Sind Harry's Memoiren echt verwerflich?
Da in Spanien Prince Harry's Memoiren irrtümlich zu früh auf den Markt geworfen wurden, ist im Netz schon einiges bekannt. Vor allem Schilderungen zu Afghanistan, zum Lebenswandel und über den Bruder lassen die Wogen hoch schlagen.
Sind Harry's Memoiren echt verwerflich? Sollte man erst das offizielle Erscheinen hierzulande abwarten und nicht vorab Urteile fällen?
Natürlich muss man sich vorher damit beschäftigen um ein Urteil bilden zu können. Das was bisher bekannt ist, finde ich aber nicht besonders sympathisch. Ich meine, wenn er sich über seine Familie ausgelassen hat und er kann ja fast nichts anderes schreiben um interessant zu sein, dann finde ich das nicht fair und auch nicht wirklich seinem Stand entsprechend.
Auch über den Krieg zu sprechen ist in der Art und Weise wie es bisher preisgegeben wurde, einfach nicht angemessen. Natürlich kenne ich nicht das ganze Buch, aber ich finde, wenn er sein Leben für sich haben will, dann sollte er es auch gut sein lassen und einfach etwas für sich machen.
Ich werde die Memoiren unseres Prinzlings zweiter Ordnung wohl nicht lesen, da mich das Leben und Treiben diverser Royals nur dann interessiert, wenn sie schon länger tot sind. Die Geschichte verklärt doch einiges und macht interessante Anekdoten aus dem Leben von Leuten, die auf ihre Zeitgenossen wahrscheinlich eher nervig, neurotisch und verzogen gewirkt haben. Siehe Kaiserin "Sissi" und der "Märchenkönig".
Man kann natürlich darüber streiten, ob es guter Stil ist, nachdem Oma gerade so den Löffel abgegeben hat, handfest gegen die bucklige Verwandtschaft vom Leder zu ziehen, aber ich würde hier nicht die Moralkeule schwingen. Auch Windsors und Co sind allesamt nur Menschen und es ist bestimmt nicht das reine Zuckerschlecken, in der Sippe unter dem gnadenlosen Auge der Öffentlichkeit groß zu werden. Und nicht zu vergessen - der Bub hat ja in dem Sinne nichts Verwertbares gelernt und hat auch gewisse Ansprüche an den Lebensstil seiner Person und seiner Familie.
Da sind skandalumwitterte Memoiren und das dazugehörige Marketing auch eine lukrative Einkommensquelle, was schon die unterschiedlichsten "Promis" erkannt und für sich nutzbar gemacht haben. "Verwerflich" lohnt sich in der Hinsicht erheblich mehr als "Ach nun ja, ich war eben im Internat und in den Ferien habe ich Omas Corgis ausgeführt. Nette, normale Leute, allesamt!"
Ich weiß nicht, was in dem Buch für schlimme Sachen stehen, und die Königsfamilie interessiert mich auch nicht allzu sehr. Große Skandale können in Harrys Memoiren nicht aufgedeckt werden, sonst hätte man es wohl vorher erfahren. Ich stelle mir vor, dass meine Schwester oder sonst ein Familienmitglied in schwierigen privaten Zeiten, vielleicht nach dem Tod von Verwandten, ein Buch über ebendiese Verwandten oder Geschwister oder Tanten und Onkel geschrieben hätte. Das wäre auf jeden Fall taktlos gewesen, vielleicht sogar verwerflich.
Außerdem finde ich es ein bisschen früh, in Harrys Alter Memoiren zu schreiben. Ich würde ihm raten, zuerst einmal abzuwarten, ob er in höherem Alter nicht vielleicht eine ganz andere Sicht auf die Dinge bekommt. Aber wahrscheinlich erscheint dann nochmal ein Buch. Ich weiß nicht, warum manche Leute immer alles in die Öffentlichkeit ziehen, was im Privaten besser aufgehoben ist. So bedeutend für die Zeitgeschichte ist doch die königliche Familie in England nicht mehr.
Irgendwie kommt mir so vor, dass das Buch schon gänzlich aus den Schlagzeilen gekommen ist und man sich eher auf aktuelle Handlungen von Harry konzentriert. Ich denke auch nicht, dass das Buch so ein Bestseller geworden ist und mich persönlich würde es überhaupt nicht reizen, selbst dann nicht, wenn es kostenfrei verteilt werden würde.
Das Buch hat sich schon gut verkauft. Ich habe in diversen Buch Communities auch Diskussionen darüber gesehen, aber inzwischen sind die alle schon längst verschwunden.
Das ist halt eines von den Büchern, die angesagt sind solange die Marketing Maschine läuft, aber sobald die Werbung vorbei ist und die Presse sich anderen Themen zuwendet sind solche Bücher ganz schnell wieder vergessen. Das ist nicht die Art von Buch, das man sich nach dem Erscheinen markiert um es dann irgendwann im Verlauf des Jahres zu kaufen wenn man nach etwas Neuem zum lesen sucht. Das Buch kauft man entweder gleich oder gar nicht mehr. Oder vielleicht aus der Wühlkiste für 3,99.
Aber "verwerflich?" Natürlich hat er seine Familie verkauft, aber alle Menschen sind käuflich, es hat nur jeder seinen ganz eigenen Preis. Ich möchte mir darüber kein Urteil bilden weil ich wirklich denke, dass jeder seine Familie unter den richtigen (oder falschen) Umständen und mit der richtigen Motivation verkaufen würde.
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