Invasive Tierarten jagen und verzehren?

vom 10.07.2022, 20:07 Uhr

Zur Zeit gibt es in Deutschland neben dem Überhandnehmen der Wollhandkrabbe auch noch die amerikanischen Flusskrebse, die in manchen Berliner Gegenden bzw. Gewässern eingefallen sind. Ein Start-up hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Tiere zu jagen und als schnellen Snack zum Verzehr anzubieten. Wie so häufig, wenn jemand eine Idee hat, sind die Kritiker nicht weit weg und positionieren sich als Tierschützer entschieden dagegen

Manche argumentieren folgerichtig, dass ein Tier, welches als Neozoon in unseren Breiten nichts zu suchen hat und grundsätzlich verzehrfähig ist, auf jeden Fall als die beste aller Lösungen gejagt werden sollte. Vor allem, wenn die Alternative weniger umweltfreundlicher als Bejagen wäre, wie zum Beispiel Gift oder andere ausrottende Maßnahmen.

Sollten invasive Tierarten gejagt und gefangen werden, sodass es eine Win Win Situation für alle ist oder sollte diesen Neozoon anders begegnet werden? Würdet ihr gerne mal die Wollhandkrabbe oder die amerikanische Krabbe verkosten, wenn ihr die Möglichkeit hättet? Manche sprechen auch von der Jagd auf Waschbären, deren Fleisch prinzipiell ebenfalls zum Verzehr geeignet ist. Wäre das nicht analog zum Wildbret oder sind wir zu sehr geneigt, die possierlichen Tiere als zu niedlich und ungewohnt zum Essen anzusehen?

» Verbena » Beiträge: 4941 » Talkpoints: 1,60 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Ich bin ja schon immer ein Typ Mensch der gerne das im Restaurant bestellt, was man noch nie gegessen hat. Von daher würde mich auch kein Flusskrebs, eine Krabbe oder ein Waschbär abschrecken. Nur sehe ich dabei ein anderes Problem, was ja seit Jahren die Wildschweine vormachen. Je mehr Tiere geschossen werden, desto schneller vermehren sie sich auch.

Das Risiko hätten wir bei den eingewanderten Tierarten ja auch und man müsste das wieder sehr genau beobachten. Funktioniert es, dass man vermehren Fang, die Population ordentlich dezimiert werden kann, so ist das sicherlich ein guter Weg. Immerhin besser, als wenn man versuchen würde, das mit Fressfeinden in den Griff zu bekommen, die dann wieder zum Problem werden.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ich finde das schwierig in der Entscheidung. Sicherlich würde ich so etwas auch mal essen, aber ich frage mich, was das tatsächlich bringt. Hat man dadurch spürbar einen Erfolg, wäre das für mich okay, aber wenn es nichts bringt, dann tötet man sinnlos Tiere um damit ein Geschäft zu machen und das muss dann ja auch nicht unbedingt sein. Fraglich ist für mich auch ein bisschen, warum man sich immer einmischen muss. Dadurch wird meiner Meinung nach auch nicht immer ein Gleichgewicht hergestellt.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Sagen wir es so: Wenn die Tiere so oder so als "Störenfriede" zur Jagd freigegeben und gezielt eliminiert werden, dann wäre ich auf jeden Fall dafür, nutzbares Fleisch oder Fell davon auch irgendwie zu verwerten, bevor das Tier als Ganzes getötet und verworfen wird. So kann man immerhin argumentieren, dass der Tod des Lebewesens nicht völlig umsonst gewesen ist.

Auch ich zähle zu den Menschen, die gerne mal neues beim Essen ausprobieren und sich von exotischeren Angeboten nicht so leicht abschrecken lassen. Gerade alles, was aus dem Wasser kommt, esse ich sowieso liebend gerne und würde daher mit Sicherheit Freude am Genuss von Krebsen und ähnlichen Tieren haben.

Bei Waschbärfleisch hätte ich so gar keine Ahnung, was ich geschmacklich davon erwarten könnte, vermute aber ganz stark, dass der Standardsatz "Schmeckt wie Hühnchen" auch hier greifen würde. Probieren geht über Studieren, auch wenn der Gedanke an den Verzehr eines Waschbären erstmal ein seltsames Grundgefühl weckt. Testen würde ich es trotzdem.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



Ne, Waschbär schmeckt nicht wie Hühnchen. :D Das Fleisch erinnert geschmacklich an Kaninchen mit Wildnote. Wobei das Wildaroma mit steigendem Alter zunimmt. Das Fleisch ist dunkelrot und hat sehr lange Fasern. Das kommt gut in Schmorgerichten und als Braten. Wer Gänseschinken mag, wird auch Waschbärschinken schätzen. Flusskrebse sind auch lecker, in beiden Varianten übrigens. Ich wüsste nicht, warum man gute Lebensmittel entsorgen sollte.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Wenn man diese Tiere essen kann, ist es eine sinnvolle Methode, sie zu jagen und zu verzehren. Aber wahrscheinlich reicht das nicht, um sie zu reduzieren, außer wenn es eine sehr begehrenswerte Delikatesse ist und sie in Unmengen verzehrt wird. Jedenfalls ist das besser als Gift auszustreuen oder wie in Australien Viren freizusetzen, um der Kaninchenplage Herr zu werden.

Wollhandkrabbe hört sich lecker an. Das würde ich auf jeden Fall probieren. Leider kann man keine Marienkäfer essen. Der asiatische Harlekin-Marienkäfer, der unbedacht in den achtziger Jahren zur Schädlingsbekämpfung eingeführt wurde, wird wahrscheinlich leider die Vielfalt unserer heimischen Marienkäferarten stark reduzieren.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich hätte keine gesteigerte Lust darauf, mir das Fleisch von irgendwelchem Geziefer reinzuziehen, nur weil der Mensch die Tiere irgendwo eingeschleppt hat und es jetzt der Einfachheit halber als ethisch vertretbar deklariert, sie abzumurksen und auf den Teller zu packen.

Auf Waschbär (Wildnote hin oder her) wäre ich beispielsweise nicht scharf, nur weil die Viecher irgendwann aus Pelztierfarmen entkommen sind, sprich sowieso nie als Essen gedacht waren. Genauso gut könnte man argumentieren, dass ein Nerzmantel ethisch einwandfrei zu tragen ist, wenn man das "Innere" mit Kartoffeln und Blaukraut serviert, damit es nicht umkommt.

Und ja, in anderen Ländern ist "Roadkill" eine verbreitete Fleischquelle, aber zumindest in unseren Breiten habe ich es noch nicht erlebt, dass jemand einen toten, angematschten Dachs vom Straßenrand am Schwanz packt und in den Pickup lädt. Da würde ich mich lieber für die gerechtere Verteilung der vorhandenen Lebensmittel einsetzen als irgendwas zu essen, nur weil es ausgerottet gehört.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Gerbera hat geschrieben:Genauso gut könnte man argumentieren, dass ein Nerzmantel ethisch einwandfrei zu tragen ist, wenn man das "Innere" mit Kartoffeln und Blaukraut serviert, damit es nicht umkommt.

Ich liebe ja auch Vergleiche, aber dieser hinkt dann doch sehr stark. Nerze sind keine Gefahr für unsere Flora und Fauna. Sie laufen ja nicht draußen frei herum, zumindest nicht in Mengen. Ich fände eher den Vergleich mit Rehen passender, bei denen in manchen Gebieten bei manchen länger andauernden Wetterlagen eine stärkere Bejagung sowohl von Jägern als auch von Naturschützern gefordert wird. Denn sie können einen Wald sehr schädigen. In unserer Kulturlandschaft kann sich kein natürliches Gleichgewicht mehr einstellen. Die Rehe zu jagen und zu verspeisen finde ich sinnvoller als Tiger oder Löwen auszusetzen.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Gerbera, es ist lecker, ganz einfach. Waschbär wird in seiner Heimat traditionell gegessen und nicht nur wegen Pelz gejagt. Das ist nicht anders als hierzulande Dachs. Der wurde früher ganz normal geschossen und gegessen. Das hat die Bestände so reduziert, dass Dachse vor 50 Jahren fast ausgestorben waren. Heute gibt es in vielen Regionen wieder genug und er wird geschossen. Richtig zubereitet ist Dachs eine Delikatesse und Dachsschinken ist wirklich gut. Das Haus, in dem ich aufgewachsen bin, hatte auch noch einen Dachshaken. Was spricht also gegen Waschbär, wenn er schon geschossen wird? Das Fleisch ist mehr als bio, regional und aus artgerechter "Haltung".

Flusskrebse sind ebenfalls richtig lecker und kommen hierzulande schon ewig auf den Tisch. Henriette Davidis hat Rezepte für gefüllte Flusskrebsnasen und Flusskrebsbutter. Nur bekommt man Flusskrebse, also den heimischen Edelkrebs kaum noch. Warum sollte man bitte Garnelen, die in chinesischen Abwässern aufgezogen und um die halbe Welt gekarrt worden sind, unkritisch in sich hineinstopfen, wenn man regionale Alternativen haben kann? Das hat doch alles mit Roadkill nichts zu tun.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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