Arbeit und Karriere in jungen Jahren in den Fokus stellen?
Bekannte von mir haben ihr Studium noch nicht beendet, sind aber bereits zusammen gezogen und haben sich neulich einen Hund gekauft. Mein Freund findet das unmöglich. Er ist der Meinung, dass man sich keinen Hund anschaffen sollte, wenn man gerade in einer Lebensphase steht in der man viel schaffen und arbeiten muss.
Ich habe ihn dann darüber aufgeklärt, dass meine Bekannten keine Karrieremenschen sind und an der Uni auch nur das nötigste tun. Sie wollen ihr Leben genießen und sich nicht für abrackern. Damit sind sie glücklich und genießen ihr Leben. Für meinen Freund ist das unvorstellbar. Nach einem Studium muss man seiner Meinung nach reinklotzen um einen guten Job und eine gute Position zu bekommen. Für ihn wäre es unvorstellbar nach dem Studium keine Überstunden zu machen und alles zu geben.
Ist es bei euch auch so, dass ihr in euren jungen Jahren nach dem Studium eure Arbeit und die Karriere in den Vordergrund gestellt habt? Hat euch das glücklich gemacht? Ist das heute eine Selbstverständlichkeit oder kennt ihr auch Leute wie meine Bekannten, die es eher locker und ruhig angehen wollen?
Dein Freund ist wirklich ein bisschen merkwürdig und schafft es nicht, mal über den Tellerrand zu schauen, oder? Warum gibt es bei ihm denn nur Schwarz und Weiß? Weil man einen Hund hat, kann man keine Karriere machen? Wenn man Spaß hat, wird man nichts. Und tutest ins gleiche Horn, ohne eine Sekunde nachzudenken. Die beiden sind also keine Karrieremenschen und tun nur das Nötigste für die Universität, deshalb geht das mit dem Hund in Ordnung? Wie beschränkt ist das denn bitte?
Meine Güte, man ist nur einmal jung. Das darf man doch genießen. Das geht sogar sehr gut, ohne eine mögliche Karriere zu vernachlässigen. Ich hatte Hunde, Pferde, habe mindestens drei Nächte pro Woche durchgemacht, bin nachts in Baggerseen und Freibädern geschwommen habe ständig mit Freunden rumgehangen und es gab keinerlei Nachteile oder schlechtere Leistungen.
Das war bei Freunden nicht anders. Der erfolgreiche Unternehmensberater war und ist bei Auftritten in Europa Keyboarder einer kanadischen Band und hat eine eigene. Wer sein eines Gesicht kennt, kann ihn sich in der anderen Welt nicht vorstellen. Einer der führenden Experten für eine Programmiersprache hat jede Nacht gefeiert. Der Präsident eines Landesarbeitsgerichts war und ist leidenschaftlicher Autoschrauber. Nicht jeder hat einen Stock im Hintern. Und nur weil man das Leben genießt, ist man nicht automatisch ein Verlierer.
Ich habe eher den Eindruck, dass die berühmte Work-Life-Balance "heutzutage" unter den jüngeren Leuten eine größere Rolle spielt als sich möglichst zügig in den Burnout und/oder Herzinfarkt zu arbeiten und seine eventuelle Familie nur von Fotos zu kennen.
Heute wollen beispielsweise tatsächlich auch Väter ihre Kinder tatsächlich erziehen und nicht nur das Schreckgespenst sein, das nach Feierabend Gericht gehalten hat, wie es in früheren Generationen der Fall war. Und manche Leute wollen eben nicht nur arbeiten, essen und schlafen, Nachwuchs hin oder her. Was ich auch völlig nachvollziehbar finde.
Außerdem halte ich es für naiv zu glauben, dass "ranklotzen" immer mit einer "Karriere" gleichzusetzen ist. Viele Leute klotzen ihr Lebtag ran wie nur was und von einer Karriere ist trotzdem nichts zu sehen. Oft genug, weil sie glauben, dass es mit Fleiß und Einsatz getan ist, obwohl Verhandlungsgeschick und Networking bekanntlich für den beruflichen Aufstieg viel nützlicher sind als Bienenfleiß und 60-Stunden-Wochen.
Andere gehen es eben cleverer an oder setzen ihre Prioritäten anders. Ich kannte im Studium auch etliche Gestalten, die fröhlich durchs Leben geflattert sind in dem sicheren Wissen, dass sie wahrscheinlich zeitlebens keine größeren Anschaffungen vom eigenen Geld tätigen müssen. Wenn die "großen Posten" dank des Elternhauses aus dem Weg sind, muss man sich gar nicht mehr so sehr den Allerwertesten aufreißen, um ein halbwegs schönes Leben zu haben. Und für viele, gerade besser situierte Leute (also die mit "Studium") sind Reisen, Hobbys, Freunde, so Zeug einfach wichtiger als Geld zu scheffeln und jobmäßig pausenlos angehängt zu sein.
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