Bei zweisprachigem Aufwachsen mit zweierlei Maß messen?

vom 06.12.2020, 09:53 Uhr

Ich kenne englischsprachige Eltern, die zu Hause mit ihrem Kind nur in ihrer Muttersprache sprechen. Sie sprechen selber nicht perfekt Deutsch und möchten ihrem Kind lieber richtiges Englisch beibringen als falsches Deutsch. Deutsch sollen sie in ihrer Umgebung, also bei ihren Freunden, im Alltag, im Kindergarten und in der Schule lernen. Ich und alle, die das wissen, finden das so in Ordnung und eher positiv.

Nun lese ich aber oft, dass Leute zum Beispiel über türkischstämmige Mitbürger lästern, die ihren Kindern zu Hause kein vernünftiges Deutsch beibringen. So könnten die Kinder ja kein Deutsch lernen und hätten Nachteile im Leben. Wenn ich im Ausland leben würde, würde ich zu Hause auch mangels meiner Sprachbegabung nur Deutsch reden, um ihnen nichts Falsches beizubringen.

Messen diesbezüglich manche Leute mit zweierlei Maß? Finden sie es gut, wenn die Muttersprache zum Beispiel Englisch, Französisch oder Chinesisch ist, nicht aber zum Beispiel Türkisch, Russisch oder Arabisch? Seid ihr vor solchen Vorurteilen vielleicht insgeheim auch betroffen, wenn ihr ehrlich in euch geht?

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 06.12.2020, 11:26, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Ich bin da eher streng und würde schon auch der Meinung sein, dass man die Sprache eines Landes, in dem man leben will, auch lernen muss und daher auch das Kind die Sprache mit mir zusammen lernen kann und nicht von mir fremden Menschen in der Schule oder im Kindergarten. Keiner ist perfekt und Kinder verstehen das sehr gut, wenn man ihnen erklärt, dass man bestimmte Dinge lernen muss. Natürlich ist Englisch eine Weltsprache und daher sicherlich etwas nützlicher als Türkisch, aber ich denke dennoch, dass man zu Hause auch Deutsch sprechen sollte.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Selbstverständlich ist es in den Augen vieler eine tolle Sache, zweisprachig aufzuwachsen - solange die zweite Sprache Englisch oder Französisch ist oder aus dem eigenen nicht-deutschen Kulturraum kommt.

Meine Arbeitskollegin, die ich immer als Musterbeispiel für bigottes Spießbürgertum hernehme, ist beispielsweise ganz hingerissen, wenn jemand seine Kinder Deutsch/Polnisch großzieht. Aber Deutsch/Arabisch oder generell Deutsch/irgendwas außer den drei genannten Sprachen - igitt! Die sollen erst mal anständig Deutsch lernen! Wie sollen die Kinder in der Schule zurecht kommen, wenn sie daheim nur völlig unnützes Kauderwelsch wie Türkisch, Mandarin oder Wolof sabbeln?!

Ich muss bei solchen Aussagen immer schier brechen. Aber es ist ja wahrhaftig nichts Neues: So wie es in den Köpfen vieler gute und schlechte AusländerInnen gibt, gibt es eben auch gute und schlechte Sprachen. Das sind üble Vorurteile, mit denen schon lange aufgeräumt gehört. Möglichst früh mehrere Sprachen zu lernen ist gut fürs Gehirn und gerade Kinder tun sich viel leichter damit als Erwachsene. Wieso sollte man ihnen diese Chance auf zusätzliche Bildung verwehren? Weil Türkisch in Deutschland pauschal als "asso" gilt?

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



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