Wann Fremde direkt nach Kinderwunsch fragen?
Wir hatten letzte Woche im Betrieb eine Bewerberin hier, die zum Probearbeiten eingeladen worden war. Man hat ihr dann eben auch gezeigt, was hier zu tun wäre, wie hier die Strukturen wären und welche Aufgaben konkret auf sie zukommen würden, wenn sie bei uns anfangen würde. Das übliche halt.
Ich unterhielt mich mit einer Kollegin über diese Bewerberin am nächsten Tag des Probearbeitens, wobei meine Kollegin die Bewerberin ziemlich dreist und unverschämt gefunden hat. Als die beiden nämlich kurz alleine im Büro gewesen sind, wollte die Bewerberin nämlich von meiner Kollegin wissen, ob diese einen Kinderwunsch hätte.
Gerade, wenn man sich gar nicht kennt und nie zuvor gesehen hat, finde ich so eine persönliche Frage doch irgendwie dreist und kann die Aufregung meiner Kollegin sehr gut verstehen. Wie seht ihr das? Findet ihr es angemessen und passend, wenn Fremde sich bei euch nach eurem Kinderwunsch erkundigen? Gerade im Job? Wie hättet ihr in so einer Situation reagiert?
Fremde fragt man gar nicht danach. Aber ich muss bei Erzählungen auch immer sagen, dass ich da schon beide Seiten hören wollen würde um mir da eine Meinung zu erlauben. Man weiß ja nicht, ob die Kollegin vielleicht auch gefragt hat, aus Neugierde, ob sie bald vielleicht dann eine neue Kollegin bekommen, die die Schwangerschaftsvertretung für die Bewerberin dann machen muss, sollte sie eingestellt werden.
Vielleicht kam das im Gespräch, dass man darüber geredet hat. Aber in der Regel würde ich sagen, dass es keine fremden Menschen irgendwas angeht, ob man Kinderwunsch hat oder nicht. Selbst der Arbeitgeber darf da keine wahrheitsgemäße Antwort erwarten.
Sicher kennt man nun nur die eine Seite, aber wenn es wirklich so gewesen ist, dass die Bewerberin direkt deine Kollegin gefragt hat, dann fände ich das auch sehr dreist und ich kann es dann auch gut verstehen, dass deine Kollegin nicht eben begeistert von dieser potentiellen Kollegin war. Ich denke, dass man bei einer so direkten Frage auch recht direkt antworten kann und so würde ich in dem Moment wohl sagen, dass es mir leid tut, dass ich die Frage aber sicher nicht beantworten werde, weil sie einfach zu privat ist.
Ich finde, dass es generell niemanden etwas angeht, ob man sich Kinder wünscht oder nicht. Einer guten Freundin oder der Familie nimmt man diese Frage sicherlich eher nicht übel oder zumindest weniger. Aber wenn mich jemand Fremdes nach meinem Kinderwunsch fragen würde, fände ich das auch sehr dreist und würde das wohl auch so sagen. Ich denke, dass das Thema vielleicht zwischen Kolleginnen mal aufkommt, wenn man lange zusammenarbeitet oder sich auch privat gut versteht. Aber als Praktikantin direkt am ersten Tag eine andere Mitarbeiterin danach zu fragen, finde ich schon sehr unverschämt.
Man kennt das Gespräch ja nicht und kann das daher als Außenstehender nicht beurteilen. Man weiß ja nicht, was sonst so gesagt wurde, so dass ich mir da kein Urteil darüber erlauben mag. Vielleicht war das in dem Gesprächskontext einfach angemessen und vielleicht hat die Kollegin ja auch das gleiche oder etwas in der Richtung gefragt.
Aber natürlich sollte man so etwas Fremde nicht einfach fragen. Das kann man vielleicht bei guten Freunden oder engen Bekannten machen, aber einfach nicht so jemand Fremdes, auch wenn einem die Frage auf der Zunge liegt. Das gehört sich eben nicht und ist nicht passend und das würde ich selbst auch nicht von jedem gefragt werden wollen.
Nie. Niemals. Unter keinen Umständen. Oder jedenfalls fällt mir kein Zusammenhang ein, in dem dieses Thema außerhalb eines eng umgrenzten medizinischen Bereichs notwendig sein könnte, und die negativen Implikationen sind dafür ja viel zu zahlreich. Ich meine, strenggenommen ist mein Frauenarzt auch ein "Fremder", den ich zweimal im Jahr für 20 Minuten sehe, und der sollte schon darüber informiert sein, ob seine Patientin die biologische Fortpflanzung anstrebt.
Aber sonst? Ich verstehe auch die Argumentation nicht, dass es okay sei, "bloß aus Neugierde" zu fragen. Das ist ja der schlechteste Grund von allen, im Intimleben von Dritten herumstochern zu wollen. Auch bei "engen Bekannten" finde ich diese Frage mehr als grenzwertig. Was macht man, wenn die doch nicht so enge Bekannte losheult, weil es "nicht geklappt" hat, oder man einen länglichen, aggressiven Vortrag des Inhalts "Kinder sind scheiße für den Planeten, und der Planet allmählich scheiße für Kinder" abbekommt? Letzteres könnte bei mir mittlerweile passieren, da ich taktlose Fragen mittlerweile gerne mit möglichst taktlosen Antworten kontere.
Ich glaube manchmal ist es gerade für junge Menschen schwer Gesprächsthemen zu finden und wenn man dann vielleicht viele schwangere Freundinnen hat, ist das vielleicht eine Frage, die man dann stellt, wenn man Smalltalk halten will. Natürlich sollte man das keine Fremden fragen, aber ich denke, dass das einfach manchmal aus der Not heraus passiert, kein passendes Gesprächsthema zu finden.
Ich versuche solche Themen generell zu vermeiden, weil ich nicht anecken oder niemanden ein schlechtes Gefühl machen will. Ich meine ich bin auch in einem Alter, in dem einem bewusster ist, was da alles so schiefgehen kann mit einer Schwangerschaft oder dass es einfach Leute gibt, die keine Kinder wollen. Als junger Mensch blendet man das oft eher aus, gerade wenn man hormonell Kindern gegenüber positiv eingestellt ist.
Ramones hat geschrieben:...ist das vielleicht eine Frage, die man dann stellt, wenn man Smalltalk halten will.
Das ist doch kein Thema für einen Smalltalk! Nie und nimmer sollte man jemanden nach seinem Kinderwunsch fragen, außer vielleicht die beste Freundin, die Schwester oder wenn vierzehnjährige Teenager über ihre Zukunftsvisionen fabulieren. In anderen Zusammenhängen ist das sehr übergriffig.
Im Berufsleben ist das sowieso ein absolutes Nogo. Es gibt doch genügend Smalltalk-Themen, wie das Wetter, die Fußballergebnisse, den öffentlichen Nahverkehr oder wie man sich zuhause den Kaffee zubereitet. Ich komme noch aus einer Zeit, in der Bewerberinnen durchaus schon mal nach dem Kinderwunsch befragt wurden. Die Zeiten sind aber vorbei.
Als junger Mensch blendet man das oft eher aus, gerade wenn man hormonell Kindern gegenüber positiv eingestellt ist.
Was hat denn ein grundsätzlicher Kinderwunsch mit Hormonen zu tun? Haben Frauen, die bewusst keine Kinder möchten, diese speziellen Hormone nicht?
blümchen hat geschrieben:Im Berufsleben ist das sowieso ein absolutes Nogo.
Warum sollte diese Frage im Berufsleben ein Nogo sein? Ok, in dem beschriebenen Fall hat die Bewerberin eine Angestellte danach gefragt. Wobei, wie schon mehrfach gesagt, kennen wir nur die eine Version des Gesprächs. Ob das wirklich so war oder hier jemand vielleicht Angst um den eigenen Job hat, wissen wir nicht.
Außerdem mag sicherlich nicht Jeder über Wetter, Fußball oder das Mittagessen vom nächsten Wochenende reden. Es gibt auch Menschen, die sehr gern über Kinder reden. Meist sind das die eigenen über dann dann erzählt wird.
Übrigens ist es auch heute nicht unüblich, dass man jüngere Bewerber nach der Familienplanung fragt. Nur dass man darauf nicht antworten muss. Wobei es sich da als taktisch klug erweist, wenn man antwortet ohne seine eigenen Pläne preis zu geben.
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