Sollten Museen lieber nur Duplikate öffentlich ausstellen?
Dienstagnacht, am 22.11.2022, wurde in das Kelten Römer Museum in Manching eingebrochen. Im Ausstellungsraum brachen sie gezielt eine Vitrine mit 483 Goldmünzen auf. Bei den 4 kg schweren Artefakten handelt es sich somit um den größten keltischen Goldfund des 20. Jahrhunderts in Millionenhöhe - 1,6 Millionen.
Im Zuge der Berichterstattung und einem Interview mit dem Bayerischen Kultusminister kam nun die Frage auf, ob man in Museen besonders wertvolle Kunstgegenstände nicht zukünftig nur noch in Duplikaten ausstellen sollte, sprich man behält die Originale verschlossen in Tresoren und zeigt den Besuchern von Museen nur noch Nachbildungen.
Der bayerische Kultusminister selbst möchte nicht auf solche Möglichkeiten zurückgreifen wissen. Für ihn soll echte Kultur nahbar bleiben und er möchte lieber noch mehr Zeit und Geld in die Sicherung der Originale investieren.
Was haltet ihr davon in Museen nur noch Duplikate auszustellen und die Originale in Tresoren zu sichern, welche für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind? Würdet ihr Museen weiterhin besuchen, die keine echten Kunst- und Kulturgegenstände ausstellen?
Ehrlich gesagt, in ein Museum, das nur Duplikate ausstellt, würde ich in der Regel nicht gehen, weil ich das nicht interessant finde. Wenn es sich bei den Exponaten sowieso nicht um die Originale handelt, dann kann ich mir die Sachen auch auf Fotos im Internet anschauen. Außerdem geht dann auch gewissermaßen die Einzigartigkeit der Exponate verloren, weil man ja Duplikate multiplizieren und an unterschiedlichen Standorten gleichzeitig ausstellen kann.
Abgesehen davon: in vielen Museen hängen derzeit nun mal die Originale, und bis da von jedem Exponat mindestens ein Duplikat angefertigt wurde, das kann dauern. Zumindest wenn die Kopie von hochwertiger Qualität sein soll und nicht nach billigem Druck aussehen soll.
Für mich ist es wichtig, dass die Originale ausgestellt werden. Ich empfinde etwas anderes, wenn ich die Originale anschaue, als wenn ich ein Dupflikat vor mir habe. Kunst und Kultur sind Güter, die allen gehören und dementsprechend auch von allen angeschaut werden können sollten, natürlich mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen. Gerade alte Ölbilder bekommt man doch gar nicht so hin, dass sie exakt die gleiche Wirkung haben.
Es gibt einige Ausnahmen, wie etwa der berühmte Hase von Dürer, der nur alle paar Jahre für kurze Zeit im Original gezeigt wird. Ich glaube, dass das deswegen so ist, weil er wohl sehr lichtempfindlich ist.
Deswegen ärgern mich die Aktion der Klimaschützer so, wegen denen eventuell noch mehr Sicherheitsmaßnahmen wie etwa größere Abstände nötig sind. Dann könnte man sich zum Beispiel einen Rembrandt nicht mehr aus dreißig Zentimeter Nähe anschauen.
Ich habe zum Beispiel die Venus von Willendorf schon mal als Original im Naturhistorischen Museum in Wien gesehen. Sie steht dort in einer Hochsicherheitsvitrine. Eine Kopie habe ich auch schon mal gesehen. Aber es ist einfach nicht dasselbe Gefühl. Es sind andere Prozesse, die im Gehirn ablaufen. Ich stelle mir zum Beispiel zu dem Objekt einen Hersteller des Werkes vor, auch wenn ich den nicht kenne. Es ist ein anderes Gefühl, wenn ich mir einen 25 Tausend Jahren alten Menschen dabei in seiner Umwelt vorstelle oder einen modernen, egal ob meine Vorstellung ungefähr der Realität entspricht oder, was wahrscheinlicher ist, überhaupt nicht.
Es waren wahrscheinlich keine "Klimaschützer", die in Manching eingebrochen sind und 4 Kilo Gold aus der Keltenzeit eingesackt haben, aber das nur am Rande.
Ich finde auch, dass Duplikate in Museen nicht "das Gleiche" sind. Wahrscheinlich bin ich mit meinem halben Geschichtsstudium einfach nur hoffnungslos romantisch, aber selbst wenn ich als Laie mit bloßem Auge keinen Unterschied erkenne: Es macht einfach vom Gefühl her mehr Eindruck, wenn ich mir denke: Wow, das hat vor soundsoviel Hundert oder Tausend Jahren ein Mensch mit seinen Händen geschaffen. Wie sie wohl die Welt gesehen hat, was gedacht, gehofft, erwartet?
Das funktioniert nicht, wenn ich mir denke: Wow, hier hat irgendein Mitarbeiter einer auf Museumsreplikate spezialisierten Firma 402 Goldmünzen aus Fimo nachgeknetet, während das Original in einem unterirdischen Bunker lagert. Ich finde, es entwertet Museen als Konzept, wenn man zwischen Original und Kopie keinen Unterschied macht.
Ich würde da eher zu einer Mischung aus Duplikaten und höherer Sicherheit tendieren. Wenn man also weiß, dass nicht alles echt ist, was da ausgestellt ist, wird das Risiko größer für solche Diebstähle. Nichte nur, weil sie eben erwischt werden könnten, sondern dass das Objekt der Begierde halt nicht das Original und damit mehr oder weniger wertlos ist.
Wobei man sich wundern muss, dass nach dem Raub von Dresden da nicht schon entsprechend aufgerüstet wurde. Man hat doch in Dresden gemerkt, wo die Mängel liegen. Und seit dem die Suppenkasper sich an Gemälde kleben, hätte auch schon besser vorgesorgt werden können.
Punktedieb hat geschrieben:Nichte nur, weil sie eben erwischt werden könnten, sondern dass das Objekt der Begierde halt nicht das Original und damit mehr oder weniger wertlos ist.
Andererseits wäre es für mich als Museumsbesucher deutlich uninteressanter, irgendwelche Duplikate anzuschauen, die sich (im Falle von Gemälden) im Prinzip ja nicht von irgendwelchen Plakatdrucken unterscheiden, die man im Souvenirshop für wenige Euro kaufen kann. Da brauche ich dann auch nicht mehr ins Museum gehen, wenn da sowieso viele Duplikate hängen oder ausgestellt sind. Was wäre z.B. eine große Ausstellung zum Thema Impressionismus noch wert, wenn da nur Duplikate hängen würden? Nicht viel, denke ich. Zumal man ja dann auch mehr als ein Duplikat der Bilder anfertigen könnte und somit auch gleich die ganze Ausstellung duplizieren und in diversen Museen gleichzeitig zeigen könnte.
@lascar: Es geht ja nicht darum, dass man nur Kopien ausstellt. Aber wenn ich einen Raum mit 50 Exponaten habe und dabei sind 3 bis 5 Kopien dabei, die dann immer mal ausgetauscht werden, wird es doch für Besucher nicht uninteressanter. Aber für Diebe wird es schwerer, da sie immer ein großes Risiko haben, dass sie nur die Kopie wegschleppen, die dann quasi nur einen Materialwert hat.
Bei Kunstgemälden sei dahingestellt ob es Sinn macht, aber ich könnte mir durchaus auch vorstellen, dass man solche Ausstellungsstücke wie Goldmünzen, irgendwelche Trinkgefäße, Tonschalen etc. ganz gut duplizieren könnte.
Da wäre dann auch die Frage, muss man den Besuchern überhaupt offenbaren, dass sie da lediglich Duplikate anschauen? Und nur weil Duplikate erstellbar sind, muss die "Einzigartigkeit" damit ja nicht unbedingt verloren gehen. Man könnte ja deswegen trotzdem irgendwie Duplikationsrechte vergeben, die dann nur bestimmten Orten/Museen die Ausstellung bzw. Duplizierung erlauben. Keltengold, welches in der Region Manching gefunden wurde, sollte dann z.B. auch dort in der Region ausgestellt sein.
Diese Idee von Punktedieb fände ich an sich auch gar nicht schlecht, dass man eine Mischung an Duplikaten und Originalen ausstellt.
EngelmitHerz hat geschrieben:Da wäre dann auch die Frage, muss man den Besuchern überhaupt offenbaren, dass sie da lediglich Duplikate anschauen?
Das würde ich als Betrug empfinden. Ich würde ein Museum nicht besuchen, bei dem nicht klar ist, ob das Stück ein Duplikat oder das echte ist.
blümchen hat geschrieben:Das würde ich als Betrug empfinden. Ich würde ein Museum nicht besuchen, bei dem nicht klar ist, ob das Stück ein Duplikat oder das echte ist.
Ja, das sehe ich eigentlich auch so. Ein Museum, das irgendwelche Exponate zeigt, von denen nicht klar ist, ob sie echt oder Duplikate sind, würde ich mir nicht anschauen wollen, es sei denn, der Eintritt ist sehr günstig, und das Museum würde letztlich doch diese Unklarheit als absichtliches Konzept präsentieren.
Ansonsten wäre es ja erheblich kosteneinsparend, wenn Museen nur noch Duplikate zu zeigen bräuchten, ohne dies zu kennzeichnen. Man könnte sich die ganze Mühe sparen, Bilder aus anderen Museen teuer zu leihen, oder sie aufwändig zu restaurieren, etc. Ein Kunstdruck genügt und spart jede Menge Geld und Aufwand. Na ja, aber was unterscheidet einen Museumsbesuch dann noch vom Durchblättern einer Zeitschrift oder dem Ansehen der Bilder im Internet?
Ähnliche Themen
Weitere interessante Themen
- The Masked Singer 2021: Wer ist der Phönix? 2468mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: SonjaB · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Film & Fernsehen
- The Masked Singer 2021: Wer ist der Phönix?
- Schöne Blatt Pflanze für die Wohnung 1141mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Rubbelfeld · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Schöne Blatt Pflanze für die Wohnung
- Palmen für die Wohnung 3039mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Dreddi · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Palmen für die Wohnung
- Was kann man gegen eine tropfende Birkenfeige tun? 1886mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: helgak62 · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Was kann man gegen eine tropfende Birkenfeige tun?