Auf welche Wandertourenbeschreibungen verlassen können?
Am vergangenen Dienstag, dem 07.06.2022, mussten zahlreiche Schüler und deren Lehrer aus einer vermeintlich einfachen "klassischen Feierabendwandertour" von der Bergwacht gerettet werden - wie man auch in diesem Artikel nachlesen kann. Die Lehrer hatten sich die Beschreibung der Tour aus dem Internet herausgesucht und sich auf die Angaben der Tourenbeschreibung verlassen. Die Tour wurde deshalb völlig fehlinterpretiert bzw. unterschätzt, sodass die Gruppe aus der gefährlichen Lage befreit werden musste.
Der Bürgermeister von Mittelberg kritisiert nun gegenüber der Nachrichtenagentur dpa den Autor des Interneteintrags. Solche absolut verantwortungslosen Einträge im Internet gäbe es inzwischen häufig. Das sei äußerst ernst zu nehmen, da diese zu lebensbedrohlichen Situationen führen können. Sich an Wander-Apps zu orientieren sei inzwischen Gang und Gäbe, allerdings in den meisten Fällen nicht empfehlenswert.
Welche Tourenbeschreibungen lest ihr? Über welche Webseiten/Informationsquellen informiert ihr euch über geplante Wandertouren? Welche Tourenbeschreibungen empfindet ihr als besonders verlässlich? Worauf sollte man achten, wenn man sich mit Hilfe von Tourenbeschreibungen informiert?
Bei Tourbeschreibungen im Internet bin ich immer vorsichtig, da ich kein sehr geübter Wanderer und vor allem nicht schwindelfrei bin. Und mir ist inzwischen bekannt, dass die Einschätzung, ob ein Wanderweg als schwierig eingeschätzt wird oder nicht, recht stark von der subjektiven Wahrnehmung abhängt. Deswegen wähle ich meistens lieber einen Weg, bei dem ich mir relativ sicher bin, dass keine heiklen Passagen vorkommen.
Bei dem Vorfall im Kleinwalsertal hat mich halt überrascht, dass man so eine Tour mit einer Gruppe von 100 Personen begonnen hat, ohne sich vorher über den Zustand des Weges genauer zu informieren. Denn selbst dann, wenn ein Weg an sich einfach ist, kann in den Bergen immer etwas passiert sein, das den Weg unpassierbar gemacht hat, wie z.B. ein Erdrutsch.
Und der im konkreten Fall beschriebene Weg über den Grat ließ ehrlich gesagt schon vermuten, dass das trotz der harmlosen Worte keine gute Wahl für eine große Gruppe von Schülern sein dürfte. Immerhin kamen schon Begriffe wie "man sollte schwindelfrei sein" vor. Ich würde nicht mit bergunerfahrenen Schülern einen Weg gehen, bei dem man schwindelfrei sein muss, denn dann besteht immer eine gewisse Gefahr und es deutet darauf hin, dass der Weg stellenweise schmal und ausgesetzt ist.
Ich habe die Tourenbeschreibung zufällig irgendwo in einer Leserbriefdiskussion gelesen. Darin kamen die Worte Schwindelfreiheit und Trittsicherheit vor. Also war die Beschreibung nicht irreführend. Ich würde nie mit 100! Schülern eine solche Wanderung machen. Das ist grob fahrlässig. Alleine das Wort Trittsicherheit sollte schon Bedenken auslösen, außer wenn es sich um eine Gruppe von jungen Alpenvereinsmitgliedern handelt.
Die Berge werden oft völlig unterschätzt. Wenn ich früher Bergwanderungen machte, dann wusste ich, dass ich bei einer Angabe auf einem Schild "Bis zur Hütte 30 Minuten" besser eine Stunde einplanen musste, auch wenn meine Kondition gerade durchschnittlich bis gut war.
Die Aktion sollte auf jeden Fall eine Aufarbeitung in der Schule und außerhalb haben. Ich mache doch als Lehrer keine solche Wanderung, ohne sie vorher abgegangen zu haben, und informiere mich nicht nur im Internet, sondern auch lokal. Für die Schüler war es natürlich ein unvergessliches Abenteuer, von dem sie ihren Enkeln wahrscheinlich noch begeistert erzählen. Aber die Lehrer haben unverantwortlich gehandelt.
Ich habe mir für den geplanten Weg inzwischen mehrere verschiedene Beschreibungen angeschaut, und meiner Ansicht nach hätte es die Gruppe niemals bis zum Ziel geschafft. Soweit ich die Beschreibungen verstanden habe, wären noch einige Stellen gekommen, die noch deutlich schwieriger gewesen wären. Selbst wenn man noch ein Stück weiter gegangen wäre, wäre man trotzdem irgendwann an einen Punkt gekommen, wo man nicht mehr weitergekommen wäre. Und je länger man schon unterwegs gewesen wäre, umso später (und dunkler) wäre es geworden und hätte eine Rettungsaktion noch komplizierter gemacht.
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