Moralisch bedenklich gegen Organspende Haft zu verkürzen?
Im US-Bundesstaat Massachusetts sollen Häftlinge möglicherweise bald die Möglichkeit haben ihre Strafzeit zu verkürzen. Für diese Verkürzung sollen sie sich die Gefängnisinsassen bereit erklären Organe oder Knochenmark zu spenden. Für dieses „Organ- und Knochenmark-Spendeprogramm“ soll es von zwei Demokraten einen konkreten Gesetzesentwurf geben.
Angedacht ist, dass die Insassen mit ihrer Spende eine Verkürzung der Haft von mindestens 60 und maximal 365 Tagen erhalten können. Ein Ausschuss aus fünf Personen soll dabei über die Berechtigung zur Teilnahme entscheiden und das ganze überwachen.
Während die Demokratin Judith Garcia überzeugt ist von dieser Idee und es gut findet, dass man damit auch das Problem der langen Wartelisten für Organspenden angeht, gibt es natürlich auch Kritik. Gefangene könnten dazu genötigt werden. Außerdem sehe man auch ein Problem darin, dass man Häftlinge für Organspenden in Kliniken verlegen müsste.
Grundsätzlich ist eine Knochenmarkspende eine super Sache und auch Leber oder Niere sind Organe, die man wohl im Allgemeinen spenden kann, ohne dass man sein eigenes Leben damit riskiert, aber ich persönlich finde diese Art von "Spendenwerbung" schon moralisch bedenklich.
Was haltet ihr von so einem "Angebot" der Haftverkürzung? Welche Organspenden könntet ihr euch für einen solchen "Handel" als unbedenklich vorstellen? Sollten dazu dann alle Häftlinge, egal wegen welcher Strafe sie absitzen, berechtigt sein? Wäre so ein Gesetz auch in Deutschland vorstellbar oder ist dies typisch amerikanisch?
Ich könnte mich mit solch einem Spendenmodell nicht anfreunden und eine Strafzeitverkürzung von 60 bis 365 Tagen finde ich auch einen Witz. Wir diese dann wie auf dem Jahrmarkt ausgehandelt und selbst für 1 Jahr Haftverkürzung würde ich kein Organ von mir spenden. Ob solch ein Gesetz auch in Deutschland vorstellbar wäre, das weiß ich nicht, aber mittlerweile kann man auch so etwas nicht mehr ausschließen, aber wünschenswert finde ich es nicht.
Das kommt darauf an, ob man körperliche Unversehrtheit und Gesundheit als allgemeines unveräußerliches Menschenrecht ansieht oder doch eher als Privileg der Reichen und Weißen.
Für mich klingt dieser Vorstoß sowieso reichlich unausgegoren. Um mal Klartext zu reden: Wie viele Strafgefangene sind überhaupt körperlich fit genug für eine "Organspende"? Es sind ja nicht nur dreißigjährige Antialkoholiker wegen Steuerhinterzugs hinter Gittern, sondern oft genug Menschen, die körperlich durch ein hartes Leben, mangelnde Gesundheitsversorgung und ja, Alkohol und Drogen gar keine verwertbaren Ersatzteile mehr liefern können. Allein für die Einwilligung muss man ja im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte sein, und das ist gerade im Gefängnis garantiert nicht bei jedem der Fall.
Und was passiert bei Komplikationen, die bei jedem medizinischen Eingriff auftreten können und die Gesundheit der menschlichen Teilelieferanten dauerhaft zerrütten können? Setzt man die dann zwei Monate früher an die Luft und lässt sie irgendwo verrotten, weil sie durch einen missglückten Eingriff arbeitsunfähig sind oder einfach "nur" lebenslang Medikamente brauchen, die bei denen drüben ja auch keine Krankenkasse zahlt?
Ich möchte auch gar nicht wissen, wer die Teile dann bekommt. Wahrscheinlich werden sie an den Meistbietenden vertickt, da US-Knäste schließlich vergleichbar mit deutschen Krankenhäusern gewinnorientiert arbeiten müssen. Da würde ich meine Niere lieber gleich auf dem Schwarzmarkt verkaufen.
EngelmitHerz hat geschrieben:
Grundsätzlich ist eine Knochenmarkspende eine super Sache und auch Leber oder Niere sind Organe, die man wohl im Allgemeinen spenden kann, ohne dass man sein eigenes Leben damit riskiert, aber ich persönlich finde diese Art von "Spendenwerbung" schon moralisch bedenklich.
Da bist du leider nicht gut informiert. Von den normalen Risiken einer Operation mal abgesehen, sind Lebendspenden von Organen riskanter als deren Empfang. Mein Vater hatte sich deswegen von seinen Ärzten beraten lassen, als die Option damals im Raum stand, dass ich als Spender geeignet sein könnte.
Insgesamt sehe ich diese Idee aber auch recht zwiespältig. Man könnte auch Freikaufen nennen, was man da als Häftling betreiben kann. Dazu noch die Möglichkeit, dass vielleicht der eine oder andere Spender bewusst nicht lebend vom OP-Tisch kommt. Möglich ist dabei vieles, was eben moralisch alles sehr bedenklich ist.
Die Idee klingt wenig bis gar nicht ausgereift. Da wurde einfach mal etwas „kluges“ in den Raum geworfen, um die jeweilige Spendenbereitschaft auch unter Insassen zu erhöhen und das eigentliche gesellschaftliche Problem der mangelnden Spendenbereitschaft so etwas kompensieren zu können. Für mich in allen Überlegungen der falsche Weg, aber der komplett falsche Weg.
Spinnen wir doch einfach mal ein wenig den Gedanken weiter. Da sitzt nun Mister X für zwei Jahre im Gefängnis und könnte mit der Bereitschaft einer Spende bis zu 365 Tage weniger sitzen. Natürlich denkt derjenige zweimal darüber nach es eher auf diese Weise nach draußen zu schaffen. Wer würde das nicht. Einen Insassen mit 5 Jahren aufwärts wird das Angebot jedoch kaum locken.
Darüber hinaus spinnen wir weiter, dass die Regelungen für eine Blutspende und Plasmaspende schon hierzulande klar sind. Wer die letzten vier Monate eingesessen hat, darf dort nicht spenden und wie soll so etwas also mit einem Insassen gehen?
Es gibt eine gesellschaftliche Problematik hier, dass sowohl bei der Blutspende bis zur Organspende die Bereitschaft wenig ist. Das ist keineswegs ein Problem, welches man damit lösen kann, Insassen zu locken und mit Haftverkürzungen zu punkten.
Ich bin weiterhin auch gesellschaftlich der Meinung, dass man die Bereitschaft gerade bei Blut- und Plasmaspenden damit erhöhen kann, wenn man hier finanzielle Anreize setzt. Seien es 20 Euro für eine Spende bis zu einem Einkaufsgutschein. Das ist erst einmal die eine Sache. Damit dürften einige Probleme gelöst sein, aber zig Stellen bieten einem einen Keks und locken mit der kostenfreien Gesundheitsvorsorge. Das ist albern.
Bei Organspenden etc. müssen wir derweil auch berücksichtigen, dass es darum geht, die eigene körperliche Unversehrtheit infrage zu stellen. Noch bin ich gesund, aber wenn ich nur eine Niere habe, sind mir damit auch einschneidende Erlebnisse wenn ich einmal Nierenkrank werde garantiert. Dann hätte ich sicher auch eine zweite gut gebrauchen können. Das sind Dinge, die man berücksichtigt, ehe man einfach mal so spendet.
Dann wiederum denken auch viele, ich halte meine Niere bei mir, weil vielleicht braucht die Schwester, der Bruder, die Mama & Co mal eine. So denken viele und wer mag es ihnen denn verübeln?
Es handelt sich also um eine unausgereifte Idee, die garantiert auch nicht so leicht auf rechtlicher Basis umzusetzen ist. Oder gibt es dann im öffentlich einsehbaren Register eine Meldung, frühzeitig entlassen, weil er bereit war Organe zu spenden oder Knochenmark? Hilft das in den USA dann einen Job zu bekommen, wo Straftäter im Anschluss ja kaum Chancen haben?
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