Ist Fremdverliebtheit immer ein Streben nach Veränderungen?
In meinem Freundes- und Bekannten- bzw. sogar auch im Kollegenkreis bekomme ich immer wieder mal mit, dass die/der ein oder andere eigentlich in einer (langjährigen) Beziehung steht und trotzdem richtig für eine andere Person schwärmt bzw. teilweise sogar ein wenig fremdverliebt ist.
Bei einer dieser Personen führt diese Fremdverliebtheit auch schon zu einem "Kampf" mit ihren Gefühlen, weil sie ja eigentlich zufrieden ist und ihr Familienleben hat. Die Person fragt sich nun, wie bzw. warum das passieren konnte. Da die Gefühle lediglich einseitig sind bzw. zumindest so zu sein scheinen, wird da nicht viel passieren - worüber sie auch ganz froh ist. Jetzt hofft sie natürlich, dass dieses Gefühl wieder verfliegt und sie nicht mehr so lange dagegen ankämpfen muss.
Meiner Meinung nach würde ihr das besser gelingen, wenn sie sich vielleicht mal auf ihre bestehende Beziehung konzentriert und dort auf Ursachenforschung geht. Ich glaube nämlich schon, dass so eine Fremdverliebtheit entsteht, weil einem etwas fehlt, man nicht so wirklich zufrieden ist und man sich vielleicht auch Veränderungen wünscht - ob in der Partnerschaft oder sogar nur bei sich selbst.
Wie seht ihr das, ist Fremdverliebtheit immer mit dem Wunsch nach etwas Neuem bzw. dem Streben nach Veränderungen verbunden? Wo seht ihr die hauptsächliche Ursache darin?
Vielleicht ist die Beziehung auch etwas eingeschlafen und man lebt nur noch nebenher. Das ist etwas, was man bei vielen Menschen beobachten kann. Da wird sich nur noch für andere Leute beim Ausgehen hübsch gemacht, aber im Alltag rennt man mit Jogginghose umher oder man redet nicht mehr miteinander und jeder macht nur seine Sachen. Man sollte sich auch für den Partner interessieren und die Beziehung frisch halten. Natürlich ist man aber nicht frei von irgendwelchen Hormonen und dass man andere Menschen auch mal nett und hübsch findet.
Ich würde das Ganze aber schon sehr hinterfragen, wenn das ständig vorkommt. Zumindest sollte man dann mal schauen, ob das eigene Familienleben wirklich so toll ist und was einem vielleicht auch fehlt. Normal finde ich das nicht, aber das kann ja jeder so halten, wie er will. Es gibt ja auch nicht nur das eine Beziehungsmodell, vielleicht kann man da auch schauen, was man da machen kann, ob man andere Dinge braucht.
Man kann sich jeden Impuls schönreden und auch simple Langeweile zu etwas geradezu Heroischem wie "Streben nach Veränderungen" glorifizieren. Davon halte ich nicht viel. Ich muss aber auch zugeben, dass ich noch nie "fremdverliebt" war. Zwar habe ich durchaus ein Auge für menschliche Schönheit, fahre aber seit Jahrzehnten ganz gut mit der Devise: Appetit holen darf man sich woanders, gegessen wird daheim!
Ich verstehe zwar auch, dass nicht jeder so wenig abenteuerlustig, bieder und monogam ist und sehe auch nichts Verwerfliches dran, in erotischer und/oder romantischer Hinsicht mehr in die Breite zu streuen. Vorausgesetzt, alle Beteiligten sind im Bilde und grundsätzlich einverstanden. Aber anderen Leuten nachzuspechten und das dann mit der Sehnsucht nach persönlicher Veränderung zu verbrämen, weil man sich nicht eingestehen will, erotische Anziehung zu erleben, erscheint mir etwas hochgestochen.
Meine Erfahrung mit der menschlichen Natur läuft bisher eher darauf hinaus, das man/frau schlicht gerne etwas Abwechslung im Bett hätte, und weniger auf: Oh ja, sexy Bürohengst aus der Registratur, führe mir vor Augen, wo in meinem Leben und meiner Beziehung Raum für Verbesserungen ist!
Gerbera hat geschrieben:Meine Erfahrung mit der menschlichen Natur läuft bisher eher darauf hinaus, das man/frau schlicht gerne etwas Abwechslung im Bett hätte, und weniger auf: Oh ja, sexy Bürohengst aus der Registratur, führe mir vor Augen, wo in meinem Leben und meiner Beziehung Raum für Verbesserungen ist!
Wenn es rein um das Sexuelle gehen würde, hätte ich mir die Frage nicht gestellt. Aber meinem Gefühl nach ist es das eben nicht immer. Der Schwarm der Bekannten ist jetzt kein Adonis bzw. besonders attraktiver Mann, den man nicht von der Bettkante stoßen wollen würde, sondern eigentlich eine ganz normaler "Durchschnittsmann", wobei ja Schönheit auch im Auge des Betrachters liegt. Jedenfalls sagt sie selbst, dass sie gar nicht sagen könnte ob und was sie optisch an ihm so toll findet.
Ihr vordergründiges Augenmerk scheint also auch nicht auf dem Körperlichen zu liegen. Wenn ich das so "analysieren" müsste dann spiegelt sie in ihm schon Dinge, die sie zu Hause nicht bekommt, wie z.B. eine starke Schulter zum Anlehnen, intellektuelle Gespräche bzw. gemeinsamer Austausch über Interessen usw.
Aber hast du die Antwort nicht eigentlich schon hier im Thread gegeben? Der Wunsch nach Veränderung liegt meiner Meinung nach, bedingt durch diese Schilderungen, nämlich sehr wohl in einem als Mangel empfundenen Zustand in der Beziehung. Also strebt sie eigentlich eine neue Beziehung an, das scheint mir der wahre Grund zu sein. Was wäre, wenn der Kollege ungebunden und an ihr interessiert wäre? Es würde mich nicht wundern, wenn sie dann alles stehen und liegenlassen würde, um mit ihm eine Beziehung einzugehen.
Nun scheint der Mann aber kein Interesse daran zu haben und die Frau bleibt mit ihren Gefühlen auf sich alleine zurückgeworfen. Wahrscheinlich wird sie sich irgendwann in ihr Schicksal einer nicht mehr wirklich befriedigenden Beziehung fügen oder es wird eines Tages ein anderer Mann kommen. Wenn man in seiner Beziehung intellektuellen Gleichklang, gemeinsame Interesse und emotionale Sicherheit vermisst, wie es im letzten Satz angedeutet bzw. geschrieben wurde, sind das ja nicht gerade Kleinigkeiten und es wundert mich, dass im ersten Beitrag von einer eigentlich glücklichen Beziehung die Rede ist.
Wahrscheinlich ist sie zur Zeit in ihrer Beziehung unzufriedener, als sie sich das eingestehen mag und rationalisiert das vielleicht auch vor sich. Dass doch alles eigentlich ganz gut läuft, dass sie sich nicht groß beklagen kann, es keine grob ins Auge stechenden Probleme und Missstände gibt. Vielleicht sollte sie, wenn sie überhaupt noch Interesse hat, etwas von ihrer Beziehung zu retten, einige der Dinge direkt beim Partner ansprechen. Der denkt vielleicht, alles sei in bester Ordnung und hat keine Ahnung, wie unzufrieden die Frau ist.
Es ist besser und viel fairer, jetzt zu sagen, dass man zum Beispiel unglücklich ist, weil man das Gefühl hat, nur noch nebeneinander her zu leben, als das Monate oder Jahre auszusitzen, bis es am Ende knallt. Dann hat der Partner auch die Chance zur Veränderung oder Verbesserung und steht nicht arglos unwissend da. Eventuell würde alleine so ein Gespräch und eine erwachsene Offenheit schon helfen, dieser Schwärmerei mittelfristig den Garaus zu machen. Alleine vom Aussitzen wird sich dort wahrscheinlich nämlich nichts tun, weder bei der echten Beziehung noch angesichts der projektionsgeladenen Verliebtheit.
Vermutlich ist es wohl so, dass es immer einen Auslöser geben kann, wieso jemand sich in eine andere Person verliebt oder gar ins Schwärmen gerät. Ich würde schon behaupten, dass auch unglückliche Momentaufnahmen in gewisser Weise mit verantwortlich dafür sind, dass man sich einfach zu anderen in dem Augenblick hingezogen fühlt. Wenn sie anhaltend sind, stellen sich viele eben den anderen besser vor und gesagt, dass dem so ist, ist es ja dennoch nicht.
Ich vermute mal in vielerlei Hinsicht, dass es die Sehnsucht nach etwas und jemanden ist, wonach es dem eigenen Partner derzeit nicht lüstert und was dieser wohl nicht aufweisen kann/will. Dann trennen sich viele gedanklich mal eben von ihrer aktuellen Partnerschaft und sehnen sich vielleicht nach jemand anderen von dem sie glauben, dass dieser ihre aktuellen Erwartungen wohl erfüllen könnte. Dem muss im Übrigen nicht so sein, sondern ist es vielleicht nur eine fantasievolle Schwärmerei.
Ich würde immer dazu raten, dem Partner zu sagen, was einen stört und was man sich eigentlich wünscht. Natürlich geht das nicht auf Kommando, aber so sollten etwaige Wünsche zügiger berücksichtigt werden oder man findet einen Kompromiss, um sich in der Mitte zu treffen. Beziehungen sind auch Arbeit, was vielen wohl zu missfallen scheint und dann trennt man sich gedanklich wohl von aktuellen Partner in gewisser Weise und sehnsüchtelt etwas hinterher, was ja nicht der Fall ist.
Damit kann ich gerne leben, aber ich finde, dass man den Partner natürlich auf die Probleme ansprechen muss. Das man nicht mit Scheuklappen durch die Gegend läuft, Leute attraktiv findet und bei einigen auch Charakterzüge sollte klar sein. Das ist natürlich die eine Sache, aber wenn das Schwärmen eben intensiver wird, dann ist doch was im argen würde ich meinen. Daher empfinde ich reden als bestes Mittel.
Ich erlebe diesen Zustand immer wieder bei Freundinnen, kenne es aber auch selbst von mir. Bei mir war es auch kein Wunsch nach sexueller Veränderung oder dass ich den Eindruck hatte, dass diese Ebene der Beziehung langweilig geworden ist. Viel mehr habe ich immer deutlich mehr an der Beziehung gearbeitet als mein Partner und als sich dann dennoch nichts änderte, war ich innerlich in einer Art Zustand des Aufgebens. Ich wusste, dass ich meinen Werten definitiv treu bleiben möchte und habe das dann auch mit meinem damaligen Partner kommuniziert. Dazu gehörte auch das Kommunizieren von unschönen Dingen, wie eben die Schwärmereien für eine andere Person.
Hier ist natürlich auch die Frage, ob in der Beziehung von besagte Person etwas vorgefallen ist? In meiner damaligen Partnerschaft gab es viele Lügen und schlechte Verhaltensweise in der vorherigen Zeit der Beziehung, so dass sich da von meiner Seite aus schon nach und nach eine gewisse emotionale Stabilität verabschiedete. Ich glaube, dass dies dann auch der Grund war, warum ich mich völlig unbewusst in andere "verlieben" konnte - auch, wenn der Begriff wahrscheinlich etwas zu hoch gegriffen ist, da richtige Liebe in meinen Augen erst mit der Zeit entsteht.
In meinen Erfahrungen war es auch nicht die Optik, die mich dann zu einer anderen Person hingezogen hat. Viel mehr hatte ich den Eindruck, dass ich besser mit ihm zusammenpassen würde und ich mich sehr zu seinem Charakter hingezogen fühlte. Das ist dann meist irgendein Puzzleteil, welches einem in der Partnerschaft fehlt. Ich bin allerdings der Meinung, dass man solche Zeiten als Paar überwinden kann, wenn man offen darüber kommuniziert und beide gewillt sind, an der Beziehung zu arbeiten.
Mit meinem neuen Partner kam es noch nicht zu solchen Situationen, was in meinen Augen daran liegt, dass wir nicht nur einfach gut zusammen harmonieren, sondern auch beide an der Beziehung arbeiten. Natürlich gibt es immer Dinge, die einen stören aber soweit man diese innere Verbundenheit aufrecht erhält ist Fremdverlieben in der Partnerschaft aus meiner Sicht nur sehr schwer bis gar nicht möglich.
Warum muss man gleich fremdverliebt sein, wenn man mit einem anderen Menschen über Dinge reden kann, die den eigenen Partner nicht so interessieren? Ich wage von mir zu behaupten, dass ich eine glückliche Beziehung führe. Trotzdem gibt es bei mir Themen, wie auch bei meinem Mann, wo wir keine gemeinsame Basis haben. Dafür gibt es dann Freunde mit denen man sich darüber austauschen kann.
Bei mir ist das eben ein Mann, der zwar rund 600 Kilometer weit weg wohnt, aber mit ihm rede ich dann eben über diese Dinge, wo mein Mann kein Interesse daran hat. Da kommt eben bei Bedarf dann auch vor, dass wir mehrmals die Woche länger telefonieren. Mein Mann weiß das, zumal ich ihm auch viel von den Gesprächen berichte. Sind ja auch keine Staatsgeheimnisse über die wir dann vorher geredet haben.
Dafür habe ich eben mit meinem Mann auch viele Themenbereiche, wo wir uns austauschen können und wo wir beide Interesse haben. Freundschaften außerhalb der Beziehung sind in meinen Augen wichtig und auch wenn da der Kontakt mal enger ist, sollte das der Beziehung nicht schaden.
Wenn man aber bei dem Freund scheinbar das findet, was in der Beziehung fehlt, dann gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder spricht man mit dem Partner und schaut ob sich was in die gewünschte Richtung verändert oder lässt die Beziehung hinter sich und lässt sich auf etwas Neues ein.
Was die Dame nun an dem Bekannten anziehend findet, wird es in ihrer Beziehung auch mal gegeben haben. Steht also eher die Frage im Raum, ob man sich in verschiedene Richtungen entwickelt hat und damit gewisse Dinge einfach nicht gegeben sind oder ob es einfach dem Alltag zum Opfer gefallen ist. Das kann man nur in Gesprächen mit dem Partner herausfinden. Sollte es am Alltag liegen, so kann man da Veränderungen anstreben.
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