zu bleiben. Auch auf diese Art kann man recht gut ausdrücken, dass man mit dem Menschen nicht gerade auf freundschaftlichem Fuß steht, ohne andere Leute mit peinlichen Szenen zu behelligen. Wenn sonst keiner zuschaut, kann ich natürlich ignorieren, so viel ich will.

Es kommt durchaus vor, dass ich Menschen bewusst ignoriere, jedoch versuche ich immer, dies mit Bedacht und angemessen zu tun. Wenn ich beispielsweise eine Meinungsverschiedenheit oder einen Streit mit jemandem habe, kann es passieren, dass ich mich zurückziehe und diesen Menschen für eine gewisse Zeit ignoriere, um mich und meine Gedanken zu sortieren.

Ich denke, dass so ein Verhalten in manchen Fällen auch angebracht sein kann, wenn beispielsweise eine toxische Beziehung besteht oder wenn jemand eine Grenze überschritten hat. In solchen Fällen ist es oft besser, sich zurückzuziehen und Abstand zu nehmen, um sich selbst zu schützen und die Situation zu klären.

Allerdings stimme ich vollkommen zu, dass es nicht in Ordnung ist, jemanden ohne Grund oder Erklärung zu ignorieren. Wenn man sich nicht versteht oder eine Meinungsverschiedenheit hat, sollte man meiner Meinung nach offen und ehrlich kommunizieren und versuchen, das Problem anzusprechen und zu lösen. Ignoranz kann das Problem nur verschlimmern und die Situation verhärten.

Insgesamt denke ich, dass bewusstes Ignorieren von Menschen eine sehr individuelle Sache ist und immer von den Umständen abhängt. Es sollte jedoch immer bedacht und reflektiert geschehen, um nicht noch mehr Schaden anzurichten.