Wird Reisen bald zum Luxusgut?

vom 04.08.2022, 11:38 Uhr

Wer die Reisepreise immer mal im Auge behält, dem dürfte aufgefallen sein, dass die aktuellen Reisepreise einen kräftigen Sprung nach oben hingelegt haben. Wie ich auch nachlesen konnte, sei diese Preisentwicklung politisch so gewollt, denn mit den Dumping-Reisen durch die halbe Welt, soll langsam, aber sicher Schluss gemacht werden. Was haltet ihr von diesem Trend und befürchtet ihr auch, dass Reisen immer teurer und ein Luxusgut werden wird?

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» Lupenleser » Beiträge: 1130 » Talkpoints: 851,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Was heißt "politisch gewollt"? Die Politik (welche?) hat doch keinen unmittelbaren Einfluss darauf, wie sich die Reisepreise entwickeln, vielleicht bei den Steuern, aber da hat sich beim Kerosin nichts geändert. Reisen ist teurer und wird wahrscheinlich noch teurer, so wie alles, was mit Energie, Corona, Krieg und sonst was zu tun hat, teurer wird.

Es kommt auch darauf an, wie und wohin man reist. Aber in meinen Augen waren Fernreisen immer schon Luxus, den sich nicht alle leisten konnten. Bahnreisen sind zum Beispiel mit dem 9-Euro-Ticket für drei Monate billiger geworden. Meine Schwester fährt zur Zeit mit dem Wohnmobil durch Europa und stellt fest, dass die Campingplätze etwas teurer geworden sind, aber nicht viel. Das war aber auch vor ein paar Jahren schon Luxus, denn nicht jeder kann sich ein Wohnmobil leisten. Es liegt auch immer im Auge des Betrachters, was als Luxus bezeichnet wird.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich würde eher fragen: Ist die kurze Phase im Spätkapitalismus bald vorbei, als Reisen für (fast) jedermann erschwinglich war, ohne Rücksicht auf Verluste, Umwelt, Menschen und Kultur in den Zielländern (Stichwort Overtourismus)?

Bis vor relativ kurzer Zeit waren Flugreisen für "einfache Arbeiter" wie meinen Vater absolut undenkbar und auch mal bieder mit dem Goggo über den Brenner ist erst eine Erfindung des Wirtschaftswunders. Ich kann mir vorstellen, dass "Gardasee" heute gar nicht mehr als Reisen zählt. Davor war Reisen tatsächlich ein "Luxusgut". Tourismus generell ist eine Erfindung der letzten, sagen wir, 200 Jahre, und den aller größten Teil dieser Zeit war Reisen der bessergestellten Minderheit vorbehalten.

Nur weil Kaiserin Sissi zum Krampfadern behandeln nach Korfu gesegelt ist, heißt das nicht, dass weit über 90 Prozent ihrer Untertanen spätestens zum Melken abends wieder im Stall sein mussten oder generell (etwas später) nach 16-Stunden-Schichten in der Weberei zu kaputt für alles waren.

Ich selber sehe auch Tendenzen dazu, dass der Massentourismus anfängt sich zu wandeln. Noch sind zu Ferienzeiten sämtliche Airports des Landes voll mit Mittelschichtlern, aber ich sehe nicht, wie diese Form des Tourismus langfristig finanziell und ökologisch umsetzbar bleiben wird. Die Frage ist nur: Ist das denn so schrecklich, dass "Dumpingreisen durch die halbe Welt" ihren Zenit überschritten haben und wir uns allmählich überlegen müssen, ob Radfahren in der Rhön nicht auch eine akzeptable Form der Erholung darstellt?

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich habe Reisen in viele Regionen immer als Luxus empfunden, auch wenn es jetzt 20 Jahre mal spottbillig war. Aber ich bin beispielsweise in einem Vorort mit solider bis gehobener Mittelstandseinwohnerschaft aufgewachsen und Urlaub gab es da doch erheblich reduzierter. Zwei Wochen Nordsee, vier Wochen Campingplatz im Sauerland oder eine Städtetrip in eine nahegelegene Metropole einmal im Jahr konnte schon nicht jeder stemmen.

Die besonders gut Gestellten fuhren alle vier bis fünf Jahre zusätzlich im Winter eine Woche Ski oder alle paar Jahre statt ins Sauerland nach Italien oder Frankreich. Und die andere Hälfte der Klasse, die nicht da wohnte, besuchte Verwandte auf dem Land oder besuchte alle paar Jahre mal einen Campingplatz oder machte eine Kirchenfahrt. Und ich bin noch nicht steinalt und habe noch viele Jahre Berufsleben vor mir.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Die Realität sieht doch so aus, dass es in der Geschichte der Menschheit ein sehr sehr kleines Zeitfenster gab, in dem regelmäßige Reisen zum reinen Vergnügen auch für die Mittelschicht erschwinglich waren. Das sind vielleicht 20, höchstens 30 Jahre, mehr nicht.

Und eigentlich war doch schon immer klar, dass wir diesen Lebensstil nicht auf Dauer aufrechterhalten können. Ich habe mich jedenfalls schon bei meinem ersten Billigflug damals nach London gefragt, wie sich das denn für die Airline rechnen kann und erwartet, dass die Preise schnell wieder angehoben werden.

Wenn ich sehe, wie überlaufen die Flughäfen gerade sind und wie sich die Menschenmassen an den Urlaubsorten drängen dann wünsche ich mir wesentlich mehr "Luxusgut". Lieber einmal im Jahr entspannt Urlaub machen als drei Mal pro Jahr Stress schon vor dem Abflug.

Und es ist ja nicht so, das der arme Deutsche ganz dringend Sonne im Ausland tanken muss. Die haben wir Dank Klimawandel inzwischen auch hier mehr als genug. Aktuell ist es hier sogar zu heiß für einen Strandbesuch.

blümchen hat geschrieben:Was heißt "politisch gewollt"? Die Politik (welche?)

:lol: Genau das frage ich mich auch immer wenn jemand mit diesem Spruch ankommt. Bei uns können sich ja nicht mal die aktuell regierenden Parteien auf Maßnahmen einigen, die die meisten Bürger befürworten würden - aktuelles Beispiel Übergewinnsteuer - wie sollte das denn funktionieren wenn man noch die Opposition dazu nimmt und es um weniger populäre Maßnahmen geht?

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


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