Sollte tägliche Arbeitszeitgrenze angehoben werden?

vom 18.12.2022, 00:09 Uhr

Seit Mittwoch beraten die Arbeits- und Sozialminister der Länder in Perl im Saarland. Schon seit Jahren fordern Unternehmen aber auch Parteien (z.B. die FDP) das Arbeitszeitgesetz zu lockern.

Unter anderem Bayern will sich für flexiblere Arbeitszeiten einsetzen, begründet mit dem Fachkräftemangel und der Vereinbarkeit von Arbeit und Familie. Bisher war im Arbeitsschutzgesetz eine tägliche Arbeitszeit auf zehn Stunden begrenzt.

Die Arbeitszeitgesetze sollen laut der Arbeits- und Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) an die Realität angepasst werden. Gerade in Branchen wie im Tourismus, Gastronomie und am Bau herrscht Fachkräftemangel. Firmen sollen das Personal flexibler einsetzen können, um Angebote noch aufrechterhalten zu können.

Und auch die bayerische Familienministerin sieht in dieser Regelung mehr Flexibilität mit einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. So könnte z.B. eine 24-Stunden-Arbeitswoche theoretisch auch auf zwei 12-Stunden-Tage aufgeteilt werden.

Experten der Arbeitsmedizin warnen jedoch vor diesem Schritt. Schon nach vier bis sechs Stunden lasse die Konzentration oft nach und langfristig führe eine tägliche Arbeitszeit in diesen Dimensionen vermehrt auch zu mehr Stress und Burn-outs. Man müsse Arbeitnehmer schützen und sehe darin keine Vorteile sondern empfinde das als schädlich und kontraproduktiv.

In gewissen Branchen bzw. Arbeitsbereichen gibt es solche Arbeitszeitüberschreitungen definitiv auch jetzt schon, weil es die Arbeitssituation nicht anders zulässt. Ich arbeite selbst in einem solchen Berufsfeld und kann dies bestätigen. Dennoch finde auch ich es bedenklich, diese Ausnahmesituationen zur Regel zu machen, speziell in allen Branchen. Ich empfinde selbst einen einmaligen 10-Stunden-Arbeitstag schon als sehr anstrengend und kann mir nicht vorstellen, dies auf Dauer so zu praktizieren bzw. sogar noch auf weitere Stunden aufzustocken.

Was haltet ihr davon die tägliche Arbeitszeit im Arbeitsschutzgesetz von zehn auf zwölf Stunden zu erhöhen? Könntet ihr euch 12-Stunden-Arbeitstage auf Dauer vorstellen? Ist das der richtige Weg um Fachkräftemangel auszugleichen? Seht ihr darin tatsächlich mehr Vereinbarkeit für Arbeit und Familie oder ist dies eher ein Scheinargument?

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Der viel beschworene Fachkräftemangel ist in erster Linie ein Arbeitgeberproblem. Die, die sich immer noch eine goldene Nase daran verdienen, dass das Fußvolk für sie buckelt, können sich gerne überlegen, wie sie diesen für sie so angenehmen Zustand aufrechterhalten können, ohne das buckelnde Fußvolk in den körperlichen und physischen Ruin zu treiben.

Ich kann mir keine Arbeit vorstellen, die man 12 oder auch "nur" 10 Stunden täglich vernünftig ausüben kann, sprich Leistung bringen, ohne selber früher oder später in die Knie zu gehen. Und ich habe auch kein Argument gehört, welches mich als Arbeitnehmerin davon überzeugt hat, dass es für mich und die anderen Drohnen von Vorteil sein kann. Das viel zitierte Beispiel von der "Festgesellschaft" im Restaurant, die dann feiern kann bis in die Puppen - davon profitiert nach wie vor exakt der Restaurantbesitzer, und der ist dann längst im Bett.

Und dass manche Leute endlose Schichten arbeiten müssen, um über die Runden zu kommen, oder damit andere Menschen nicht zu Schaden kommen, sehe ich als gesellschaftliches Problem an, und nicht als fördernswerte Entwicklung, damit der gleiche Gewinn für andere mit weniger Leuten erzeugt werden kann.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Arbeitszeiten von 12 Stunden als regulär anzunehmen, wäre aber nun keine neue Erfindung. Das gab es in der DDR schon in vielen Berufen, auch wenn dazu ein entsprechender Freizeitausgleich vorgesehen war. Trotzdem kam es auch da schon vor, dass man die Freizeitausgleich erst wesentlich später bekam, weil man auch da schon Fachkräftemangel zu beklagen hatte. Allerdings war das bei Normalzustand damals so geregelt, dass man nach den Tagen mit den 12 Stundendiensten, eben auch 2 bis 3 Tage am Stück frei hatte.

Heute würde das mit Sicherheit nur bedingt gutgehen und aus Angst vor einem Jobverlust würden sich genug Arbeitnehmer breitschlagen lassen und mehrere Tage diese Zeiten durchziehen. Dass dann die Familie mehr Zeit abbekommen würde, wäre dann nur auf dem Papier als Vorteil vermerkt.

Und ja auch heute gibt es schon Branchen, wo man die tägliche Arbeitszeit missachten darf. Vor allem in der Landwirtschaft kommt das mehr als genug vor, dass die Leute 12 Stunden mehr unterwegs sind. Dafür sind sie dann aber auch im Winter zu Hause ohne dass sie zum Arbeitsamt geschickt werden müssen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



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